Nurses of Passchendaele

12. Dezember 2018 | Rezensionen | 0 Kommentare

Im Jahr 2017 veröffentlichte die britische Pflegehistorikerin Christine E. Hallett ihr Buch über die britische Kriegskrankenpflege während der Flandernschlachten bei Pen & Sword. Hallett gilt als eine der profiliertesten europäischen Pflegehistorikerinnen und lehrt an der Universität Manchester. Ihr Forschungsschwerpunkt ist seit Jahren die alliierte und vor allem die britische Militärkrankenpflege im Ersten Weltkrieg.

In ihrem neuesten Buch liegt der Fokus auf den Flandernschlachten, die bis 1918 keiner Seite nennenswerte strategische Vorteile brachten, gleichzeitig aber zigtausenden Soldaten, Krankenschwestern im Kriegseinsatz sowie Zivilistinnen und Zivilisten den Tod brachte. Die Schlachtfelder in Belgien stehen neben sinnlosem Stellungskrieg für den erstmaligen Einsatz von Giftgas. Hallett beschreibt anhand zahlreicher wissenschaftlicher Quellen und autobiographischen Texten von Krankenschwestern das anfängliche Chaos in den Frontlazaretten angesichts völlig unzureichender Ausstattung, den Horror, dem die Gasopfer ausgesetzt waren, und den Kampf gegen Wundbrand und Tetanus. Zum Ende des Kriegs wurden die Krankenschwestern zudem mit der Influenza-Pandemie konfrontiert. Psychische Traumata der Soldaten, der „shell-shock“, stellten eine besondere Herausforderung für die Krankenschwestern dar, denen sehr wohl bewusst war, dass das Ziel von Therapie und Pflege die Wiederherstellung der Kampffähigkeit der meist jungen Männer war.

Deutsche Kriegsgefangene wurden Hallett zufolge ebenso professionell gepflegt wie alliierte Soldaten. Der Einsatz kriegsgefangener deutscher Schwestern in den Lazaretten findet in diesem Buch keine Erwähnung, jedoch in Halletts Vorgängerwerk „Veiled Warriors“ (2014).

Es wird deutlich, dass die britischen und US-amerikanischen Krankenschwestern gebildete, qualifizierte und patriotisch gesinnte Frauen waren, die sich über das Risiko ihres freiwilligen Einsatzes im Klaren waren. Die Rolle der alliierten Kriegspropaganda und die Konflikte mit den meist aus höheren Klassen stammenden Hilfspflegerinnen (VADs) kommen anders als in „Veiled Warriors“ nicht zur Sprache.

Auf Seite 61deutet Hallett an, dass an Angehörigen französischer Strafbataillone riskante medizinische Eingriffe erprobt wurden. Hier auf Seiten der Alliierten wie der Achsenmächte nachzuforschen, halte ich für ein Desiderat.

Hallett schreibt fesselnd, ohne den wissenschaftlichen Anspruch ihres Buches zu gefährden. Ein gewisser Pathos ist sicher dem in Großbritannien ausgeprägteren Gedenken an den Ersten Weltkrieg geschuldet. „The Nurses of Passchendaele“ ergänzt die pflegehistorische Literatur auch in Deutschland maßgeblich und ist gerade 2018/2019 ein Must-read.

 

Christine E. Hallett

The Nurses of Passchendaele

Caring For The Wounded of The Ypres Campaigns 1914-1918

Pen & Sword Military, 2017

196 Seiten, 12,99 £

ISBN 978-1-5256702883

Autor

  • Anja Peters

    Dr.in Anja Katharina Peters, Pflegefachfrau, Dipl.-Pflegewirtin (FH), Vertretung der Professur „Pflegewissenschaft mit dem Schwerpunkt familienorientierte Pflege“, Evangelische Hochschule Dresden (ehs) Anja.Peters@ehs-dresden.de | www.ehs-dresden.de