„Im Interview…“ Frau Stadträtin Sandra Frauenberger

22. Mai 2017 | Politik | 0 Kommentare

Das Gesundheitsresort der Stadt Wien zu übernehmen war in Zeiten wie diesen sicher kein einfaches Unterfangen. Für Pflege Professionell ein guter Grund Frau Stadträtin Sandra Frauenberger zu einem Interview einzuladen…

Pflege Professionell: Was sind Ihre Visionen für Wien?

Sandra Frauenberger: Das Gesundheits- und Sozialsystem ist für uns SozialdemokratInnen dann qualitätsvoll, wenn es gerecht ist. Ein gerechtes Gesundheitswesen bedeutet, dass alle Menschen – unabhängig ihres Einkommens, ihres Alters, ihrer Herkunft oder ihres Geschlechts die beste medizinische Versorgung erhalten. Gerecht ist ein Sozialsystem dann, wenn es die Schwächsten unserer Gesellschaft absichert aber auch den Anspruch hat, die Lebenssituationen der Menschen zu verbessern. Gleichstellung und Chancengleichheit für alle Wienerinnen und Wiener sind daher meine zentralen Ziele. Wien ist deswegen eine so lebenswerte Stadt, weil es Tradition ist, auf einander zu schauen. Das ist mir besonders wichtig.

Pflege Professionell: Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit als Ihr „wichtigstes Handlungsfeld“?

Sandra Frauenberger: Sozial- und Gesundheitspolitik sind Kernaufgaben der Stadt – unser Handeln hier trifft die Wienerinnen und Wiener auf einer sehr persönlichen Ebene. Dabei sind Chancengleichheit und –gerechtigkeit immer die Basis meines Handelns. Das gilt für die Frage der Mindestsicherung und auch für mein Handeln im Gesundheitsbereich.  Gerade die Gesundheitspolitik muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit alle Wienerinnen und Wiener die besten Voraussetzungen für ihre psychische und körperliche Gesundheit haben. Vor diesem Hintergrund ist es mir besonders wichtig, dass der KAV den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist. Der KAV befindet sich in einem Veränderungsprozess, der auch mit Verunsicherungen verbunden ist. Ich möchte den Herausforderungen mit Transparenz und den Verunsicherungen mit einer verbesserten Kommunikation begegnen. Wir brauchen gut geführte Häuser, Abteilungen und Teams. Der KAV muss am Betriebsklima arbeiten, denn wir brauchen motivierte ÄrztInnen, PflegerInnen und MitarbeiterInnen.

Pflege Professionell: Wie hat Ihre Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden/Berufskammern begonnen? (Gute Gespräche oder eher Mühsam)

Sandra Frauenberger: Wir haben mit den verschiedenen AkteurInnen eine gute Gesprächsbasis. Das gilt für die MitarbeiterInnen genauso wie für die Gewerkschaft. Auch mit der Ärztekammer führen wir konstruktive Gespräche. Wichtig ist mir, dass wir gemeinsam vorankommen

Pflege Professionell: Der Wiener Krankenanstaltenverbund kommt aus den Schlagzeilen nicht mehr heraus. Was sind in diesem Bereich Ihre priorisierten Handlungspunkte?

Sandra Frauenberger: Aus meiner Sicht müssen wir bei der Umsetzung des Spitalskonzepts 2030 gut vorankommen. Die zukünftige Organisation unserer Spitalslandschaft entscheidet über die Gesundheitsversorgung in Wien. Wir alle wollen, dass das hohe Niveau in Wien erhalten bleibt. Mit der Bündelung der Kompetenzen auf sechs Häuser (plus AKH) bis 2030 machen wir in Wien den entscheidenden Schritt in das 21. Jahrhundert. Die medizinischen Zentren, die dadurch in den nächsten Jahren entstehen, werden garantieren, dass Wien auch medizinisch die Hauptstadt in Österreich bleibt, und den europäischen Vergleich weiterhin nicht scheuen braucht.

Dabei ist es mir ein großes Anliegen, die MitarbeiterInnen, die in den Häusern des KAV mit hoher Professionalität und der nötigen Empathie engagiert sind, zu begleiten und mitzunehmen. So große Veränderungsprozesse können nur gemeinsam erfolgreich begangen werden.

Pflege Professionell: Man hat irgendwie das Gefühl, dass es im Wiener Krankenanstaltenverbund kein Geld mehr gibt, um Sachen, Projekte und Personalbesetzungen sinnvoll umzusetzen. Wäre es nicht sinnvoller das Ganze in eine Holding wie in den anderen Bundesländern umzubauen?

Sandra Frauenberger: Es ist wichtig, den KAV nicht nur verantwortlich zu machen, sondern ihm auch Verantwortung zu geben. Deswegen ist es sinnvoll, wenn der KAV Personal- und Finanzhoheit hat, um eigenständig strategisch planen zu können. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass der KAV zu 100% im Eigentum der Stadt bleibt. Eine Privatisierung kommt für mich nicht in Frage.

Pflege Professionell: Würden Sie uns ein wenig über den Status des Projektes „Krankenhaus Nord“ erzählen?

Sandra Frauenberger: Ich habe das KH Nord erst kürzlich besichtigt. Der Baufortschritt ist gut. Im KH Nord haben die MitarbeiterInnen mit der technischen Inbetriebnahme begonnen. Es wird technische und medizinische Neuerungen geben, darunter das moderne Notfallzentrum und die damit verbundenen Terminambulanzen.

Pflege Professionell: Was sehen Sie im Bereich der Pflege vor?

Sandra Frauenberger: Das Strategiekonzept „Pflege und Betreuung in Wien 2030“ knüpft an das Geriatriekonzept 2004 an. Die Menschen sollen in der Stadt ein Netz an Leistungen vorfinden, das den Bedarf individuell abdeckt und so die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben mit hoher Lebensqualität bis zuletzt schafft. Mit flexiblen, durchlässigeren und individuelleren Modellen garantiert die Stadt Wien eine moderne Pflege- und Betreuungslandschaft. Die Strategie schließt auch die Betreuungslücke zwischen den derzeitigen mobilen Angeboten und der 24-Stunden-Betreuung. Der Ausbau von mobilen Palliativteams ist in Umsetzung, bereits zwölf bestehen in Wien. Ein Großteil der privaten Pflege wird immer noch von Frauen übernommen – sie werden durch das neue Konzept besonders entlastet. Das ist mir als Frauenstadträtin auch ein sehr wichtiges Anliegen.

Pflege Professionell: Danke für das Interview. Was möchten Sie den Berufsgruppen des Gesundheitswesens noch mit ins Jahr 2017 geben?

Sandra Frauenberger: Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass die beste medizinische Versorgung allen Wienerinnen und Wienern durch ein starkes, öffentliches Gesundheitswesen zur Verfügung steht. Dabei darf der soziale Status keine Rolle spielen. Grundsatzentscheidungen, wie das Spitalskonzept und das Pflegekonzept sind notwendig, um in der wachsenden Stadt effizient, leistbar und qualitativ hochwertig bleiben zu können.

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)