„Es braucht eine neue Gerechtigkeit“ – Interview mit Sebastian Kurz (ÖVP)

9. Oktober 2017 | Pflegende Angehörige, Politik | 0 Kommentare

Wer ist Sebastian Kurz?

Ich bin ein junger, aber bereits mit vielen eindrücklichen Erfahrungen bereicherter Österreicher. Ich habe die Vision und den Umsetzungswillen unser Land besser zu machen und einen neuen Politikstil zu etablieren. Gemeinsam mit vielen anderen habe ich eine Bewegung gestartet um das zu erreichen.

Sie haben sich entschieden für diese Wahl zu kandidieren. Mit welchen Kernthemen wollen sie den Wahlkampf führen?

Im Rahmen von Österreich-Gesprächen sind wir mit der Bevölkerung in einen breiten Dialog getreten, um die Themen zu diskutieren, die die Menschen beschäftigen und die ihnen für die Zukunft besonders wichtig sind. Auf Basis dieser Begegnungen haben sich für unser Programm drei Schwerpunktbereiche herauskristallisiert: Wir wollen eine „Neue Gerechtigkeit“, einen zukunftsfitten Wirtschaftsstandort und die nötige Sicherheit für alle Österreicherinnen und Österreicher. Es braucht den Willen und auch den Mut vieles, das derzeit in unserem Land nicht gerecht oder effizient läuft aufzuzeigen, anzusprechen und dann auch zu verändern.

Sie haben Ihr Team komplett neu zusammengestellt. Wie haben Sie Ihre Wahl getroffen?

Als Teil einer offenen Bewegung setzt die Volkspartei auf bewährte und neue Kräfte. Für mich war es besonders wichtig, auf Menschen in unserem Land zuzugehen, die Politik aus einem anderen, frischen Blickwinkel betrachten und sich außerhalb von politischen Zirkeln bewegen. Durch viele persönliche Unterhaltungen und Begegnungen konnte ich diese Persönlichkeiten kennenlernen und für unsere Bewegung begeistern.

Sie haben, im Verhältnis zu den anderen Parteien, sehr viele Teampersonen mit Inklusionshintergrund. Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewegt?

Da geht es mir vor allem um die Person und die Persönlichkeit. Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand jung oder alt, Mann oder Frau ist oder im Rollstuhl sitzt. Wichtig für mich ist eine grundsätzliche gemeinsame Wertevorstellung, ein Veränderungs- und Gestaltungswille für Österreich und dass derjenige mit ganzem Herzen und Freude dabei sein will.

Welche Stärken prädestinieren Sie für einen Posten als „Bundeskanzler“?

Mir geht es in erster Linie darum, Veränderung im Land herbeizuführen und ich denke, das merken die Menschen bei mir auch. Mit der Etablierung eines neuen politischen Stils möchte ich vor allem auch politikverdrossene Menschen ansprechen, um ihr Interesse für Politik wieder zu wecken. Daher freue ich mich  enorm darüber, dass unsere Bewegung in der Bevölkerung so viel Anklang findet.

Was bringt einen Sebastian Kurz „auf die Palme“?

Mich ärgert es, wenn mir erzählt wird, dass in einem Unternehmen Reinigungskräfte unterschreiben müssen, dass sie Putzmittel nicht trinken dürfen. Oder wenn wir mit staatlichen Regeln sicherstellen, dass in der Gastronomie und der Hotellerie Köche unterschreiben müssen, dass sie sich bewusst sind, dass Messer spitz und scharf sind.  Da frage ich mich schon: Was ist da für ein Menschenbild dahinter? Unseres definitiv nicht. Wir möchten ein Österreich, wo wir an die Menschen glauben. Wir wollen ein Österreich, das Menschen stark macht und nicht in Abhängigkeit versetzt. Und wir wollen auch ein Österreich, wo jeder seine Talente einbringen kann und über sich hinauswachsen kann.

Was würden Sie zuerst bewegen wollen, wenn Sie die Funktion „Bundeskanzler“ besetzen würden?

Es gibt wahrlich sehr viele dringende Anliegen für Österreich die wir sofort angehen sollten. Wichtig ist für mich eine spürbare Entlastung für Arbeitnehmer und Unternehmen. Wir brauchen eine effektive Senkung der Steuer- und Abgabenquote. Die Folge wäre, dass die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben und die Kaufkraft steigt. Dadurch wird die Konjunktur gestärkt, was wiederum sofort in viele Bereiche mehr Gestaltungsraum bringt. Auch im Gesundheits- und Pflegesystem muss sich einiges ändern. Gangbetten müssen die Ausnahme bleiben, die Bürokratie abgebaut und die Finanzierung muss geklärt werden.

Wir steuern durch die demographische Entwicklung auf eine Überalterung zu. Damit haben wir das „Problem“ die Renten eines Tages nicht mehr ausbezahlen zu können und es werden viele Posten, bei denen wir junge Menschen brauchen, nicht mehr besetzt. Wie denken Sie über diese Situation und was würden Sie dagegen unternehmen?

Sie sprechen hier wichtige Entwicklungen an, die uns bevorstehen. Die Menschen in unserem Land werden gottseidank immer älter. Das bedeutet zwar gewisse Herausforderungen, aber auch neue Chancen. Wir werden mobiler, gesünder und aktiver älter. Viele Menschen wollen sich nach ihrer Erwerbstätigkeit sinnstiftend einbringen und das ist gut so. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der nicht nur die Jüngeren die Älteren unterstützen, sondern auch der umgekehrte Weg beschritten wird. Es gibt ja durchaus jetzt schon genügend Modelle und Beispiele wo genau das passiert. Daher möchte ich die demografische Entwicklung nicht düster im Sinne einer Einbahnstraße, sondern als positive und frische Entwicklung für unsere Gesellschaft sehen.

Wen würden Sie als GesundheitsministerIn einsetzen?

Diese Frage stellt sich aktuell nicht, denn zu allererst müssen die Wählerinnen und Wähler am 15. Oktober ihre Wahl treffen. Wir hoffen natürlich, dass wir das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher bekommen. Jedenfalls haben wir einige erfahrene und kundige Experten in unserem Team, die den Herausforderungen im Gesundheitswesen gerecht werden könnten.

Frage zu Fallbeispiel 1: Welche Maßnahmen halten Sie für wichtig, sinnvoll und umsetzbar um zu gewährleisten, dass pflegebedürftigen Kindern- und Jugendlichen, therapieunterstützende und für die Bewältigung des Alltages sowie der sozialen Integration notwendige Heilbehelfe und Therapiematerialien genehmigt werden? (Fallbeispiel im Printmagazin)

Ich habe tiefen Respekt davor, was diese Familie auf sich nimmt und aus Liebe zu ihrem Kind Unvorstellbares leistet. Ich habe mit Mitarbeitern aus dem Kinderpalliativbereich gesprochen, die mir von ähnlichen Herausforderungen und Schwierigkeiten berichten, mit der Eltern von chronisch kranken Kindern tagtäglich kämpfen müssen und nicht aufgeben. Auch dieser Fall zeigt, welche unglaubliche zusätzliche Bürde Vorschriften darstellen können. Solidarität ist hier besonders wichtig, bei einem derartigen tragischen Schicksal dürfen wir nicht wegschauen. Pflegende Angehörige sind die stabilste Säule unseres Pflegewesens und sind der Garant, dass unser System überhaupt funktioniert. Viele gehen dabei an ihre Grenzen. Wir wollen diese Menschen daher effizient unterstützen und unbürokratisch helfen.

Frage zu Fallbeispiel 2: Was raten Sie Frau Claudia S. und ihrer Familie, die unter diesem Zustand sehr leidet. (Fallbeispiel im Printmagazin)

Wie im oberen Fall gilt auch hier: Es braucht eine „Neue Gerechtigkeit“. Es ist klar, dass das Leben immer mehr Schicksale bietet, als der Gesetzgeber jemals vorsehen kann, daher ist es für uns wichtig, dass das solidarische Handeln der Gesellschaft wieder in die Mitte rückt. Wir stehen daher zu folgenden Prinzipien: Wer arbeitet und Leistung erbringt, darf nicht der Dumme sein. Wer Leistungen beziehen will, der muss aber auch etwas dafür beitragen. Wem eine Leistung zusteht, der soll sie auch bekommen. Wer sich nicht helfen kann, dem muss geholfen werden. Ein hochentwickeltes Land muss als Leitprinzip die respektvolle und wertschätzende Begleitung von Kranken und älteren Menschen haben. Dafür wollen wir uns einsetzen.

 

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)