Absenkung der Mindestvoraussetzung bei der Altenpflegehelferausbildung in Hessen könnte das Risiko der Gewalt erhöhen
„Es ist äußerst bedenklich, wenn der Einstieg in die Altenpflege ohne ausreichende Mindestqualifikation erfolgen kann. In der Altenpflege müssen Kompetenzen, wie verstehende Demenzdiagnostik, gewaltfreie Kommunikation und professioneller Umgang mit herausforderndem Verhalten, Grundvoraussetzung für dort tätige Mitarbeiter sein. Pflegewissenschaftliche Studien zeigen, dass Professionalität und ein hohes Maß an Selbstreflexion wesentlich für die Gewaltprävention sind. Das gilt für Gewalt gegen Pflegebedürftige und Gewalt gegen Pflegende. Die Anforderungen an die Pflegenden sind hochkomplex und anspruchsvoll“, stellt Hans-Josef Börsch, Mitglied des Vorstandes der Landespflegekammer im Rahmen der zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe „Gewalt gegen Pflegende“ fest. „Besonders den jungen Kollegen, die möglicherweise schon vor ihrer Ausbildung Erfahrungen mit Gewalt gesammelt haben, muss man auf diese Situationen vorbereiten, entsprechend schulen und gemeinsam aufarbeiten, auch um eine mögliche Eskalation zu vermeiden“, so Börsch weiter.
Der hessische Landtag hatte vor kurzem die Reform des Altenpflegegesetzes beschlossen, die u. a. die Mindestvoraussetzung für eine Altenpflegehelferausbildung herabsetzt. Ein Hauptschulabschluss soll demnach nicht mehr für den Beginn einer Ausbildung nötig sein.
Großer Teil der beruflich Pflegenden muss mit Gewalterfahrungen leben
Um gezielt gegen Gewalt in der Pflege vorzugehen, hat die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz im Januar dieses Jahres die Arbeitsgruppe „Gewalt gegen Pflegende“ ins Leben gerufen. Dieses Expertengremium konzipiert Maßnahmen im Umgang mit Gewalt und erarbeitet Präventionsstrategien. Wie sich auf dem rheinland-pfälzischen Pflegetag zeigte, haben 88% der Befragten bereits Gewalterfahrungen in ihrem beruflichen Alltag erlebt.
Darüber hinaus ist für das kommende Jahr ein erneuter Fachtag zum Thema der Gewalt in der Pflege mit verschiedenen Kooperationspartnern geplant. „Besonders wichtig ist uns, dass wir zukunftsfähige Konzepte erarbeiten und Kooperationen mit weiteren Netzwerkpartnern ausbauen, damit das Thema Gewalt bewusst bleibt.“, so Hans-Josef Börsch abschließend.
Hintergrund: Mit der einstimmigen Verabschiedung des Heilberufsgesetzes durch den rheinland-pfälzischen Landtag im Dezember 2014 ist die Landespflegekammer errichtet worden. Seit dem 01. Januar 2016 haben die Pflegenden im Land damit eine kraftvolle Interessenvertretung erhalten. Die Landespflegekammer mit ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern nimmt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitglieder wahr.
Die Vertreterversammlung hat in der Sitzung vom 2. März 2016 erstmals den Vorstand der Landespflegekammer gewählt. Präsident der Kammer ist Dr. Markus Mai. Zur Vizepräsidentin wurde Sandra Postel gewählt. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind aktuell Prof. Dr. Anderl-Doliwa, Andrea Bergsträßer, Hans-Josef Börsch, Esther Ehrenstein, Renate Herzer und Oliver Weidig.