Gewalt gegen Pflegekräfte

1. Dezember 2015 | Rezensionen | 0 Kommentare

Da es sich bei diesem Buch um eine qualitativ empirische Untersuchung handelt, werden als mögliche Zielgruppen einerseits Lehrerinnen und Lehrer für allgemeine und psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege angenommen, als auch Lehrende in Aus- und Fortbildungen sowie Pflegepersonal in Langzeitpflegeeinrichtungen, welche über wissenschaftliche Grundkenntnisse verfügen.

Frau Panke-Kochinke führt in ihrem Buch an, dass sich für die Erstellung der neun halbstandardisierte Einzelinterviews und vier offene Gruppendiskussionen Pflegepersonen sowie auch deren Leitungen zur Verfügung gestellt haben.

Die Rekonstruktive Systemintervention als praktisches Instrument im konkreten Problemfall zur Erfassung fallbezogener ressorucenorientierter Lösungswege wird wie folgt von der Autorin grob in sieben Schritte untergliedert:

  1. Schritt Ausgangspunkt: Was ist passiert? (Auslöser)
  2. Schritt Ausgangspunkt: Was tue ich bereits, um mit dem Problem (Auslöser) fertig zu werden?
  3. Schritt Systemanalyse 1: Was funktioniert in meinem Beruf nicht so gut? (Probleme)
  4. Schritt Systemanalyse 2: Was mache ich/die anderen im Beruf bereits gut und richtig? (Ressourcen)
  5. Schritt Fallrekonstruktion: Was ist eigentlich das Problem? (Analyse)
  6. Schritt Handlungsforschung: Was kann ich auf der Grundlage meiner Ressourcen und der der anderen tun, um das eigentliche Problem zu lösen? (Expertise)
  7. Schritt Evaluierung des zuvor stattgefundenen Prozesses

Damit soll erreicht werden die individuelle Selbsthilfekompetenz zu fördern und den externen Input zu minimieren.

Aufbau des Buches
Das Buch wurde in fünf Kapitel eingeteilt. Hierbei wurde folgende Bereiche unterteilt „Die empirische Untersuchung“, „Der Gewaltbegriff“, „Die Analysematrix“, „Das Strukturgitter“, „Die Rekonstruktive Systemintervention“ und „Das Interventionsinstrument Systemanalyse“.

Persönliches Fazit
Insgesamt ist es vorstellbar, dass durch die bereits angeführten Schritte ein noch professionellerer Umgang in Bezug auf Gewalt gegen Pflegekräfte erreicht werden kann. Jedoch wäre es wünschenswert gewesen intensivere Schwerpunkte zu setzen im Bereich der Abhängigkeitsverhältnisse und Machtgefälle zwischen der Patientenklientel und dem Pflegepersonal sowie zwischen der Berufsgruppe der Mediziner und des Pflegepersonals. Eine definitive Bezugnahme zu biografischen Hintergründen (Biografiearbeit im Pflegebereich) hat lediglich unzureichend stattgefunden. Positiv zu erwähnen ist, dass die oftmals entscheidende Position der Leitung in die Untersuchung miteingepflegt wurde und somit einen aussagekräftigen Stellenwert zugesprochen bekommen hat.

Leider ist die explizite Herangehensweise und Methodenbeschreibung der rekonstruktiven hermeneutischen Textanalyse (S. 22-25) nur sehr kurz beschrieben. Ein Diskussionskapitel sowie ein abschließendes Fazit der Autorin werden generell vermisst.

Schlussfolgernd kann zusammengefasst werden, dass die Erwartung in diesem Buch Patentrezepte für die Praxis zu finden, welche schnell und einfach umsetzbar sind, nur bedingt erfüllt werden kann. Daher werden vor allem Auszubildende der Schule für allgemeine oder psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege und all jene die sich einfache Lösungen erwarten enttäuscht. Als lesefreundlich für diese Klientel kann nur der praxisnahe Schlussteil (S. 82-96) empfohlen werden, welcher die gebündelten Erkenntnisse zusammengefasst darstellt.

Über die Autorin
Birgit Panke-Kochinke, geb. 1954, ist Didaktikerin, Pflegewissenschaftlerin, promovierte Historikerin und habilitierte Soziologin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Witten und als Lehrbeauftragte der Universität Osnabrück und Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe.

Autorin: Birgit Panke-Kochinke
Sprache: Deutsch
Verlag: Mabuse-Verlag
Seitenumfang: 103 Seiten
ISBN: 9783938304815

Autor

  • Monika Seiringer

    Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester, Lehrerin für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, Bachelorstudium Pflegewissenschaft mit den Schwerpunkten Pädagogik und Management, Akademische Expertin für komplementäre Gesundheitspflege (voraussichtlicher Abschluss im Mai 2016)