Sind Sie bange vor dem Älterwerden? Scheint es eine unüberwindbare Hürde zu sein, sich mit dem Altern, den zunehmenden Gebrechen und möglicherweise dem Sterben zu beschäftigen? Nachvollziehbar ist es. Mit dem Buch „Wer früher plant, ist nicht gleich tot“ haben Sie nun eine Unterstützung, die das Abspringen vor der Hürde erleichtert. Mit der ihr eigenen Leichtigkeit und dem nötigen Witz begleitet Janine Berg-Peer den Weg in die Sanitätshäuser, Bestattungsinstitute und durch die eigenen Kleiderschränke und Regale.
Berg-Peer ist inzwischen selbst Mitte 70. Viele Jahre hat sie als Unternehmensberaterin und Coachin gearbeitet. Aus diesem Schaffen heraus hat sie sicher den Pragmatismus mitgebracht, der sich durch die gut 300 Seiten zieht. Sie schaut den Aufgaben und den Schwierigkeiten quasi in die Augen, wenn sie auftauchen. So erschreckend manches Phänomen mit zunehmendem Lebensalter zu sein scheint, so engagiert packt sie es an.
Berg-Peer will nicht, dass das Buch als Ratgeber gelesen wird. Dies muss auch nicht sein. Ihre Erfahrungen können all denjenigen nutzen, die sich dem Altern, den Mühen des Alterns und auch den ganz praktischen Problemen damit stellen wollen. Startet man selbst mit der einen oder anderen Aufgabe, so kann man sich nach der Bewältigung die Frage stellen: Ist es mir genauso wie Frau Berg-Peer gegangen? Oder habe ich den Anlass, ihr zu widersprechen?
Sympathisch sind die vielen Erzählungen, in denen Berg-Peer davon berichtet, wie sie Altenheime und Seniorenresidenzen besucht. Solidarisch erklärt sich jede und jeder, wenn sie in die Demenz-Sprechstunde einer nahegelegenen Memory-Klinik geht, weil sie sich um eine eigene Vergesslichkeit sorgt. Ein Lächeln provoziert sie, wenn sie sich dazu bekennt, inzwischen auch Leserin der Apotheken-Umschau zu sein.
Viele individuelle Sichtweisen und persönliche Nöte blitzen in den Schilderungen von Berg-Peer auf. Da ist sie nicht die Autorin, die fernab an einem Schreibtisch räsoniert. Da ist sie der Mitmensch, der vergleichbare Erfahrungen macht. Da ist sie diejenige, die aus der eigenen Situation mit dem Zweifel am Altern und den Gebrechen kein Geheimnis macht. Ins Grübeln kommt man, wenn sie über die Beschaffung von Pflegehilfsmitteln berichtet. Vieles scheitert in diesem Zusammenhang nicht nur daran, dass die Leistungen der Krankenkassen sehr begrenzt sind und es jedem entgegenkommt, mit Geld aus dem eigenen Portemonnaie das Eine oder das Andere leichter machen zu können. Sie beklagt, dass es älteren Menschen mit zunehmender Immobilität überhaupt schwer gemacht wird, beispielsweise ein Sanitätshaus zu erreichen. Schließlich kann es sein, dass das Sanitätshaus um die Ecke keinen Vertrag mit der eigenen Krankenversicherung hat.
Berg-Peer ist bekanntlich eine Frau, die sagt und schreibt, wofür sie steht. Als sie über die Einsamkeit älterer Menschen schreibt, klagt sie nicht über die Verlassenheit der Älteren. Nein, sie geht in die Offensive, kritisiert den Psychiater Manfred Spitzer, der Einsamkeit als eine unerkannte Krankheit bezeichnet hat. Einsamkeit ist für Berg-Peer ein Mangel an Phantasie. Sie bekennt: „Ein gute Mittel gegen Einsamkeit ist nach meiner Erfahrung, selbst die Initiative zu ergreifen und anderen Menschen etwas anzubieten … Ich habe das Glück, mich selten allein zu fühlen. Ich bin gern allein, bin immer mit etwas beschäftigt“ (S. 70 / 71).
Apropos Hürden: Während man Berg-Peers Buch liest, verschwinden vielleicht nicht die eigenen Hürden vor den Augen. Doch schenkt sie einem die Gewissheit, dass mit Heiterkeit und mit Freude an der Auseinandersetzung mit sich und den Fragen des Lebens viele Hürden übersprungen werden können.
Janine Berg-Peer: Wer früher plant, ist nicht gleich tot, Goldmann-Verlag, München 2020, ISBN 978-3-442-14240-8, 299 Seiten, 12 Euro.