StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt

21. Juni 2022 | Politik | 0 Kommentare

StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt ist ein neuer Ansatz in der Gewaltprävention, er verbindet die bestehende Opferschutzarbeit mit der Gemeinwesenarbeit. StoP ist mehr als eine einmalige Bewusstseinskampagne. StoP ist ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes Gesamtpaket in der Gewaltprävention, bei der alle Menschen, insbesondere Nachbar*innen eingeladen und befähigt werden, sich aktiv gegen Femizide, häusliche Gewalt an Frauen und Kindern und Partnergewalt zu engagieren. Gemeinsam mit vielen Verbündeten und engagierte Bewohner*innen, die einen Beitrag gegen jede Form der häuslichen Gewalt leisten wollen können wir viel erreichen und bewirken. Bei StoP kann jede*/Jeder* etwas tun, um Gewalt an Frauen und Kindern ein Ende zu setzen. Alle können Zivilcourage gegen Partnergewalt ausüben. Nach dem Motto: Was sagen. Was tun.

Das sozialraumorientierte Gewaltpräventionsprojekt „StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt“, welches der Verein AÖF – Autonome Österreichische Frauenhäuser Anfang 2019 in Wien/Bezirk Margareten etabliert hat, kann Dank einer einjährigen Förderung durch das BMSGPK in 7 Bundesländern ausgebaut werden. Damit gibt es StoP seit Anfang Juli 2021 an 13 Standorten, in Innsbruck, Bregenz,  Linz, Wels, Amstetten, Oberwart und Jennersdorf (Burgenland), Völkermarkt (Kärnten), sowie in den Wiener Gemeindebezirken Wieden, Mariahilf, Favoriten, Meidling und in Margareten [1].

Mit dieser Förderung können auch die 23 StoP-Koordinatorinnen der oben genannten Standorte von Frau Dr.in Sabine Stövesand, Professorin der HAW in Hamburg und Gründerin und Initiatorin von StoP© in Wien ausgebildet werden. Die StoP©- Ausbildung umfasst 4 Ausbildungsmodule und Eigenarbeiten.

StoP gibt es seit etwa 15 Jahren in Hamburg und mittlerweile auch in 12 Städten in Deutschland (Hamburg in 6 Standorten), Dresden, Berlin, Glinde, Oldenburg, Pirna und Braunschweig) und ist ein bereits erfolgreich erprobtes, sehr gutdurchdachtes und wissenschaftlich erforschtes Konzept nach der Methode von „Community Organizing“ [2] im Sozialraum.

Unabhängig von der Förderung wird StoP auch in der Stadt Klagenfurt und in der Stadt Salzburg mit einer eigenen Finanzierung etabliert, somit wird es in Österreich 15 StoP- Standorte geben.

Lang- und mittelfristiges Ziel ist es, StoP in jeder Stadt, Gemeinde und in jedem Bezirk Österreichs zu etablieren, damit Partnergewalt an Frauen und Kindern keine Chance gegeben wird. Zur erfolgreichen Realisierung eines derart wichtigen Projektes, genügt jedoch keine einjährige Finanzierung. Vielmehr bedarf es der Sicherstellung einer weiteren, langjährigen Finanzierung des Projektes durch die Stadt Wien, durch die jeweiligen Landesregierungen und durch den Bund.

Informationen über StoP sind abrufbar unter: www.stop-partnergewalt.at

Das Ausmaß der Gewalt an Frauen ist alarmierend hoch

Partnergewalt und häusliche Gewalt ist kein neues, aber immer noch ein sehr unsichtbares Problem. Gewalt in der Partnerschaft und häusliche Gewalt ist weit verbreitet und kommt überall und in allen sozialen Schichten, Communities und Religionen vor. Betroffen von dieser Gewalt sind insbesondere Frauen und Kinder. Das Ausmaß dieser Gewalt ist in Österreich – trotz guter Gesetzesmaßnahmen und zahlreicher Opferschutzeinrichtungen (Frauenhelpline, Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren, Beratungsstellen) – erschreckend hoch: Jede fünfte Frau erlebt ab ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt, meist durch den (Ex-)Partner oder durch Familienmitglieder. Jedes Jahr müssen mehr als 3000 [3] Frauen und Kinder in Österreich vor ihren Misshandlern in eines der Frauenhäuser flüchten.

Österreich war lange Zeit europäisches Vorbild im Gewalt- und Opferschutz, aber das hat sich leider geändert. Im Vergleich mit anderen EU-Ländern werden in Österreich mehr Frauen als Männer im sozialen Nahraum ermordet. Die schwere Gewalt und die Morde an Frauen nehmen stetig zu, sie haben sich seit 2014 [4] sogar mehr als verdoppelt. 2018 gab es einen Höchststand von 41 Frauenmorden, 2020 und 2021 wurden jeweils 31 [5] Frauen von Männerhand ermordet und 63 Frauen waren einem Mordversuch ausgesetzt und wurden schwer verletzt. Manche Frauen werden sogar vor den Augen ihrer Kinder ermordet.

Österreich hat auch die Istanbul-Konvention ratifiziert und sich verpflichtet, jede einzelne, von Gewalt betroffene Frau umfassend und mit größter Sorgfalt zu unterstützen, aber stattdessen werden populistische, fragwürdige, für den Opferschutz problematische und nicht gut durchdachte Gesetze und Maßnahmen verabschiedet. Diese Umstände und die aktuelle Lage in Österreich machen die Notwendigkeit von „StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt“, umso deutlicher.

Über die Wichtigkeit und Bedeutung von „StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt“

StoP ist ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes Gesamtpaket in der Gewaltprävention, zu dem alle Menschen, insbesondere Nachbar*innen eingeladen und befähigt werden, sich aktiv gegen Femizide, häusliche Gewalt an Frauen und Kindern, sowie Partnergewalt zu engagieren. StoP ist bereits jetzt eine Bewegung, die sich explizit und direkt an die Zivilgesellschaft wendet, diese aktiv einbindet und ihnen konkrete und anwendbare Handlungsmöglichkeiten aufweist, um sie zu involvieren und zu zeigen, was jede*r einzelne*r beitragen kann, um Partnergewalt an Frauen zu stoppen. Entsprechend ist StoP auch ein Appell an die österreichische Zivilgesellschaft sich aktiv einzusetzen und sich eindeutig und klar gegen Gewalt an Frauen und Kindern zu positionieren. Mit StoP lernen Nachbar*innen eine Nachbarschaft aufzubauen, in der Gewalt keinen Raum mehr hat.

StoP setzt auch explizit bei den Männern an, sich aktiv einzubringen und mitzuwirken.

Fußnoten

[1] Margareten wird vom Fonds Gesundes Österreich, FGÖ und von der Wienergesundheitsförderung WiG gefördert und hoffentlich weiterfinanziert.

[2] Community Organizing ist eine Methode, die ursprünglich aus den USA stammt, bei der Menschen dabei unterstützt werden sollen, ihren eigenen Lebensraum kollektiv und organisiert zu gestalten und zu verändern: „Ziel ist, dass Bürgerinnen und Bürger konstruktiv ihre eigene Stadt mitgestalten können. Sie werden zusammengebracht und dabei unterstützt, für ihre eigenen Interessen einzutreten und eine nachhaltige Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen zu erwirken.” (http://www.bpb.de/partner/akquisos/233314/einfuehrung)

Community Organizing kann sich auf viele Themen beziehen. In manchen Projekten gehen Organizer* in den Stadtteil und finden gemeinsam mit den Bewohnern und Bewohnerinnen heraus, welche Themen ihnen wichtig und bearbeitungswürdig sind.

In manchen Projekten gehen Organizer* schon mit einem bestimmten Thema in einen Sozialraum und suchen Menschen, die sich auch dafür interessieren und gemeinsam etwas verändern wollen.

Das StoP-Projekt gehört zum letzteren, bei StoP ging es von Anfang an um Partnergewalt und darum einen Stadtteil oder eine (Klein)stadt gewaltfrei zu gestalten.

[3] im Jahr 2020 waren es 1.507 Frauen und 1.487 Kinder – insgesamt 2.994 Personen (coronabedingt gab es einen Rückgang bei der Auslastung in den Frauenhäusern

[4] 2014 gab es 19 Femizide/Frauenmorde

[5] Stand: 31.12.2021

Autor:in

  • Maria Rösslhuber

    Mag.a Maria Rösslhumer ist Geschäftsführerin des Vereins AÖF- Autonome Österreichische Frauenhäuser und Gesamtkoordinatorin von StoP-Österreich. Kontakt: AÖF - Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, Mag.a Maria Rösslhumer, maria.roesslhumer@stop-partnergewalt.at, Tel.: 0664 793 07 89, www.stop-partnergewalt.at, www.aoef.at