Im Rahmen der Covid19-Pandemie werden in Österreich Zivildiener eingesetzt, um die Pflegeberufe (PA, PFA, DGKP) von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu entlasten. Dies wirft die Frage auf, ob die Pflegeberufe tatsächlich so viele dieser Tätigkeiten übernehmen, da sie grundsätzlich nicht Teil ihres Aufgabenprofils sind.
Methode
Anhand einer Onlineumfrage wurde in einer Social-Media-Gruppe für Pflegekräften erhoben, ob und welche hauswirtschaftlichen Tätigkeiten von Pflegeberufen durchgeführt werden. Die FSBA wurden aufgrund ihrer integrierten Ausbildung zur PA den Pflegeberufen zugerechnet. 326 Personen aus allen Berufsgruppen und aus verschiedenen Settings haben teilgenommen.
Ergebnisse
Von den Befragten werden viele hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernommen. Je nach Berufsgruppe variiert Häufigkeit und Art der Tätigkeit. Die Top 3 sind bei den PA Betten machen (88,3%), Essen austeilen und abservieren (85%) und Teeküche betreuen (81,7%). Bei den PFA werden Wäschewägen/Kästen auffüllen (86,7%), Betten machen (80%) und Schmutzwäsche leeren, reinigen und auffüllen (73,3%) am häufigsten durchgeführt. DGKP machen häufig Betten (64,4%), teilen Essen aus und sammeln es ein (59,1%) und bestellen Materialien (56,9%). Die Gruppe der FSBA übernimmt häufig das Essen austeilen/einsammeln (88,9%), macht Betten (83,3%) und betreut Teeküchen (77,8%).
Diskussion
Theoretisch sollten hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu 0% von Pflegekräften übernommen werden. Tatsächlich werden sie es aber in hohem Ausmaß, was vor dem Hintergrund des Personalmangels als ineffizient gesehen wird. Auch zur Attraktivierung des Pflegeberufes ist es nicht unterstützend, dass die Pflege weiterhin das „Mädchen für alles“ ist.
Schlüsselwörter: Grade-Mix, Pflegeberufe, Hauswirtschaft, Professionalisierung
Hintergrund
Die Pflegeberufe in Österreich [1] stehen vor zwei großen Herausforderungen: zum einen bringen die demographischen Strukturen veränderte Anforderungen an Fachwissen und Expertise mit sich. Dem gegenüber stehen Prognosen, wonach bis zum Jahr 2030 rund 75.700 Pflegepersonen fehlen werden, um die Pflege der Bevölkerung gewährleisten zu können (Rappold/Juraszovich 2019). Benötigt werden also kompetente Pflegepersonen – und davon möglichst viele.
Im Sinne eines effizienten Personalmanagements gilt, Fachkräfte gemäß ihrer Qualifikation einzusetzen. So sollen Pflege-, Betreuungs- und Hilfskräfte jeweils die Aufgaben übernehmen, für die sie ausgebildet wurden (Grade-Mix). Im Bereich der PA, PFA und DGKP sind das jene Tätigkeiten, die im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geregelt sind (GuKG 1997 §13-16; §83/83a). Der Kompetenzbereich der Sozialbetreuungsberufe ist durch eine Art.15a B-VG Bund-Länder-Vereinbarung (2005) festgelegt.
Ein Meilenstein in der Umsetzung eines ressourcenschonenden Personaleinsatzes stellt die GuKG-Novelle 2016 dar. Diese hatte unter anderem „eine zeitgemäße Gestaltung und Aufwertung des Berufsbilds und Tätigkeitsbereichs“ zum Ziel (GuKG-Novelle 2016, Erl. RV 1194, S. 1). Die Novelle wird derzeit im Auftrag des BMSGPK evaluiert: auch der Grade-Mix wird hier beleuchtet (Pleschberger/Holzweber 2019).
In dieser Arbeit wird ein Aspekt der GuKG-Novelle näher betrachtet. In der alten Fassung fand sich der Tätigkeitsbereich der Pflegehelfer/-innen (jetzt: Pflegeassistenz) wie folgt beschrieben: „Der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe umfaßt [sic!] 1. die Durchführung von pflegerischen Maßnahmen gemäß Abs. 2 und 3 und 2. Mitarbeit bei therapeutischen und diagnostischen Verrichtungen gemäß Abs. 4 einschließlich der sozialen Betreuung der Patienten oder Klienten und der Durchführung hauswirtschaftlicher Tätigkeiten.“ (GuKG 1997 §84 (1) – a. F.).
Wird dem die geltende Fassung gegenübergestellt (GuKG-Novelle 2016, RV Textgegenüberstellung 1194), zeigt sich, dass die taxative Aufzählung um hauswirtschaftliche Tätigkeiten bereinigt wurde. Auch die Pflege, Reinigung und Desinfektion von Behelfen fiel weg (GuKG 1997 §84 (3) 7. – a. F.). Die zusätzliche Betrachtung des Qualifikationsprofils der PA und PFA bzw. dessen inhaltlicher Konkretisierung (PA-Berufe Ausbildungsverordnung, Anlage 4/5, 2016; Pfabigan/Rottenhofer 2017) listet ebenfalls keine dieser Tätigkeiten auf. Für den gehobenen Dienst war/ist in keiner der Fassungen Hauswirtschaft vorgesehen.
Die Praxis stellt sich allerdings anders dar. Dazu drei plakative Beispiele aus den vergangenen Monaten: Aufgrund von Personalmangel wurde das Pflegeteam einer Krankenhausstation gebeten, einen Abteilungshelferdienst zu übernehmen. Eine DGKP hat sich gemeldet (diese Person hätte durch die spezielle Gruppeneinteilung im Rahmen der SARS-CoVid2-Pandemie Minusstunden gemacht und sah diesen Dienst als Möglichkeit, das zu verhindern). Mein Gedanke dazu: warum wurde das Pflegeteam gefragt? Warum werden nicht Physiotherapeutinnen oder Diätologen gefragt? Es erschließt sich mir nicht. Denn Abteilungshilfe ist genau so wenig der Aufgabenbereich der Pflege wie jener der Physiotherapie oder Diätologie.
Im zweiten Beispiel wurde auf Social Media von Betroffenen darüber berichtet, dass PA und DGKP in der HKP ganze Heimhilfetouren übernehmen. Auf meinen Hinweis, dass ich das für sehr unökonomisch halte, wurde wie folgt reagiert: ich als DGKP sei mir eben „zu fein“, wenn ich solche Touren ablehne. Besonders erstaunlich empfand ich, dass diese Äußerung von einer Pflegedienstleitung kam. Denn kompetenzorientierter Einsatz gestaltet sich schwierig, wenn die jeweilige Führungskraft selbst die Meinung vertritt, die DGKP wären für alles einsetzbar.
Das dritte Beispiel stammt aus meinem persönlichen Umfeld: drei unterschiedliche, stationäre Langzeitpflegeeinrichtungen von zwei verschiedenen Trägern. Zweimal im Jahr ist/war es hier üblich, dass die Wohnungen der Bewohner/-innen von FSBA geputzt werden. Dies umfasst insbesondere das Ab- und Herauswischen der Möbel mit Entfernung von diversen gehorteten/versteckten Speiseresten. In einem Haus wird zudem das Abnehmen und Waschen der Vorhänge von den FSBA durchgeführt. In Zahlen gefasst reinigt ein/-e FSBA zwei bis vier Zimmer. Es muss dabei stets bedacht werden, dass diese Zeit in der Betreuung der Bewohner/-innen fehlt. Bei einem dieser Träger wurde mittlerweile zusätzliches Hilfspersonal eingestellt, das diese und andere hauswirtschaftliche Tätigkeiten nun übernimmt.
Fragestellung und Methode
Um einen Überblick zu bekommen, ob die Übernahme von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten durch die Pflege tatsächlich ein verbreiteter Umstand ist, wurde eine Umfrage in einer Gruppe auf Facebook („connected nurses – Pflegekräfte Europas vereinigt euch“) durchgeführt. Via Onlinetool wurde folgende Frage gestellt: „Übernehmen Sie in Ihrem Arbeitsalltag hauswirtschaftliche Tätigkeiten?“. Beruf und Setting der Berufsausübung müssen verpflichtend ausgewählt werden. Es folgt eine Matrix mit einer demonstrativen Auflistung von Tätigkeiten, welche anhand einer vierstufigen Skala nach Häufigkeit bewertet werden (1 = ja, in jedem Dienst; 2 = ja, in vielen Diensten (z.B. jede Woche); 3 = ja, aber selten / in Ausnahmefällen; 4 = nein). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, beliebig viele Tätigkeiten hinzuzufügen und diese nach o.g. Schema zu bewerten. Abschließend steht auch ein Textfeld für eigene Anmerkungen zur Verfügung.
Ergebnisse
Insgesamt haben sich 326 Personen (n = 326) an der Umfrage, die Ende März 2020 für sieben Tage gelaufen ist, beteiligt. Aus den Freitextfeldern geht hervor, dass eine Person Angehörige der Berufsgruppe Heimhilfe ist, welche nicht Zielgruppe der Befragung war [2]. Im Abgleich mit den Daten aus dem Gesundheitsberuferegister (GBR, https://gbr-public.ehealth.gv.at/) entspricht die Stichprobe 0,21 Prozent aller in Österreich registrierten Pflegekräfte.
Berufsgruppen und Setting
Der Großteil der Befragten kommt aus dem Gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege (71,5%), gut ein Viertel entstammt der Berufsgruppe der Pflegeassistenzberufe (28,5 %, inkl. FSBA). Wird das Setting betrachtet, zeigt sich für die Pflegeassistenzberufe ein hoher Anteil an in Pflegeheimen Beschäftigten (58%-78%). Die DGKP arbeiten überwiegend im Krankenhaus (58%).
Ergebnisse der Befragung
Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, werden hauswirtschaftliche Tätigkeiten von einem Großteil der Befragten durchgeführt. Zu Erinnerungen: diese Tätigkeiten sind jene, die OHNE Patient/-innen oder Bewohner/-innen durchgeführt werden. Diese Tabelle umfasst zwar auch Ausnahmesituationen, dennoch stellt sich die Frage, inwieweit Betten putzen, Essen einsammeln oder die Leerung der Mistkübel pflegerische Fachkompetenz erfordert, sodass dies in Ausnahmesituationen von Pflegekräften durchgeführt wird.
Tabelle 1: Tätigkeiten, die (auch in Ausnahmefällen) durchgeführt werden; n=326
Tätigkeit | PA | FSBA | PFA | DGKP |
Betten machen | 95,00% | 94,40% | 86,70% | 84,60% |
Betten putzen | 91,70% | 100,00% | 66,70% | 69,50% |
Essen austeilen/einsammeln | 88,30% | 94,40% | 86,70% | 76,30% |
Frühstück vorbereiten | 81,70% | 83,30% | 66,70% | 73,80% |
Material bestellen | 55,00% | 66,70% | 73,30% | 75,00% |
Materiallieferung einräumen | 71,70% | 83,30% | 66,70% | 70,70% |
Mistkübel leeren | 73,30% | 66,70% | 33,30% | 42,50% |
Pflegebehelfe reinigen | 93,30% | 83,30% | 73,30% | 69,50% |
Schmutzwäsche leeren, reinigen, neu auffüllen | 71,70% | 77,80% | 80,00% | 57,80% |
Teeküche betreuen | 91,70% | 77,80% | 86,70% | 78,90% |
Wäschelieferung einräumen | 68,30% | 83,30% | 53,30% | 38,80% |
Wäschewägen/Kästen auffüllen | 83,20% | 72,20% | 86,70% | 56,50% |
Zimmer putzen | 50,00% | 66,70% | 33,30% | 32,20% |
Zimmerteile putzen | 81,70% | 83,30% | 66,70% | 64,80% |
Bei Betrachtung nach Berufsgruppen und nur in den Kategorien „in jedem Dienst“ bzw. „in vielen Diensten“ (Tabelle 2) zeigt sich ein etwas verändertes Bild: zwar übernehmen DGKP häufig hauswirtschaftliche Tätigkeiten, bei PA und FSBA fallen diese aber deutlich häufiger an.
Tabelle 2: Tätigkeiten, die in jedem Dienst/in vielen Diensten durchgeführt werden; n=326
Tätigkeiten | PA | FSBA | PFA | DGKP |
Betten machen | 88,30% | 83,30% | 80,00% | 64,40% |
Betten putzen | 66,70% | 61,10% | 53,30% | 45,10% |
Essen austeilen/einsammeln | 85,00% | 88,90% | 66,70% | 59,10% |
Frühstück vorbereiten | 70,00% | 72,20% | 40,00% | 49,40% |
Material bestellen | 43,30% | 61,10% | 53,30% | 56,90% |
Materiallieferung einräumen | 51,70% | 44,40% | 53,30% | 47,80% |
Mistkübel leeren | 55,00% | 44,50% | 26,70% | 25,80% |
Pflegebehelfe reinigen | 75,00% | 72,20% | 60,00% | 45,10% |
Schmutzwäsche leeren, reinigen, neu auffüllen | 58,30% | 66,70% | 73,30% | 40,50% |
Teeküche betreuen | 81,70% | 77,80% | 66,70% | 55,60% |
Wäschelieferung einräumen | 45,00% | 61,10% | 40,00% | 19,40% |
Wäschewägen/Kästen auffüllen | 63,30% | 66,70% | 86,70% | 36,20% |
Zimmer putzen | 28,30% | 22,20% | 20,00% | 10,30% |
Zimmerteile putzen | 55,00% | 66,70% | 46,70% | 37,80% |
Ergebnisse aus den Freitexten
Der Fragebogen beinhaltet die Möglichkeit, eigene Items zu ergänzen. Dies wurde von 36 Teilnehmer/-innen genutzt. Die Ergänzungen werden hier zusammengefasst.
Die Pflegeassistenzberufe nannten folgende Tätigkeiten: Einkaufsdienste, Post/Zeitung austeilen, Taschengeldausgabe, Reinigung des Stützpunktes und der Diensthandys, Transportdienste, Schmutzwäsche einsammeln, Essbesteck einsammeln und abwaschen. Von den DGKP wurden vor allem Reinigungstätigkeiten ergänzt (Stützpunkt, Arbeitsflächen, Geräte, Badezimmer, Teeküche, Legionellenspülung), ebenso wie Müllentsorgung, Einkaufstätigkeiten, Blumengießen, Hol- und Bringdienste, Essensbestellung, Versperren und Kontrolle aller Eingangstüren und Post holen.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Conclusio
Aus dieser Befragung geht hervor, dass haushälterische Tätigkeiten nach wie vor einen Bereich darstellen, der von der Pflege in hohem Ausmaß abgedeckt wird. Vor allem die Pflegeassistenzberufe übernehmen viele dieser Tätigkeit sehr häufig. Interessant wäre auch noch eine Analyse der einzelnen Gruppen nach Setting; diese erfolgt vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt.
Diskussion
Die Ergebnisse der Umfrage bekräftigen die Annahme, dass viele Tätigkeiten aus dem Bereich der Hauswirtschaft nach wie vor von den Pflegeberufen übernommen werden. Das ist auf mehreren Ebenen nicht zielführend:
Beklagt und prognostiziert wird einerseits der Mangel an Fachkräften in der Pflege. Führt man sich nun vor Augen, dass in dieser Stichprobe zwischen 55 Prozent (DGKP) und 81 Prozent (PA) dieser Fachkräfte Teile der Arbeitszeit mit der Betreuung von Teeküchen verbringen, stellt sich durchaus die Frage, ob das Personal hier seiner Ausbildung entsprechend eingesetzt wird. Denn theoretisch sollen die meisten dieser Tätigkeiten zu null Prozent von Pflegekräften durchgeführt werden. Je nach Setting gibt es andere Berufsgruppen, die hier einzusetzen sind. Im stationären Bereich sind das häufig sogenannte Abteilungshelfer/-innen und Zivildiener, in der HKP die Heimhilfe und Haushaltshilfe.
Weiters befindet sich die Pflege in Österreich auf dem Weg zur Professionalisierung. Sie möchte als eigenständige Profession wahrgenommen werden. Sie möchte inhaltlich fundiert und autonom handeln (vgl. auch Cassier-Woidasky 2009). Sie legt Wert darauf, von der Personenbetreuung abgegrenzt zu werden (was durch die häufige, irreführende Bezeichnung dieser unausgebildeten Betreuer/-innen durch Medien und Politik als „24-Stunden-Pflege“ zusätzlich erschwert wird). Die Pflege: ein Beruf, in dem die Fachkraft anwaltschaftlich für ihre Patientinnen und Klienten handelt und deren Interessen gegenüber den Mediziner/-innen und anderen vertritt. Die Bedürfnisse und Schmerzen erkennt, wenn der/die Betroffene sie nicht mehr auf die übliche Weise äußern kann. Der Beruf, der Familien in Krankheit und Trauer begleitet. Der Beruf, der durch Interaktionsarbeit und Beziehungsgestaltung hilft, Krisen und komplexe Situationen zu bewältigen. Der durch Gesundheitsförderung die Lebensqualität der Menschen verbessert/aufrecht zu erhalten versucht. Für all diese Kernkompetenzen der Pflege bleibt jedoch keine Zeit, wenn die Fachkräfte damit beschäftigt sind, hauswirtschaftliche Tätigkeiten durchzuführen. Zusätzlich vermittelt das der Gesellschaft ein falsches Bild von den Aufgabenfeldern des Berufs.
Die bereits erwähnte, rezent publizierte Personal-Bedarfsprognose des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (Rappold/Juraszovich 2019) ist eine von vielen Publikationen, die empfiehlt, das Personal kompetenzorientiert einzusetzen – z.B. durch die Beschäftigung von Hilfspersonal in der Hauswirtschaft. Praxis ist aber häufig, dass zwischen den Berufsgruppen ein Teamgefühl herrscht, in dem sich jeder für alles zuständig fühlt. Dieses Teamgefühl ist erstrebenswert und wichtig – dennoch ist es essentiell, dass jede/-r die Aufgaben übernimmt, für die er/sie ausgebildet wurde und per Gesetz zuständig ist. Das beugt sowohl Unter- als auch Überforderung vor und steigert die Jobzufriedenheit (Freiling/Gottwald 2012; Kämmer 2015). Es ist Aufgabe der Führungskräfte, dafür zu sorgen, dass jede/-r im eigenen Handlungsspielraum tätig ist und gleichermaßen ist es Aufgabe jeder/jedes Einzelnen, seinen Kompetenzbereich zu kennen und auch Tätigkeiten abzulehnen. Dies eignet sich nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern unterstützt auch die Attraktivität der Pflegeberufe sowie die nachhaltige Personalbindung.
Es geht dabei nicht darum, pauschal gewisse Aufgaben abzulehnen – wird morgens ein Bewohner bei der Körperpflege unterstützt, ist es naheliegend, dass bei Bedarf sein Bett gemacht wird, während er sich z.B. den Bart rasiert – egal, welche Berufsgruppe tätig ist. Auch gibt es andere Tätigkeiten in der Hauswirtschaft, die im Sinne der Ressourcenförderung zusammen von Fachkraft und Klient/-in durchgeführt werden können, z. B. Einkaufen gehen in der psychiatrischen Pflege. Es bedarf hier einer Prüfung der Umstände. Als Haushaltskraft ausgenutzt werden soll eine Fachkraft aber nicht.
Um den Herausforderungen der Zukunft entgegenzuwirken, ist ein optimierter Grade-Mix eine zentrale Stellschraube. Das verfügbare Personal ist in den Bereichen einzusetzen, wofür es ausgebildet wurde. Warum das überhaupt diskutiert werden muss, sei dahingestellt: in anderen Bereichen ist es selbstredend, dass jeder Beruf in seinem Kompetenzbereich arbeitet. So führt die Frisörin bei ihrer Kundin nicht die Fußpflege durch, während die Haarfarbe einwirkt. Der mobile Ernährungsberater räumt während des Hausbesuchs keine Geschirrspüler aus. Auch die Schulpsychologin bietet keine Mathematik-Nachhilfe während ihrer Therapiesitzung an. Der Arzt putzt nicht das Bett seiner Patienten, nur weil er eben grad im Zimmer ist. Es geht in keinster Weise darum, Tätigkeiten zu schmälern oder nach Wichtigkeit zu priorisieren – alle Berufsgruppen haben ihre Relevanz und sind versorgungswirksam. Gleichermaßen haben auch alle ihren Tätigkeitsbereich, und jener der professionellen Pflege liegt nicht in der Hauswirtschaft. Zusammenhelfen und in Ausnahmefällen auch auszuhelfen ist selbstverständlich – eine gewisse Regelmäßigkeit jedoch nicht. Wird diese von der Führung gefordert, stellt das lediglich eine weitere Einsparungsmaßnahme auf dem Rücken der Pflege und der Versorgungsqualität dar. Der Teufelskreis schließt sich dann, wenn die Pflege selbst weiterhin alle Tätigkeiten schweigend übernimmt, nach dem Motto „da brech ich mir ja keinen Zacken aus der Krone“ und „das haben wir ja immer schon gemacht“.
Abschließend bleibt zu hoffen, dass sich sowohl die Fachkräfte selbst, als auch deren Führungskräfte, Organisationen und Entscheidungsträger zunehmend bewusster über die Rolle und den Stellenwert der Pflegeberufe werden. Momentan sehr präsent, wird beides nach Covid19 wohl schnell wieder vergessen sein.
Literatur
Cassier-Woidasky, Anne-Kathrin (2009): Professionsentwicklung in der Pflege und neue Formen der Arbeitsteilung im Gesundheitswesen. Hindernisse und Möglichkeiten patientenorientierter Versorgungsgestaltung aus professionssoziologischer Sicht. In: Jahrbuch für Kritische Medizin und Gesundheitswissenschaften 47 – Zur Kritik schwarz-gelber Gesundheitspolitik. Argument Verlag
Freiling, Thomas; Gottwald, Mario (2012): Dem Fachkräftemangel in der Pflege begegnen – Personalpolitik demografieorientiert gestalten. S. 261-In: In: Bettig, Uwe; Frommelt, Mona; Schmidt, Roland (Hg.) (2012): Fachkräftemangel in der Pflege. Konzepte, Strategien, Lösungen. medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg
GuKG-Novelle 2016 (2016): 1194 der Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage – Erläuterungen. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01194/fname_538959.pdf, abgerufen 1.4.2020
GuKG-Novelle 2016 (2016): Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage – Textgegenüberstellung. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01194/imfname_538960.pdf, abgerufen 1.4.2020
Kämmer, Karla (Hg.) (2015): Personalentwicklung. Von wertschätzender Haltung zu wertschöpfender Entwicklung. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hannover
Pfabigan, Doris; Rottenhofer, Ingrid (2017): Inhalte der Ausbildung für Pflegeassistenzberufe. 3. Version. Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen. Gesundheit Österreich GmbH, Wien
Pleschberger, Sabine; Holzweber, Leonie (2019): Evaluierung der GuKG-Novelle 2016. Gesundheit Österreich, Wien
Rappold, Elisabeth; Juraszovich, Brigitte (2019): Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Wien.
RIS – Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (1997): https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011026, abgerufen am 1.4.2020
RIS – Pflegeassistenzberufe-Ausbildungsverordnung (2016): https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009672, abgerufen am 1.4.2020
RIS – Sozialbetreuungsberufe (Bund – Länder) (2005): https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004121, abgerufen am 1.4.2020
Zeit im Bild 1 (ZIB 1) (2020): Pressekonferenz vom 24.3. 2020. Beitrag FBM Elisabeth Köstinger
[1] Pflegeassistenz – PA, Pflegefachassistenz – PFA, Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege – DGKP (GuKG 1997 §1). Eine weitere relevante Berufsgruppe in dieser Arbeit ist die Fachsozialbetreuung Schwerpunkt Altenarbeit (FSBA). Diese hat die Ausbildung zur PA inkludiert
[2] Diese eine Person wird in der Darstellung vernachlässigt (also mitgezählt), da das Auswertungsprogramm keinen Ausschluss einer Teilnehmerin zulässt und alle Zahlen manuell korrigiert werden müssten. Das Ergebnis wird dadurch nicht nennenswert beeinflusst.