Personalmangel und zunehmende Arbeitsbelastung gehören für viele ambulante Pflegedienste in Deutschland seit Jahren zum stressigen Tagesgeschäft. Einerseits steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen stetig an, andererseits sorgt die zunehmende Bürokratisierung der Pflege zwar für mehr Kostentransparenz, frisst aber gleichzeitig wertvolle Arbeitszeit. Diese Entwicklung kann zu einer Überlastung der Pflegenden führen und so die Qualität der sensiblen persönlichen Dienstleistung Pflege spürbar mindern. Eine konsequente Nutzung digitaler Angebote, die speziell für die Anforderungen von Pflegediensten entwickelt wurden, könnte in vielen Bereichen für nachhaltige Entlastung sorgen – von der Bedarfserfassung und Angebotserstellung über die Dienst- und Einsatzplanung bis hin zur konsistenten Dokumentation sämtlicher erbrachter Leistungen.
Über 15.300 ambulante Pflegedienste mit annähernd 400.000 Beschäftigten versorgen in Deutschland etwa 900.000 Pflegebedürftige.[1] Sie ermöglichen Menschen mit Pflegebedarf, möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in ihrer vertrauten Umgebung zu führen. „In der ambulanten Pflege erledigen Leitungen und Beschäftigte eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben. Dabei bewegen sie sich in einem komplexen Spannungsfeld aus Professionalität, Verantwortung, ökonomischen Anforderungen und persönlichem Engagement“, so Jan Sprenger, Nationaler Key-Account-Manager bei NOVENTIcare, eines auf Pflegedienstleistungen spezialisierten Software-Anbieters. Intelligente Software-Instrumente können hier wertvolle Unterstützung leisten und das Arbeitsvolumen auf allen Ebenen deutlich reduzieren.
Digitaler Support für die Pflegedienstleitung schon vor der Klientenaufnahme
„Je besser die Zeit- und Kosten-Prognose, desto besser die Planung und desto reibungsloser und stressfreier später der Ablauf“, betont Sprenger. „Deshalb setzen intelligente Planungstools für die ambulante Pflege schon bei der Angebotserstellung an. Sind die Bedarfe und die individuellen Wünsche erfasst, erstellt das Programm automatisch alternative Angebote unter Berücksichtigung aller in Frage kommenden Kostenträger und Budgets“, so Sprenger weiter.
Moderne Programme berücksichtigen dabei auch die erforderlichen Mitarbeiterressourcen und -qualifikationen sowie die geografisch unterstützte Tourenplanung mit individuellen Wegzeitberechnungen. Verantwortliche können schon in der Planung erkennen, ob und wie die Aufnahme eines neuen Klienten organisatorisch und ökonomisch sinnvoll darstellbar ist. Eine solche assistentenähnliche betriebswirtschaftliche Unterstützung ist für die Pflegedienstleitung insofern besonders sinnvoll, da in der Ausbildung zum Beruf hauptsächlich nach wie vor pflegerische Qualifikationen vermittelt werden
Transparenz und Planungssicherheit für Klienten, Angehörige und den Pflegedienst
Auch die Kommunikation mit Klienten und Angehörigen wird digital erleichtert – von der anschaulichen Darstellung der Leistungskomponenten bis zur strukturierten Erfassung des individuellen pflegerischen Bedarfs. „Alternative Finanzierungsoptionen können gemeinsam durchgespielt werden. Dabei werden auch Kostenaspekte wie Wochenend- oder Feiertagszuschläge in die Kalkulation übernommen, sodass kein ärgerlicher Nachbesserungsbedarf zu Lasten des Klienten entstehen kann“, so Sprenger. „Auch der Leistungsumfang pflegender Angehöriger kann festgehalten und kalkulatorisch berücksichtigt werden.“ Alternative Vertragsentwürfe können mobil ausgedruckt oder als PDF an die Entscheider versandt werden.
Besonders in der ambulanten Pflege ist nicht jeder Tag der gleiche.
Ist die Klientenaufnahme erfolgt, gilt es Einsätze und Pflege zu organisieren. Dabei gehört neben der Fachkompetenz die Zuverlässigkeit zu den zentralen Aspekten. Denn dass bei einem Einsatz erhöhter Zeitbedarf anfällt, Einsätze abgesagt oder verschoben werden müssen, ist eher der Normal- als der Sonderfall. Dazu kommen Staus und krankheitsbedingte Ausfälle von Mitarbeitenden. Dennoch müssen die Leistungen möglichst im vereinbarten Zeitfenster erbracht werden. „Leistungsfähige digitale Planungsinstrumente berücksichtigen alle relevanten Informationen zur Erstellung alternativer Planungen – vom erforderlichen Zeitbedarf und Qualifikationslevel bis hin zur alternativen Tourenplanung unter Einbeziehung der aktuellen Verkehrssituation“, merkt Sprenger an. So lässt sich das tägliche Chaos souverän beherrschen, ohne die Mitarbeiter zu überlasten. Denn gerade in der Pflege werden die meisten Fehler durch Stress und Zeitmangel verursacht.
Vielfältige Aufgaben effizient dokumentiert
Über die körperbezogenen Pflegeleistungen hinaus unterstützen Pflege- und Betreuungskräfte ihre Klienten auch in der Strukturierung ihres Alltags oder der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte; sie leisten Hilfe bei der Haushaltsführung, beraten Pflegebedürftige und Angehörige, organisieren Arztbesuche und Krankentransporte und übernehmen krankenpflegerische Aufgaben wie Injektionen und Verbandswechsel. „All diese Leistungen müssen, um abrechnungsfähig zu sein, detailliert dokumentiert werden“, so Sprenger. Dieser bürokratische Aufwand lässt sich durch die konsequente Umstellung auf eine digitale Pflegedokumentation erheblich reduzieren.
Föderale Unterschiede und widersprüchlich Anforderung
Da die Organisation der Pflege Ländersache ist, unterscheiden sich nicht nur Abrechnungs- und Leistungsmodalitäten und die Höhe des Eigenanteils der Pflegebedürftigen. Auch die Anforderungen an die Pflegedokumentation variieren erheblich. Dazu kommt, dass Krankenkassen und Medizinischer Dienst (MD) als Kostenträger und verantwortliche Aufsichtsinstitution häufig ein uneinheitliches Vorgehen verlangen.
„Im Rahmen des DTA-Verfahrens sind Pflegedienste aufgefordert, ihre Leistungen vollelektronisch abzurechnen. Gleichzeitig besteht aber die Anforderung, dass die Pflegedokumentation vor Ort beim Klienten in Papierform ausliegen muss“, erklärt Sprenger. Ziel ist es, dass Angehörige, Rettungsdienste, Ärzte etc. jederzeit einen detaillierten Einblick in den Klientenstatus und seine Entwicklung haben. Tatsächlich wäre dieser Einblick mit einer cloudbasierten digitalen Dokumentation erheblich effizienter zu gewährleisten, da Ärzte oder Angehörige sich mit einem entsprechenden Zugang jederzeit online informieren könnten. Auch Übergaberoutinen, zum Beispiel bei der Aufnahme in ein Krankenhaus könnten in digitaler Form einfacher, schneller und vor allem auch sicherer organisiert werden.
„Außerdem akzeptieren viele Kostenträger Unterschriften auf abrechnungsrelevanten Dokumenten nur auf dem Originalpapier“, fügt Sprenger hinzu. Für Pflegende und Pflegedienste bedeutet das häufig doppelte Arbeit: Dokumentationen werden sowohl auf Papier in die Patientenmappe eingetragen, als auch in die digitale Dokumentation überführt. Und bei schwer pflegebedürftigen oder dementen Patienten fallen für benötigte Unterschriften Kurierfahrten zu Angehörigen oder Rechtsvertretern an. „Effizient sind diese Verfahren nicht und sie bürden den ohnehin stark belasteten Pflegenden zusätzliche Aufgaben auf“, sagt Sprenger.
Abrechnungssicherheit durch Kongruenz
Leider hat es in der ambulanten Pflege einzelne Fälle von Abrechnungsbetrug gegeben, die bundesweit für Schlagzeilen gesorgt haben. „Die Digitalisierung der Dokumentation eröffnet die Möglichkeit, sehr einfach eine Kongruenz zwischen abgerechneten Leistungen und tatsächlichen Arbeitszeiten herzustellen“, erklärt Sprenger. Insofern würde die Digitalisierung die wirksame Kontrolle durch die Kostenträger optimieren.
Ein Plus an Sicherheit für die Pflegebedürftigen
Darüber hinaus fungiert die digitale Dokumentation, wie sie bspw. die NOVENTIcare-Lösung umsetzt, als prozessauslösender Bericht. Erfasste Abweichungen lösen daher bei Bedarf automatisch Folgeaufgaben aus. Sie ziehen eine Prozesskette nach sich, in der Aufgaben an das Team aus Pflegern und Angehörigen delegiert oder Gespräche mit Ärzten und Therapeuten initiiert werden. Unklarheiten, etwa durch unleserliche Einträge in der Patientenakte werden durch eine digitale Dokumentation vermieden. Moderne Dokumentations-Tools bieten zudem eine Spracherfassung, inklusive der Übersetzung aus Fremdsprachen. So entfällt für ausländische Pflegekräfte die Sprachbarriere oder vermindert sie zumindest.
Effizienzgewinn für Pflegende und Pflegedienste
Für Pflegende eröffnet die konsequente Digitalisierung die Möglichkeit, sich auf ihre Kernaufgaben, die Pflege und das unterstützende Case-Management zu fokussieren. „Wenn zum Beispiel Unterschriften durch digitale Signaturen ersetzt werden, entfallen überflüssige Fahrten und Zeitaufwände“, weist Sprenger auf die Vorteile hin. Auch können sich Mitarbeiter schon vor dem Besuch eines Klienten über dessen aktuellen Status informieren und bei Bedarf entsprechende Hilfsmittel oder Medikamente, zum Beispiel Salben etc. bereits im Vorfeld des Besuches organisieren. Insgesamt gewinnen Mitarbeitende wertvolle Zeit, um ihre Kernaufgaben sorgfältig und ohne Stress zu erledigen.
Digitale Lösungen unterstützen Leitung und Mitarbeitende
Der Fachkräftemangel ist insbesondere in der Pflege ein großes Problem. Da die regionalen Budgetstandards für alle gleich sind, kommt der professionellen Planung bei der Mitarbeiterbindung und -gewinnung eine zentrale Bedeutung zu. Sprenger hebt hervor: „Erstens kann ein Dienst, der betriebswirtschaftlich sinnvoll kalkuliert, plant und handelt, höhere Gehälter bieten. Zweitens lässt sich nur durch eine durchdachte Vernetzung von Einsatz- und Dienstplanung sicherstellen, dass die vereinbarten Arbeitszeiten trotz spontaner Änderungen zumindest weitgehend eingehalten werden können.“ Für Pflegende sind dies zwei entscheidende Argumente. Gleichzeitig ermöglicht die Entlastung bei der Dokumentation eine Konzentration auf die Kernaufgaben der Pflege. Folge davon ist, dass zufriedene und motivierte Mitarbeiter die Pflegequalität erhöhen, weniger Fehler machen und ganz nebenbei für eine positive Außendarstellung sorgen. Die digitale Professionalisierung von Kalkulation und Planung kommt also Pflegedienstleitungen und Mitarbeitenden zugute.
Fazit:
Digitale Instrumente können in der ambulanten Pflege auf allen Ebenen für erhebliche Entlastungen sorgen und so die Pflegequalität nachhaltig steigern. Sie garantieren sowohl in der Angebotserstellung und Planung als auch im Falle aktueller Änderungen die Einbeziehung sämtlicher wichtigen Aspekte, von der ökonomisch sinnvollen Routenplanung über benötigte Qualifikationen bis zur aktuellen Verkehrssituation. Durch die Kongruenz von Einsatz- und Dienstplanung können auch Ungenauigkeiten oder Fehler in der Abrechnung besser vermieden werden. Der wichtigste Pluspunkt digitaler Lösungen ist aber mit Sicherheit die Reduzierung des Stresslevels für alle Beteiligten. Auf diese Weise kann die Qualität der erbrachten Leistungen deutlich und nachhaltig optimiert werden.
Autor: Cora Rosenkranz, IT-Journalistin für Wordfinder
Weitere Informationen: www.noventicare.de
[1] Pflegemarkt.com (2019): Marktanalyse ambulante Pflegedienste 2019.. Online verfügbar unterhttps://www.pflegemarkt.com/2019/05/27/marktanalyse-zahlen-daten-fakten-analyse-ambulant-2019/