Laufen? Aber natürlich

18. Januar 2020 | Rezensionen | 0 Kommentare

Wer sich in der Gegenwart mit dem Laufen fit halten will, der findet sich oft in einem zeitgenössischen Sport-Shop wieder. Dort wird er sich von einem mehr oder weniger kundigen Verkäufer High-Tech-Turnschuhe vorstellen lassen, die es ermöglichen sollen, dass sich der angestrengte Fuß trotzdem wie im Paradies fühlt. Katja Kulin schlägt eine alternative Art des Laufens vor. Sie stellt die barfüßige Fitness vor.

Auf den ersten Blick wirken die Ideen von Katja Kulin befremdlich. Sie schlägt vor, sich abseits der High-Tech-Entwicklungen fit zu halten. Barefoot Running könne helfen, „ganz neue Lauf-und Selbsterfahrungen zu machen, bestimmte Verletzungen zu vermeiden und wieder mehr Freude am Laufen zu finden“ (S. 10). Es müsse jedoch nicht für jeden die richtige Lösung sein.

Bei ihrem Plädoyer für das Barefoot Running unterstreicht Kulin: „Je mehr und je genauere Informationen das Gehirn über die Lage und Bewegung unseres Körpers im Raum bekommt, desto effektiver wird also eine Bewegung ausfallen“ (S. 57). Beim Lesen einer solchen starken Aussage stellt sich die Frage, weshalb das Barefoot Running so aus dem Blick geraten ist. Aus Sicht Kulins nehme man als Barfüßer plötzlich Dinge wahr, „die der Aufmerksamkeit sonst entgangen sind“ (S. 59).

An Stränden wird häufig darüber diskutiert, ob das Oben-ohne-Sonnenbad passend ist. Beim Barfußlaufen gibt es hinlänglich die Diskussion gar nicht. Unten ohne zu sein erscheint den meisten Menschen als unmöglich. Dabei behalte der zeitgenössische Mensch beim Barfußlaufen die Verbindung zur Erde. Kulin formuliert es noch deutlicher: „Wir sind in unserem Element, nehmen Temperaturschwankungen und unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten wahr und reagieren ganz unmittelbar auf das, was uns die Sinne und der Körper rückmelden“ (S. 58).

Kulin sucht auch in diesem Buch verschiedene Zugänge zur Praxis des Barefoot Runnings. Sie untermauert die vielen praktischen Ratschläge mit theoretischen Informationen. So stellt sie auch den aktuellen Stand der Forschung zum Barefoot Running dar. Sie gesteht zu, „dass die Forschung sich in einigen Punkten noch uneins ist beziehungsweise keine einheitlichen Ergebnisse vorliegen“ (S. 87). Ganz eindeutig zeige sich jedoch, „dass Barefoot Running und der damit einhergehende Vor-oder Vollfußlauf den Halteapparat kräftigen und die Belastungen senken, indem die körpereigenen Dämpfungsmechanismen besser genutzt werden können“ (S. 87).

Kulin weiß darum, dass Barfußlaufen für den Körper und das Erleben des einzelnen Menschen eine große Aufgabe ist. Deshalb macht sie sehr konkrete Trainingshilfen und versucht auf diese Weise, den Barfußlaufenden vor der einen oder anderen Enttäuschung zu bewahren. Trotzdem zeigt das Barfußlaufen dem Einzelnen Perspektiven für die eigenen Füße auf. Der Ursprünglichkeit sei Dank.

Katja Kulin: Laufen? Aber natürlich – Alles über Barefoot Running barfuß und in Minimalschuhen, Fidibus Verlag, Halle an der Saale 2013, ISBN 978-3-94341-120-1, 161 Seiten, 16.95 Euro.

Autor:in

  • Christoph Mueller

    Christoph Müller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Mitglied Team "Pflege Professionell", Redakteur "Psychiatrische Pflege" (Hogrefe-Verlag) cmueller@pflege-professionell.at