Ist es realistisch, Hoffnung im Gleichklang mit dem Alter zu denken? Der Psychogerontologe Harald Blonski hat Expertinnen und Experten um sich versammelt, um der Bedeutsamkeit des Hoffnung-Begriffs gerecht zu werden. Die Hoffnung könne mit Recht „als ein Element der conditio humana, als ein Existenzial im Sinne Heideggers oder als ein Humanum im Sinne der christlichen Sozialethik betrachtet, angesehen und bezeichnet werden“ (S. 7).
Natürlich blicken Blonski et al. der Wirklichkeit in die Augen. Dem alten Menschen bleibe „nur noch ein relativ begrenztes Kontingent an Jahren übrig, die zudem häufig durch alterstypische Beschwerden, Erkrankungen und andere Problemlagen gekennzeichnet sind“ (S. 19). Doch trotzen die acht Beiträge des Buchs dem Phänomen Hoffnung Positives ab.
Die Pflegewissenschaftlerin Angelika Zegelin stellt beispielsweise fest, dass Hoffnung im individuellen Schicksalsverlauf schütze. Hoffnung stärke Menschen in existentiellen Krisen und fördere persönliche Resilienz (S. 79). Kranke und pflegebedürftige Menschen bräuchten Hoffnung. Dabei bestehe Hoffnungsunterstützung nicht aus bestimmten einzelnen Techniken, sondern aus einer gemeinsamen Suchbewegung (S. 79). Zegelin verbindet das Phänomen Hoffnung konkret mit pflegenden Personen. Pflegende könnten durch ihr Wirken selbst zum Hoffnungsträger werden. Eine Quelle von Hoffnung seien Beziehungen (S. 71).
Die evangelische Theologin und Pfarrerin Corinna Schmohl wirft einen Blick auf den Begriff des „Spiritual Care“. Bei diesem Begriff geht es unter anderem um die spirituellen Bedürfnisse von Menschen, die krank, gebrechlich oder alt sind. In diesem Kontext schreibt Schmohl, dass es wesentlich sei, „die verbleibenden Möglichkeiten der Menschen hier angemessen einzuschätzen und gerade ihnen entsprechende Unterstützung anzubieten“ (S. 96). Sie dokumentiert in ihrem Aufsatz einen entscheidenden Gedanken: „Es ist daher wesentlich, in der Begleitung alter Menschen deutlich wahrzunehmen, dass es einen Unterschied macht, ob jemand das Leben satt hat, weil es nur noch Leiden bedeutet, oder ob sich ein Patient als lebenssatt empfindet unter dem Eindruck, die Fülle der Tage erreicht zu haben (S. 95)“.
Es ist sicher nicht falsch, die Autorinnen und Autoren des Blonski-Bands als Wegbegleiter zu bezeichnen, die mit einem Begriff Perspektiven entwickeln helfen, der banal erscheint. Jürgen Rieck schreibt über „Hoffnung aus Sicht des Rechts“. Die Soziologin Margot Klein zeigt eine Sicht auf „Hoffnung und Hoffnungslosigkeit in der Beratung älterer Menschen“. Der katholische Theologe Willi Stroband wagt eine Reflexion aus Bibel und Pfarrei.
Der Gefahr, sich zu theoretisch dem Phänomen der Hoffnung zu nähern, entfliehen die Autorinnen und Autoren mit einem klaren Bekenntnis zur Praxis in den unterschiedlichen Feldern. Sie füllen den Begriff mit Leben und geben gleichzeitig viele Anstöße zum Weiterdenken. Insofern geben sie Antworten auf eine möglicherweise aussichtslose Frage.
Harald Blonski (Hrsg.): Hoffnung im Alter – Eine interdisziplinäre Betrachtung, Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-86321-344-2, 183 Seiten, 24.95 Euro.