Der Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit scheint immer größer zu werden. Diesen Gedanken wird man bei der Lektüre des Buchs „Wohnumfeldverbesserungen für Menschen mit Demenz“ nicht mehr los. Denn während man immer mehr über die Interaktion von Mensch und Umwelt weiß, desto deutlicher wird, wie wenig vielen Pflege-und Gesundheitseinrichtungen geschieht, um den Erkenntnissen und Möglichkeiten gerecht zu werden.
Mit dem Buch legt Naumann einen Maßnahmenkatalog für demenzgerechte Wohnraumanpassung vor, der sich konsequent an den Bedürfnissen und Bedarfen der betroffenen Menschen orientiert. Naumann stellt fest, welche Möglichkeiten der Katalog bietet: „Der Katalog kann einen Beitrag dazu leisten, auf strukturierte Weise das komplexe Wirkungsgefüge von Person und Umwelt zu erfassen. Er ist dabei nicht als starres Vorschriftenwerk zu verstehen, sondern lenkt vielmehr die Blickrichtung auf die Rahmenbedingungen, welche die individuelle Situation prägen“ (S. 119).
Dabei unterstreicht Naumann, dass ihr Buch nicht nur einen appellativen Charakter haben soll. Vielmehr geht es gleichfalls darum, Forschungen anzuregen, um die Wohnumfeldanpassungen immer mehr gelingen zu lassen. Hilfreich erscheint es in diesem Zusammenhang, dass Naumann den Barriere-Begriff erweitert. Sie bedauert, dass die Barrieren bei körperlichen Behinderungen als Selbstverständlichkeit gelten. Naumann regt an, intensiver am Begriff der Barrieren bei kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen zu arbeiten.
Beim theoretischen Bezugsrahmen stellt Naumann unter anderem den aktuellen Forschungsstand zur Mensch-Umwelt-Beziehung dar. Sie stellt die Wohnraumanpassung in einen Zusammenhang mit dem Pflegebedürftigkeitsbegriff. Sie dekliniert mit der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Gesundheit und Behinderung (ICF) Fragen der Wohnraumgestaltung.
Das Treppensteigen erscheint dem Einzelnen als eine Selbstverständlichkeit. In der Forschungsarbeit Naumanns wird deutlich, wie komplex diese Aktivität für kognitiv beeinträchtige Menschen ist. An der Intervention Treppenschutzgitter veranschaulicht Naumann exemplarisch, wie komplex die Wohnraumanpassung sein kann.
Fazit: Eine wegweisende Studie.
Christine Naumann: Wohnumfeldverbesserungen für Menschen mit Demenz – Bauliche Maßnahmen unter Berücksichtigung komplexer Gesundheitsprobleme, Springer Verlag, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-24753-9, 149 Seiten, 54.99 Euro.