Geschichten aus der Pflege: Eine Geschichte aus der Kinderkrankenpflege, die mir unvergesslich ist.

26. Mai 2019 | Gastkommentare | 0 Kommentare

Es war im ersten Jahr nach meiner Diplomierung (1994), als ich mit der Pflege und Betreuung von Kindern beauftragt war, die über das Projekt „Friedensdorf international“ zu uns auf Station kamen. Eines dieser Kinder war Edwin (Name geändert). Edwin war ca. 6 Jahre alt und der Grund warum er von Albanien nach Österreich geflogen wurde, war ein chirurgisches /internistisches Problem.

Bei seiner Ankunft auf Station war Edwin sehr zurückhaltend, schaute uns nur mit seinen großen braunen Augen immer wieder fragend an. In diesem Moment merkte ich, dass mir dieser kleine Mann besonders an Herz wuchs. Wir hatten trotz sprachlicher Barriere sofort einen Draht zueinander. Edwin war – wie alle Kinder aus diesem Projekt – ohne Eltern bei uns, und verstand auch zu Beginn des Aufenthalts unsere Sprache nicht. Ich war so erstaunt wie schnell Edwin unserer Sprache. Doch um mich mit ihm zu verständigen brauchte ich auch keine Worte.

Bald schon wurde er zum Liebling der Station. Wenn ich im Dienst war, versuchte ich immer, bei ihm eigeteilt zu werden.

In der Annahme, dass er Moslem war, bestellten wir für ihn schweinefleischfrei Kost. Während ich mit ihm beim Mittagessen saß, schaute er etwas traurig auf den Teller seines Zimmernachbarn der eine große (Kindergröße) Fleischportion hatte, während auf seinen Teller Mehlspeise lag.  Er sagte zu mir: „Bitte Fleisch!“  Mir tat er so leid, also durchforsteten wir nochmals alle Unterlagen und wir fanden heraus, dass er kein Moslem war und wir konnten ihm sein geliebtes (Schweine-)fleisch bestellen. Beim nächsten Mittagessen strahlte er über das ganze Gesicht und die Portion war im Nu weg.

Die Behandlung bestand in medikamentöser Therapie und einer Operation. Ich erinnere mich noch, am Tag der OP, bin ich länger im Dienst geblieben, weil ich bei ihm sein wollte, wenn er vom OP zurückkam. Sein Lachen war es einfach wert.

Er hat sich rasch erholt und musste noch medikamentös eingestellt werden. Er war schon mehrere Wochen im Krankenhaus. Er wurde zwar immer wieder von Betreuerinnen der Projektes Friedendorf besucht, diese gingen mit ihm auch in den Krankenhauspark, doch irgendwann war ihm der Krankenhausalltag zu langweilig.

Ich beschloss, mit ihm Ausflüge zu unternehmen – zwar in meiner Freizeit, denn ich wollte ihm eine Freude bereiten und Abwechslung in den Krankenhausalltag bringen. Nachdem ich  auch abgeklärt hatte, ob dies in Ordnung war, ging es los. Einmal gingen wir in die Stadt auf ein Eis und auf einen Spielplatz, wo er sich austoben konnte. Das zweite Mal fuhren wir zuerst zu McDonald, wo sich Edwin eine Riesenburger bestellte. Der Blick als der den Burger sah, war genial! Danach ging es weiter in den Tierpark. Er war so fasziniert, dass es ganz schön stressig war, ihn unter Kontrolle zu haben, denn er wollte immer ins Gehege zu den Tieren. Es hat ihm und mir so unglaublichen Spaß gemacht.

Am Abend als wir zurück auf Station kamen, fiel er so richtige müde ins Bett.

Die Zeit des Abschieds ist näher gerückt als sichergestellt war, dass Edwin seine Medikamente auch in Albanien weiterbekommen konnte.

Der Abschied fiel uns beiden besonders schwer. Ich musste mich einigte Tage vor seiner Abreise von ihm verabschieden, da ich die Station und das Krankenhaus verließ. Ich versuchte es ihm zu erklären, dies war gar nicht so einfach. Wir hatten doch wir hatten beide Tränen in den Augen.  Ich freute mich für ich, da ich wusste, in Albanien würden seine Mama und sein Papa auf ihn warten!

Ich denke auch heute oft an ihn und frage mich, wie es ihm ergangen ist, ob er eine glückliche und vor alle gesunde Kindheit verbringen durfte, was aus ihm geworden ist und vieles mehr.

Kurz zusammengefasst: Diese Geschichte ist nur ein Teil seiner Geschichte. Doch die Erinnerung daran bestätigen mich immer wieder, dass der Weg in die Krankenpflege,– speziell der Bereich der Kinderkrankenpflege – der richtige Weg war.

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