Menschen mit Demenz im Allgemeinkrankenhaus

17. August 2019 | Demenz, Rezensionen | 0 Kommentare

Die Versorgung von Menschen, die von einer Demenz betroffen sind, fällt im Allgemeinkrankenhaus schwer. Denn mit ungewohnten Verhaltensweisen stellen die dementiell veränderten Menschen das System im Allgemeinen, aber auch die praktisch Tätigen vor ungeahnte Aufgaben. Genauso massiv, wie die Herausforderungen sind, so herausfordernd scheinen die Aufgaben zu sein, mit denen Demenz-betroffene Menschen ihre Umgebung konfrontieren.

Mit dem Buch „Menschen mit Demenz im Allgemeinkrankenhaus“ versammeln der Gerontopsychiater Bernd Meißnest sowie die psychiatrisch Pflegenden Benjamin Volmar und Michael Löhr erstmals wegweisende Projekte, die mit Verschlechterungen des Allgemeinzustandes und einem unkontrollierten Anwachsen der Verwirrtheit Schluss machen wollen. Das Buch ist quasi eine unverzichtbare Gehhilfe für diejenigen Menschen, die im Allgemeinkrankenhaus mit Demenz-Betroffenen zu tun haben.

Meißnest, Löhr und Volmar warnen mit der eigenen Feder bereits früh, „möglichst früh Menschen mit einer Demenz zu identifizieren“ (S. 29) und „evidente sowie wirtschaftliche tragbare Konzepte zu entwickeln, um Krankenhausaufenthalte dieser Personengruppe möglichst kurz zu halten“ (S. 29). Es entlaste Betroffene, Angehörige, das Personal sowie die Folgen für das Sozialsystem (S. 29). Auch wenn sich dies auf den ersten Blick etwas kühl liest, so steht bei den Herausgebern sowie den zahlreichen Autorinnen und Autoren die Humanität und die Integrität der Betroffenen im Vordergrund.

Der Pflegewissenschaftler Michael Schulz ist in seinem Geleitwort überzeugt, dass ein zukunftsweisendes Konzept deutlich werde. Eine räumliche Trennung der Institutionen für psychische und somatische Leiden mache immer weniger Sinn (S. 10). Sabine Jansen, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, begrüßt die Aktivitäten zu einem besseren Aufgehoben-Sein dementiell veränderter Menschen im Allgemeinkrankenhaus. Sie wünscht sich ein neues Denken, „in dem die Menschen mit Demenz in ihrer Einzigartigkeit als Patienten wahrgenommen und nicht als Störfall im Krankenhaus betrachtet werden“ (S. 6).

Es sind 13 innovative Projekte, die in dem Buch „Menschen mit Demenz im Allgemeinkrankenhaus“ vorgestellt werden. Sie sind so lebhaft und vielfältig, wie es sicher auch die Demenz-Betroffenen sind. Pflegerische Praktiker, die alltäglich vor den Sorgen um Menschen mit Demenz stehen, können sich aus den vielen Anregungen diejenige Quintessenz ziehen, die sie als richtig in dem sie betreffenden Setting sehen. Andreas Schneider unterstreicht in seinem Beitrag „Mit Systematik und Stolz zur Entwicklung der Pflegequalität“: „Innerhalb dieses Rahmens gilt es für alle Mitarbeiter, täglich ihren Handlungsspielraum im Sinne der Patienten zu nutzen, Innovationen Raum zu geben, mit Mut, Empathie und Professionalität das vermeintlich Verrückte zu wagen“ (S. 103).

Es tut gut, dass mit diesem Buch Begriffe wie Demenzsensibilität und Sorgekonzept an Bedeutung gewinnen. Den Angehörigen geben die Praktikerinnen und Praktiker genauso Raum wie dem Phänomen des Delirs. Und es ist nicht zu vergessen: Die Praktikabilität der vorgestellten Konzepte zeigt sich immer daran, wie sehr die betroffenen Menschen im Fokus sind. Mehr davon.

Michael Löhr, Bernd Meißnest & Benjamin Volmar (Hrsg.): Menschen mit Demenz im Allgemeinkrankenhaus – Innovative Konzepte für eine multiprofessionelle Betreuung und Versorgung, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17033-018-4, 192 Seiten, 39 Euro.

Autor:in

  • Christoph Mueller

    Christoph Müller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Mitglied Team "Pflege Professionell", Redakteur "Psychiatrische Pflege" (Hogrefe-Verlag) cmueller@pflege-professionell.at