Elternedukation auf der Stammzelltransplantation-Station

23. April 2018 | Bildung | 0 Kommentare

Eine Stammzelltransplantation ist bei einer Vielzahl an Erkrankungen die einzige Therapieoption. Es handelt sich dabei um ein sehr invasives und risikoreiches Verfahren mit vielen Nebenwirkungen und Komplikationen.

Um den Patienten oder die Patientin  auf die Stammzelltransplantation vorzubereiten, muss das eigene Immunsystem unterdrückt werden. Dies geschieht im Rahmen der Konditionierung durch Chemotherapie und /oder Strahlentherapie. Dabei kommt es zu einem Abfall der Leukozyten, der Patient ist aplastisch oder im Zustand der Aplasie befindlich, das Immunsystem wird ausgeschaltet – die Anfälligkeit gegenüber Infektionen nimmt infolgedessen stark zu.

Diese hohe Infektionsgefährdung erfordert eine strikte Isolierung des Patienten oder der Patientin in einem keimarmen Einzelzimmer, der sogenannten LaminaAirFloweinheit. Diese darf von Eltern/Bezugspersonen, Pflegepersonal, ÄrztInnen nur nach gründlicher Händehygiene und Anlegen eines sterilen Mantels und Maske betreten werden. Laufende strenge Hygienemaßnahmen sind von allen beteiligten Personen einzuhalten und durchzuführen.

Da die Eltern/ Bezugspersonen unserer Patienten und Patientinnen auf der SZT Station im St. Anna Kinderspital unbestritten ein wichtiger und wertvoller Partner bei der Betreuung der Kinder sind, wollen wir sie in den Stationsalltag integrieren, anleiten und gemeinsam ein Team bilden, das die Fürsorge für die Kinder und Jugendlichen teilt.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Eltern/Bezugspersonen mit all den Informationen und Anleitungen oft überfordert waren, ebenso wurden Informationen angesichts mangelnder Deutschkenntnisse wenig bis gar nicht verstanden. Es braucht viel Zeit und Anleitung, um sich in der neuen Umgebung, mit all den Isolations- und Hygienemaßnahmen zu Recht zu finden.

Bereits bei Aufnahme des Patienten oder der Patientin werden im Rahmen des Pflegeassessements das Wissensdefizit über Hygienemaßnahmen und die unzureichende Kenntnis über Gefahren während der Transplantation der Eltern/Bezugspersonen  erkannt und die daraus resultierenden Pflegemaßnahmen im Rahmen einer Pflegediagnose erfasst. Hohe Priorität haben hier die unterschiedlichen Fähigkeiten, Ressourcen und Probleme (sozial, psychisch) der Eltern/Bezugspersonen.

Mit dem Zeitpunkt der  Aufnahme des Kindes beginnt die „Dekontaminationsphase“ in welcher der Körper des Patienten oder der Patientin von Keimen „befreit“ werden soll. Dies ist gleichzeitig auch die Zeit der Eingewöhnung, die vom Pflegepersonal auch zur intensiven Begleitung und Edukation der Eltern/Bezugspersonen genützt wird.

In dieser Phase  werden Eltern/Bezugspersonen in alle zu schulenden Isolations- und Hygienemaßnahmen durch das Pflegepersonal angeleitet und begleitet. Dazu gehören unter anderem: die korrekte Händehygiene, das Betreten der LaminaAirFloweinheit mit Anlegen von Mantel/Maske, das Einschleusen von Gegenständen in die Einheit, das Aufbereiten des Essens, uvm. Die geschulten Isolations- und Hygienemaßnahmen werden auf einem speziell für die Elternedukation erarbeiteten Dokumentationsbogen dokumentiert. Dadurch erreichen wir eine deutliche Vereinheitlichung der Informationen durch das Pflegepersonal an die Eltern/Bezugspersonen. Risiken, wie z.B. fehlende Sprachkenntnisse und damit die Notwendigkeit eines Dolmetschers, werden auf diesem Bogen erfasst. Das Einsetzen von Dolmetschern oder Videodolmetschern kann dadurch zu einem sehr frühen Zeitpunkt erfolgen. Der Dokumentationsbogen gewährleistet ein personenbezogenes, strukturiertes Abarbeiten einer Checkliste mit Dokumentation der Fortschritte. Die Einschulung gestaltet sich dadurch transparenter. Der Wissensstand der Eltern/Bezugspersonen ist für jeden klar nachvollziehbar, Nachschulungsbedarf wird aufgezeigt. Auch der hierfür erforderliche Zeitaufwand wird sichtbar.

Neben dem Dokumentationsbogen „Dokumentation des Edukationsverlaufes“ waren wir auf der Suche nach einem zusätzlichen Tool, um die Einschulung der Eltern/Bezugspersonen zu erleichtern und zu verbessern. Zunehmend sind wir mit Familien konfrontiert, die nicht Deutsch oder Englisch sprechen/verstehen, aus einem fremden Kulturkreis stammen oder ein niedrigeres Literalitätsniveau haben. Die Arbeit mit genau diesen Familien  führte uns zu Piktogrammen.

Piktogramme zeigen den korrekten zeitlichen Ablauf und das korrekte Handling verschiedener hygienischer Abläufe, wie z.B. Anlegen von Mantel/Maske. Diese Piktogramme werden bereits während der Einschulung der Eltern/Bezugspersonen als Schulungstool herangezogen. Sie vermitteln relevante Informationen schnell, sicher, sprach- und kulturunabhängig. Sie entsprechen der Realität, sind logisch und sollen keinen Platz für falsche Auslegungen lassen. Bisher gab es nur positives Feedback der Eltern/Bezugspersonen über die angebrachten Piktogramme in den relevanten Bereichen, sie erleichtern den strikten Stationsalltag. Zusätzlich dienen sie als Unterstützungsmedium für stationsfremde Berufsgruppen.

Wir alle, die wir in solch einem Bereich arbeiten, wissen, dass ungenaue und schlecht durchgeführte Isolations- und Hygienemaßnahmen zur Gefährdung unserer Patienten und Patientinnen führen können. Umso wichtiger ist es, den Eltern/Bezugspersonen die Zeit und Aufmerksamkeit zu geben, welche sie benötigen, um sich auf der SZT Station sicher zu fühlen. Nur so können wir das Ziel „ der optimalen Betreuung unserer Patienten und Patientinnen“ gemeinsam erreichen.

„Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele.“ Friedrich Wilhelm Raiffeisen

Autor

  • Mihaela Hartmann

    Diplom für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege im AJhre 2004 in Klagenfurt, seit März 2011 auf der SZT Station des St. Anna Kinderspitals in Wien tätig. seit Herbst 2014 zusätzliche Übernahme der Funktion der Praxisanleitung auf der SZT Station