Kollegiale Beratung im Pflegeteam – Implementieren, Durchführen, Qualität sichern

26. Februar 2019 | Rezensionen | 0 Kommentare

Es hat schon etwas Tragisches. In den Pflegeheimen und Krankenhäusern werden die Ressourcen immer weniger und die Pflegenden immer kraftloser, während es eine inhaltliche Profilierung Pflegender durch Selbstreflexion kommt. Das Buch „Kollegiale Beratung“, das die Pflegewissenschaftler Tanja Segmüller und Andreas Kocks herausgeben, erscheint symptomatisch. Es hat den Charakter eines Trotzdem in einem schwierigen und steinigen Umfeld.

Für den einen oder die andere kommt die kollegiale Beratung als Patentrezept daher. Dass auch die kollegiale Beratung mit Mühen und Offenheit derjenigen verbunden ist, die sie erproben, dies wundert niemanden. Charakteristisch für die kollegiale Beratung sei deren „Reflexions-und Ergebnisorientierung, ein strukturierter Ablauf und die Beratung in verteilten Rollen, mit denen die beratenden Gruppenmitglieder Ideen, Anregungen und Perspektiven anbieten, um der beratenen Person zieldienliche Handlungs-und Bewertungsoptionen zu deren Praxissituationen zu eröffnen“, schreibt Kim Oliver Tietze in seinem Geleitwort. Die Pflege-Professorin Angelika Zegelin unterstreicht dies: „Kollegiale Beratung versteht sich als Unterstützung durch „Gleiche“ und genau hier liegt das Wertvolle.“

Den größten Teil der Beiträge leisten Segmüller und Kocks. Sie gehen sehr grundsätzlich an die kollegiale Beratung heran. Dies erfüllt seinen Zweck schon deshalb, weil von vornherein die Begriffe klar sind, mit denen in dem Buch gearbeitet wird. Segmüller und Kocks machen schon früh deutlich, dass pflegerische Arbeit nicht bloß Verrichtungsarbeit ist. Pflege ist für die beiden Interaktion. Sie haben die Menschen im Blick. So bemerken sie auch: „Pflegende, die während der Arbeitszeit und am Arbeitsort Raum haben, um sich über Erlebnisse im Beruf auszutauschen, gehen mit dem Gefühl nach Hause, dass sie mit dem Erlebten nicht allein sind.“

Eine sich professionalisierende Pflege versucht sich immer mehr an den objektiven Tatsachen zu orientieren, die am besten evidenzbasiert sind. Irgendwie bildet die kollegiale Beratung ein Gegengewicht. Denn im Fokus der Beratung steht nach Segmüller und Kocks der subjektive Fall. Kocks und Segmüller schlagen den Bogen zur Verwissenschaftlichung des pflegerischen Alltags: „Kollegiale Beratung folgt dem sozialwissenschaftlichen, psychologischen Ansatz, dass es keine objektive zu erfassende Wirklichkeit gibt, sondern Situationen immer von Personen erlebt, bewertet und interpretiert werden.“

Segmüller und Kocks betonen, dass sich kollegiale Beratung als niederschwellige Form der Reflexion und des fachlichen Austauschs anbiete. Sie bedeute Wertschätzung der „Erfahrung auf gleicher Ebene“ und eine Aufwertung der pflegerischen Kompetenz.

In der Theorie liest es sich gut. Häufig scheitert es dann an der Umsetzung. Um die Realisierung der kollegialen Beratung zu erleichtern, bieten Kocks und Segmüller Arbeitshilfen an, die durch ihre Übersichtlichkeit und Prägnanz überzeugen.

Das Buch „Kollegiale Beratung im Pflegeteam“ kann als hilfreiche Arbeitsgrundlage und inhaltliche Wegorientierung verstanden werden. Wenn sich Teams in pflegerischen Handlungsfeldern auf den Weg machen, kollegiale Beratung zu implementieren, so kommen sie an dem handlichen Buch nicht vorbei.

Andreas Kocks / Tanja Segmüller (Hrsg.): Kollegiale Beratung im Pflegeteam – Implementieren, Durchführen, Qualität sichern, Springer Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-57788-2, 137 Seiten, 29.99 Euro.

Autor:in

  • Christoph Mueller

    Christoph Müller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Mitglied Team "Pflege Professionell", Redakteur "Psychiatrische Pflege" (Hogrefe-Verlag) cmueller@pflege-professionell.at