Spurenlesen im Sprachdschungel

7. Februar 2020 | Demenz, Pflegende Angehörige, Rezensionen | 0 Kommentare

Mit dem Buch „Spurenlesen im Sprachdschungel“ hat die Kommunikationsforscherin Svenja Sachweh schon vor einigen Jahren einen Meilenstein gesetzt. Denn wer sich mit ihr auf den Weg gemacht hatte, viel Sachkenntnisse über die Kommunikation mit demenzveränderten Menschen bekommen hatte, der konnte den beruflichen oder den privaten Alltag mit diesen Menschen gelingender bewältigen. Auf diesem Pfad geht Sachweh mit der zweiten Auflage des Grundlagenwerks weiter. Sachweh hat nicht nur neuere Forschungserkenntnisse in das „Spurenlesen im Sprachdschungel“ eingearbeitet. Sie hat ein Kapitel zum Motivieren von Menschen mit Demenz ergänzt und einiges ergänzt zum Trösten, zu kreativen Konfliktlösungen, zum Dialekt und zum Umgang mit Wahrheit, Lügen und Scheinwelten ergänzt.

Im Zusammenhang mit der Motivation erinnert Sachweh daran, dass es vor allem um eine „gefühlsorientierte Kommunikation“ gehe. Dabei gehe es unter anderem darum, sachliche Argumente in der Kommunikation zu vermeiden und möglichst viel Humor einzusetzen. Sie konkretisiert, dass es darum gehe, „möglichst alles zu unterlassen, was Einsicht erfordert, und alles zu nutzen, was Einfühlung signalisiert“ (S. 232). Gefühlsorientiert zu motivieren bedeute, „Menschen mit Demenz von einem Angebot, einer Einladung zu überzeugen“ (S. 232). Diese Zugangsweise schaffe eine gute Stimmung und erreiche sicher Betroffene besser „als kopflastige, rationale Herangehensweisen“ (S. 233).

Sachweh betont, dass es beim Spurenlesen im Sprachdschungel darum gehe, „dass es ums Machen, nicht um ein perfektes Endergebnis geht“ (S. 233). Sowohl professionell Pflegende als auch pflegende Angehörige werden diese Gedanken als Entlastung wahrnehmen. Deshalb ist es so wichtig, dass Sachweh das eigene Buch weiterentwickelt hat. Es wirkt so einfach, wenn sie daran erinnert, dass Lob, Komplimente und das Zusprechen von Mut entscheidende Faktoren auf dem Weg zu einer gelingenden Kommunikation sind. Genauso selbstverständlich erscheint es, dass man sich bei dem demenz-betroffenen Menschen für das eine oder andere bedankt und damit Wertschätzung erfahren wird. Sachweh ist unter anderem davon überzeugt, dass humoristische Angebote zu mehr Kommunikation, zu mehr Konzentration und mehr Spaß am Umgang mit anderen Menschen führen. Humor mache die Betroffenen zu „aktiven Protagonisten von Clownereien und Albernheiten“ (S. 243) und entwickele „manche erstaunliche komödiantische Fähigkeiten“ (S. 243).

Die Versorgungswirklichkeit, mit der dementiell veränderte Menschen und derjenigen, die sich im häuslichen oder stationären Umfeld um sie sorgen, konfrontiert sind, muss ständig angepasst werden. Das Buch „Spurenlesen im Sprachdschungel“ zeigt, dass die Orientierung an den Betroffenen und eine gewisse Bodenständigkeit in der Kommunikation dabei mehr als hilfreich ist. Sachweh ist für ihren Einsatz ein großes Dankeschön zu sagen.

Svenja Sachweh: Spurenlesen im Sprachdschungel – Kommunikation und Verständigung mit demenzkranken Menschen, Hogrefe-Verlag, Bern 2019 (2. Auflage), ISBN 978-3-456-85749-7, 444 Seiten, 39.95 Euro.

Autor:in

  • Christoph Mueller

    Christoph Müller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Mitglied Team "Pflege Professionell", Redakteur "Psychiatrische Pflege" (Hogrefe-Verlag) cmueller@pflege-professionell.at