Eine Praxisstelle, wie man es sich nur wünschen kann

26. September 2019 | Bildung | 0 Kommentare

Rund ein Jahr bewerteten IMC FH Krems Studierende alle nationalen und internationalen Praktikumsplätze, die im Rahmen des Studiums „Gesundheits- und Krankenpflege“ besucht wurden. Sieger – mit zehnfachem Vorsprung auf Platz 2! – im Ranking der beliebtesten Ausbildungsstätten wurde die Orthopädieabteilung 3B des UK Krems. Wir wollten von den Ausbildungsverantwortlichen DGKP Petra Kaiblinger und Philipp Mayer, DGKP wissen: Wie schafft man ein derart fulminantes Ergebnis?

Markus Golla, 1. Platz mit zehnfachem Vorsprung – Gratulation! Was macht ihr so anders?

Petra Kaiblinger:  Mir ist total wichtig, dass die Schülerinnen sich bei uns wohlfühlen. Ein kollegialer Umgang sowie ein aktives Einbeziehen in schwierige Tätigkeiten stehen für mich an oberster Stelle. Ich kann mich noch sehr gut an meine eigene Praktikumszeit erinnern. Da hab‘ ich mich schon in der Früh vor dem nächsten Arbeitstag gefürchtet. Und: Man etwas lernt nur, wenn man es selbst tut und auch tun darf.  Ich durfte als Praktikantin viele Tätigkeiten nicht verrichten. Der Eintritt ins Berufsleben – und damit in die volle Verantwortung – war daher ein Sprung ins kalte Wasser.

Philipp Mayer:
Ich lasse die PraktikantInnen auch unter Aufsicht die unterschiedlichen Tätigkeiten der Pflege durchführen. Wenn wir merken, die PraktikantIn interessiert sich für eine bestimmte Tätigkeit und stellt sich dabei auch geschickt an, dann lassen wir ihn/ sie es auch selbst machen – natürlich mit unserer Unterstützung im Hintergrund. Und, wie schon Petra gesagt hat, ganz wichtig in unserem Team ist der wertschätzende Umgang miteinander, da werden die Auszubildenden voll miteinbezogen. Sie können sich zu uns dazusetzten und gehören zum Team.

Elisabeth Groiss: Neben den fachlichen Inputs ist auch der Aufbau einer persönlichen, privaten Beziehungsebene essentiell. Da schauen wir auch als Führungskräfte genau hin.

Markus Golla:  Der Standardsatz im arbeitsintensiven Pflegealltag dazu lautet oft:  Dafür habe ich aber keine Zeit?

Philipp Mayer:  Ja, die Anleitung, wie wir sie verstehen erfordert Zeit, die aber die SchülerInnen zurückgeben, mit höherem Selbstbewusstsein und höherer Eigenverantwortung.

Petra Kaiblinger: Wenn sehr viel zu tun ist müssen wir Prioritäten setzen, aber in der Regel werden die SchülerInnen voll in die Teamarbeit einbezogen.

Markus Golla: Legt ihr, bevor Ihr beginnt zu arbeiten, auch die Lernziele fest?

Philipp Mayer: Wir schauen durch, was die Schüler gerne machen würden und was wir anbieten können. Klar gibt es Lieblingstätigkeiten, wie zum Beispiel Blutabnehmen, aber wichtig sind eben auch: Wie man macht eine Grundpflege, wie wäscht man die PatientInnen, wie mobilisiert man postoperativ?

Petra Kaiblinger: Genau, wir machen das sehr individuell, nicht nach dem Motto: Du bist im 1. Semester und darfst nicht stechen. Wenn ich sehe, der/die Kollegin ist super kompetent und kann schon perfekt die Grundpflege, dann wollen wir ihm/ihr auch mehr zeigen.

Elisabeth Groiss: Es wird also jeder Student, jede Studentin so wahrgenommen: Was kann sie/ er schon? Darauf aufbauend werden dann seine/ihre Fähigkeiten weiterentwickelt. Wichtig für uns: Die Realität abbilden, keine „Laborsituation“ kreieren.

Markus Golla: Wie hoch ist bei so einem Traumresultat der Anteil der Führungskraft?

Elisabeth Groiss: Ich als Leiterin gebe meinen PraxisleiterInnen freie Hand, weil ich sehe, dass sie es perfekt machen. Meine Mitarbeiterinnen sind trotz Ihrer Jugend bereits sehr reife Persönlichkeiten. Da kann man sich als Leitung im Hintergrund halten und vorwiegend Sicherheit vermitteln, sowie als Ansprechperson im Hintergrund da sein. Neben einem grundsätzlichen Talent für Menschenführung sind die KollegInnen auch fachlich topkompetent. Wir schauen auf Selbständigkeit, die PraktikantInnen teilen sich bei uns auch den Dienstplan selbständig ein. Ich selbst greife nur ein, wenn mir etwas auffällt, was aus meiner Sicht zu korrigieren ist

Markus Golla: Was die Rahmenbedingungen betrifft, gibt es da ein Erstgespräch für die PraktikantInnen und eine Hauptansprechperson, einen Mentor, eine Mentorin?

Philipp Mayer: Nein, beide sind zuständig, wir arbeiten im Team. Jeweils dort, wo mehr zu tun und/oder zu lernen ist. Das Erstgespräch führen aber wir. Dazwischen können wir auch immer nachjustieren.

Elisabeth Groiss: Unsere interne einjährige Ausbildung zum Praxisanleiter, zur Praxisanleiterin hat sich sehr bewährt. Wir achten auch dabei auf unser Assets Interdisziplinarität und laufende Qualitätskontrolle: Zweimaljährlich organisieren wir Praxisanleitersitzungen mit den chirurgischen Abteilungen internistischen Bereichen und Funktionsbereichen.

Markus Golla: Zusammenfassend in einem Satz – Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Petra Kaiblinger: Die Praktikantinnen als zukünftige Kolleginnen sehen sowie Reflexion und Selbstreflexion für alle. Man lernt nur, wenn man es selbst tut, man muss die PraktikantInnen fordern und fördern. Sie sollen mit Freude kommen, Menschlichkeit in der Kommunikation entscheidet.

Philipp Mayer: Individuelle, auf den Schüler angepasste fachlich kompetente Anleitung mit Spaß.

Das Interview führte Markus Golla, BScN, Studiengangsleiter Gesundheits- und Krankenpflege am Department Gesundheitswissenschaften der IMC Krems mit Elisabeth Groiss, stv. Pflegedirektorin im UK Krems sowie den beiden ausgezeichneten DGKPs der Abteilung 3B am UK Krems Petra Kaiblinger und Philipp Mayer

 

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)