Jemen: Heftige Kämpfe in Sanaa und Blockade verschlimmern die Lage der Menschen

6. Dezember 2017 | Gastkommentare | 0 Kommentare

Sanaa/Wien, 6. Dezember 2017. Die seit einer Woche andauernden heftigen Kämpfe in Jemens Hauptstadt Sanaa und die weiter anhaltende Blockade auf Importe von Hilfsgütern verschlimmern die Lage der Menschen im Land. Ärzte ohne Grenzen/ Médecins Sans Frontières (MSF) weist auf die verheerenden Auswirkungen für das Gesundheitssystem im Jemen hin und fordert eine Aufhebung der Blockade.

Während schwerer Straßenkämpfe und erneuter Luftangriffe saßen die Menschen in Sanaa tagelang in ihren Häusern fest. Verwundete konnten medizinische Einrichtungen nicht erreichen. Berichten zufolge wurden auch Krankenwagen angegriffen, die versucht haben, Verwundete zu bergen. Mehrere hundert Menschen wurden den Berichten nach getötet. Teams von Ärzte ohne Grenzen konnten einige Krankenhäuser mit medizinischem Material unterstützen.

Die Kämpfe haben sich auch auf die Provinzen Hadscha, Amran und Ibb ausgebreitet. Am zweiten Dezember wurden 28 Patienten mit Kriegsverletzungen in die beiden Krankenhäuser von Ärzte ohne Grenzen in Khamer und Huth eingeliefert. In den frühen Morgenstunden des vierten Dezembers wurde das von Ärzte ohne Grenzenunterstützte Al-Gamhuri-Krankenhaus in der Stadt Hadscha bei einem Luftangriff getroffen. Die Notaufnahme, der Operationssaal und die Intensivstation wurden beschädigt. 12 Patienten aus der Notaufnahme mussten in Sicherheit gebracht werden. Trotz des Schadens wurden kurze Zeit später 22 Menschen in das Krankenhaus eingeliefert, die bei den Luftangriffen in Hadscha verletzt worden waren. Zwischen dem zweiten und dritten Dezember wurden insgesamt 38 Menschen mit Kriegsverletzungen ins Al-Gamhuri-Krankenhaus eingeliefert.

„Medizinische Einrichtungen wurden in diesem Konflikt immer wieder angegriffen“, sagt Steve Purbrick, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen im Jemen. „Trotzdem unternehmen die Kriegsparteien nichts, um medizinische Einrichtungen zu schützen, und gefährden so das Leben von Patienten und Patientinnen und dem medizinischen Personal. Menschen müssen fliehen und medizinische Versorgung in Anspruch nehmen dürfen. Krankenwagen müssen Verwundete bergen können, und medizinische Einrichtungen müssen geschützt werden.“

Die Kampfhandlungen treffen den Jemen zu einer Zeit, in der die Menschen im Land ohnehin schon unter den Folgen einer Blockade auf kommerzielle und humanitäre Importe leiden, die die von Saudi-Arabien angeführte Koalition seit dem sechsten November aufrechterhält. Einige humanitäre Flüge und Schiffe wurden zwar ins Land gelassen, doch das Einfuhrverbot für Handelsgüter einschließlich Nahrungsmitteln und Kraftstoff gilt weiterhin. Für die Menschen in Jemen ist es seitdem viel schwieriger, an Güter des täglichen Bedarfs, Medikamente und medizinisches Material zu kommen. Seit der Eskalation der Kämpfe und dem Beginn der Blockade sind die Benzinpreise um mehr als 200 Prozent gestiegen. Auch die Preise für Wasser und Mehl sind dramatisch in die Höhe gegangen.

„Die Blockade und die derzeitigen Kämpfe haben verheerende Auswirkungen für die medizinische Versorgung im Jemen“, sagt Djoen Besselink, Einatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Jemen. „Wegen der gestiegenen Benzinpreise müssen die Menschen mehr bezahlen, um ins Krankenhaus zu gelangen. Oder sie müssen sich entscheiden, ob sie ins Krankenhaus gehen oder lieber Essen für den Rest der Familie kaufen. Auch die Krankenhäuser selbst kämpfen mit den hohen Preisen, und einige der wenigen Kliniken, die überhaupt noch in Betrieb sind, müssen vielleicht bald schließen. Die Blockade muss sofort aufgehoben werden, um noch mehr unnötiges Leiden zu verhindern.“

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)