„Der Detektiv der fruchtbaren Tage“

13. Februar 2017 | News Deutschland, News Österreich | 0 Kommentare

Wien (OTS) – Dass wir heute zahlreiche sichere Verhütungsmittel zur Verfügung haben, verdanken wir auch dem Kärntner Arzt Hermann Knaus (1892-1970), dem ‚Detektiv der fruchtbaren Tage’, wie es in der weltweit ersten, soeben erschienenen Biographie über ihn heißt. Nach jahrelangen Testreihen fand er Ende der 1920er-Jahre zeitgleich mit dem japanischen Gynäkologen Ogino als erster heraus, welches die fruchtbaren und welches die unfruchtbaren Tage im weiblichen Monatszyklus sind und wie sie berechnet werden. Bis dahin war Verhütung reines Glücksspiel gewesen.

Unangepasster Pionier

Das umfassende Werk über den Pionier der modernen Verhütung würdigt dessen bislang unterschätzte Bedeutung: wie Hermann Knaus zu seinen Entdeckungen und Erkenntnissen kam, wie die ärztliche Kollegenschaft auf seine wissenschaftliche Revolution reagierte, was die katholische Kirche davon hielt, warum die Nazis den unangepassten Forscher abwechselnd förderten und loszuwerden suchten und welche Rolle der japanische Kollege Ogino spielte… all das brachte die mehrjährige Forschungsarbeit der Wissenschaftsjournalistin Susanne Krejsa MacManus und des Gynäkolgen Christian Fiala ans Licht. Dank ihrer Recherchen in Wiener, Berliner und Prager Archiven, Gesprächen mit Weggefährten, ehemaligen Schülern und Patientinnen, der Auswertung bisher unbekannter Korrespondenz, der minutiösen Analyse von Knaus’ umfangreichen eigenen Schriften und der wertvollen Unterstützung durch seine Familie kann nunmehr die erste Dokumentation des Lebenswerkes von Hermann Knaus vorgelegt werden. Denn ihm wurde ein typisch österreichisches Schicksal zuteil: Obwohl er zu den international bedeutendsten Medizinern Österreichs zählt, ist er hier weitgehend unbekannt und ungewürdigt.

Befreiung für Frauen

Dabei sind seine Leistungen für Frauen enorm: Dank Knaus konnten sich Frauen bzw. Paare endlich aus dem ‚Gebärzwang’ befreien, den ihnen die Natur auferlegt hat, wie das neue Buch zeigt: 15 Schwangerschaften pro Frauenleben seien ‚natürlich‘, bzw. ‚naturgewollt’, hieß es damals noch. Sein revolutionärer Verdienst war die Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit. Sein ‚Tagezählen’ war aber auch zur Behandlung ungewollt kinderloser Paare erfolgreich, bildete die wissenschaftliche Basis für Vaterschaftsbestimmungen und lieferte wichtige physiologische Grundlagen für die Entwicklung der Pille. Für seine Verdienste wurde Knaus 1936 für den Nobelpreis vorgeschlagen.

Drei wesentliche Erkenntnisse von Knaus:

  • Die auf wenige Stunden beschränkte Dauer der Befruchtbarkeit der weiblichen Eizelle
  • Die auf wenige Tage beschränkte Dauer der Befruchtungsfähigkeit der männlichen Samenzelle
  • Den konstanten Zeitabstand zwischen Eisprung und nachfolgender Menstruation.

Großer Einfluss auf Gynäkologie

Das sehr aufwendig recherchierte Werk offenbart erstmals, welchen bedeutenden Einfluss Knaus auf die Gynäkologie und Geburtshilfe hatte, enthält eine Evaluierung seiner Verhütungsmethode aus heutiger Sicht, zeigt auf, welche seiner wissenschaftlichen Beobachtungen bis heute Bestand haben und in welchen Bereichen der einstige Pionier von seinen eigenen Schülern überholt wurde. Sie lässt uns aber auch einen Menschen erleben, der es sich durch fehlende Diplomatie und Unnachgiebigkeit mit vielen verscherzt und sich so das eigene Leben schwer gemacht hat.

 

 

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)