„Kleine Situationen nutzen“ – Über den Wert des Kommunizierens in der täglichen Pflege

26. November 2020 | Christophs Pflege-Café | 0 Kommentare

Zu einer guten professionellen Pflege gehört eine gute Kommunikation. Untereinander in den pflegerischen Teams, vor allem auch zu den zu versorgenden Menschen. Damit dies gelingt, werden lebhafte Fortbildungskonzepte auf die Pflegenden in den unterschiedlichen Settings zugeschnitten. Ganz unterschiedliche Begriffe fallen in diesem Kontext: Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg, Klientenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers, das Hamburger Kommunikationsmodell nach Friedemann Schulz von Thun.

Dies lässt viele Pflegende in der beruflichen Praxis ehrfürchtig werden. Sie fühlen sich möglicherweise überfordert, einem an sie gestellten Anspruch gerecht werden zu müssen. Dabei können die Kolleginnen und Kollegen von diesen Gefühlen entlastet werden. Wenn es um das Miteinander-Sprechen in pflegerischen Versorgungskontexten geht, dann ist vor allem das Menschsein, das Authentisch-Sein, das Bei-sich-Sein gefragt.

Die Menschen, die in Pflegeheimen, in Krankenhäusern und auch in der ambulanten Pflege begleitet werden, leben davon, dass ihnen in kleinen Momenten Aufmerksamkeit und manchmal auch ein Lächeln geschenkt wird. Wie so oft im Leben sind es die kleinen Zeichen, die eine nie zu unterschätzende Wirkung haben. Forscher würden es unspezifische Wirkfaktoren nennen.

Ein Stöhnen wird vielleicht provoziert, wenn die Notwendigkeit und Wichtigkeit des alltäglichen Miteinander-Redens einmal mehr betont wird. Menschen, die aufgrund einer aktuellen Krise oder Erkrankung Hilfe im Krankenhaus suchen, erleben eine Ausnahmesituation – so oder so. Für sie sind viele Erfahrungen und Erlebnisse dort etwas Besonderes. Aufgrund der Eigengesetzlichkeiten einer Klinik fühlen sie sich verunsichert. Zu erschlagend ist der Eindruck, dass Abläufe so geschehen müssen, wie sie vollzogen werden.

Technisierung und Ökonomisierung sorgen für eine eigene Logik. Diese Logik soll für Optimierungen und Qualitätsverbesserungen sorgen. Eine bessere Diagnostik soll zu einer differenzierten Therapie sorgen. Dies hört sich grausig an. Schließlich geht es bei der Gesundung oder Genesung von individuellem Leiden nicht um etwas, an dem geschraubt werden kann. Menschen, gerade auch verletzliche Menschen brauchen Zuwendung und waches Miteinander.

Als Pflegende können wir dies auf einfache Weise geben. Davon bin ich überzeugt. Unterstützen wir erkrankte Menschen mit dem Anlegen eines Wundverbandes, so tut den Betroffenen ein freundliches Wort gut. Begleiten wir einen vulnerablen Menschen zu einer Untersuchung, so zeigt sich die Bereitschaft und die Fähigkeit, den Austausch mit dem Gegenüber zu pflegen, indem eine scheinbar ermunternde Geste dazugehört. Im psychiatrischen Kontext habe ich es mir angewöhnt, mich immer wieder einfach auf den Flur zu setzen.

So habe ich nicht nur die Gelegenheit, die gegenwärtige Atmosphäre auf der Station wahrzunehmen. Ich fange mit kurzen Blicken auf, wie es den Betroffenen geht. So kann ich offenbar zwischen Tür und Angel das (hoffentlich) passende Wort auszusprechen. Da helfen mir die Kommunikationstheorien nur begrenzt.

Da sehe ich die mitmenschliche Begegnung als elementaren Moment, den es zu nutzen gilt. Wenn wir von Pflegekultur sprechen, dann zeigt sie sich in der Praxis, die kleinen Situationen zu nutzen. Oder wie es ein Buchtitel auszudrücken weiß: „Unseren täglichen Trost gib uns heute“.

Autor

  • Christoph Mueller

    Christoph Müller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Mitglied Team "Pflege Professionell", Redakteur "Psychiatrische Pflege" (Hogrefe-Verlag) cmueller@pflege-professionell.at