„Mit dem ersten rheinland-pfälzischen Pflegetag am 03. Mai in der Mainzer Rheingoldhalle wollen wir den Herausforderungen, vor denen wir als Pflegende stehen, begegnen. Dazu gehören neben der fachlichen Weiterentwicklung der Pflege in all ihren Facetten natürlich auch politische Forderungen“, betonen der Präsident der rheinland-pfälzischen Landespflegekammer, Dr. Markus Mai, sowie Kammervizepräsidentin Sandra Postel. Am Vortag der Premiere des Pflegetags Rheinland-Pfalz, dem ersten seiner Art auf Ebene der Bundesländer, hatten Mai und Postel zu einer Pressekonferenz geladen. In diesem Rahmen wurden zentrale Forderungen der Kammer vorgestellt und auf den „Internationalen Tag der Pflegenden“ am 12. Mai hingewiesen.
- Krankenhausinvestitionen der Landesregierung
Seit 2002 bis heute sind die Fördermittel des Landes für die Kliniken von 122 Mio. € auf 114 Mio. € pro Jahr gesunken. Der Baupreisindex ist im gleichen Zeitraum um 35 Prozent gestiegen. Damit stehen den Kliniken im Jahr 2016 preisbereinigt nur noch 60 Prozent der Investitionsmittel des Jahres 2002 zur Verfügung. Und schon im Jahre 2002 fand keine vollständige Ausfinanzierung statt. Die Investitionsquote ist mit 3,2 Prozent gemessen an den Gesamtausgaben der Kliniken und im Vergleich zu anderen Branchen dramatisch niedrig.
„Aufgrund der für Rheinland-Pfalz negativen Bestimmungen des im vergangenen Jahr vom Bundestag beschlossenen Krankenhausstrukturgesetzes, befürchten wir eine weitergehende Verschlechterung der Finanzlage der Krankenhäuser im Land. Gerade die vergangenen Einsparbemühungen des Gesetzgebers haben gezeigt, dass offensichtlich häufig die Pflegepersonalbesetzung darunter zu leiden hat“, bemängelt Markus Mai.
Die Landesregierung muss daher nach Ansicht des Kammerpräsidenten eine deutliche Anhebung der Investitionszuschüsse in der neuen Legislaturperiode im Sinne einer weiterhin guten Patientenversorgung auf die Agenda setzen. „Wer weiterhin eine flächendeckende Versorgung zum Ziel hat, was in unseren Augen die politische Maxime bleiben muss, ist in der Verantwortung, die Ausfinanzierung dieser Versorgung sicherzustellen.“
Die von der „Ampel-Koalition“ verabredete Aufstockung der Investitionsfinanzierung bis zum Jahr 2020 um dann mindestens 15 Millionen € aufgestockt könne aufgrund des lange anhaltenden Investitionsstaus nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. “An der Stelle erwarten wir ein stärkeres Engagement der Landesregierung“, mach Mai deutlich.
- Personalbemessung
Die derzeitige Arbeitssituation im Gesundheits- und Pflegesektor birgt enorme Belastungsfaktoren für das Personal. Bereits heute ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Patientenversorgung gefährdet. Um die pflegerische Versorgung der Gesellschaft in Zukunft sicherstellen zu können, fordern wir die Politik dazu auf mehr Verantwortung für die umgehende Senkung der Arbeitsbelastung sowie eine zügige Verbesserung der Rahmenbedingungen der pflegerischen Versorgung zu übernehmen.
„In den letzten Jahren sind die Fallzahlen in den Krankenhäusern angestiegen, während gleichzeitig die Beschäftigungszahlen von beruflich Pflegenden zurückgegangen sind. In den Altenheimen wird die Einhaltung der Mindeststandards nicht mehr flächendeckend gewährleistet und der Bereich der ambulanten Pflege steht ebenfalls unter gewaltigem Druck. Wir wollen uns wieder um die Pflegebedürftigen kümmern können und die Zeit für das so wichtige pflegerische Handeln, gerade auch für notwendige Prävention, haben“, fordert Sandra Postel, Vizepräsidentin der rheinland-pfälzischen Pflegekammer.
Eine qualitativ hochwertige und genaue Personalbemessung in allen Bereichen, in denen Pflege stattfindet ist überfällig, um fach- und sachgerechte Pflege in Rheinland-Pfalz, und natürlich bundesweit, sicherzustellen. „Diese muss zwingend gesetzlich verankert sein und sich auf Personalstärke und Qualifikation beziehen. Grundlage müssen die Qualitätsnormen sein, die für unseren Beruf gelten“, betont Postel.
2a. Überlegungen der Bundesregierung und der Länder zur Mindestausstattung/Personalgrenzen in Krankenhäusern
Die gemeinsamen Schlussfolgerungen von Bundesgesundheitsministerium, Koalitionsfraktionen und Ländern sehen vor, die Selbstverwaltung von Krankenhäusern und Krankenkassen gesetzlich zur Vereinbarung von Personaluntergrenzen in Krankenhausbereichen zu verpflichten, in denen dies aufgrund der Patientensicherheit besonders notwendig ist, wie beispielsweise in Intensivstationen oder im Nachtdienst.
„Die beschlossene Einführung von Personaluntergrenzen ist ein erster kleiner Schritt, um ein angemessenes Pflegeangebot im Krankenhausbereich sicherzustellen. Die Definition von Mindestpersonalausstattungen hilft aber nicht, wenn es darum geht, eine den Pflegebedarfen angemessene Personalvorhaltung sicherzustellen“, sieht Postel die Vorstellungen kritisch. „Die Selbstverwaltungspartner, allen voran die Krankenhausträger und die Kassen, dürfen sich nun nicht der Verantwortung entziehen. Zu befürchten ist, dass die Akteure aufgrund der unterschiedlichen Interessen nicht in der Lage sind, sinnvolle und für die Versorgung hochwertige Lösungen auf den Weg zu bringen“.
Die Politik dürfe sich daher nun nicht zurückziehen. Es sei zu begrüßen, dass das Bundesgesundheitsministerium die Entwicklung weiter beobachten wird und notfalls selbst entsprechende Regelungen einführen möchte. Leider zeige die Erfahrung, dass die Regierung den Druck aufrecht halten müsse, um die Selbstverwaltungsakteure zu angemessenem Handeln für die Pflegenden anzuhalten.
Um dauerhaft mehr Personal beschäftigen zu können, werden die Krankenhäuser schon jetzt durch ein absolut unterfinanziertes Pflegestellenförderprogramm unterstützt. Dieses soll, so ein weiterer Punkt des vorgestellten Maßnahmenpakets, ab 2019 in den Pflegezuschlag einfließen.
„Jede weitere Förderung der Pflege ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist die an dieser Stelle vorgesehene Überführung in den Pflegezuschlag absolut kritisch zu betrachten, da die Mittel dort nicht zweckgebunden sind und auch schon heute nicht für den Aufbau von Pflegepersonal genutzt werden müssen“ zeigt sich die Vizepräsidentin der Kammer skeptisch.
Letztlich sei die Expertengruppe im Ergebnis hinter den Erwartungen zurück geblieben, weil offensichtlich noch in der laufenden Legislaturperiode die Ergebnisse genutzt werden sollen. Zur Entwicklung eines wirklich guten Personalbemessungsinstruments bedürfe es weiterer umfassender Anstrengungen.
- Arbeitsbedingungen bzw. tarifliche Verbesserungen in der Altenpflege – Anschreiben an die Arbeitgeber
Im April 2017 sind Anschreiben an etwa 300 private Einrichtungen der Altenpflege von Seiten der Landespflegekammer versandt worden. Hintergrund ist die Aufforderung an die Arbeitgeberseite, die Rahmenbedingungen für die dort beschäftigen Pflegenden adäquat zu gestalten und unter anderem tarifliche Bezahlung zu ermöglichen.
„Mit den verabschiedeten Pflegestärkungsgesetzen hat der Gesetzgeber den Einrichtungsträgern weitere Möglichkeiten an die Hand gegeben, die Rahmenbedingungen für die Pflegenden zu verbessern. Bereits seit 2015 bekommen die Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten nach Tarifvertrag bezahlen, die Gehälter von den Kostenträgern in der Pflegevergütung refinanziert“, erläutert Markus Mai. Die Pflegekassen könnten sich dafür im Gegenzug nachweisen lassen, dass das Geld tatsächlich bei den Pflegenden und den weiteren Beschäftigten ankommt.
Die Regelungen des Pflegestärkungsgesetzes III (PSG III)würden darüber hinaus seit Beginn des Jahres 2017 eine Anlehnung an tarifliche Bestimmungen vorsehen, die bislang für nicht-tarifgebundene Unternehmen so nicht existierten. „Damit kann eine tatsächliche Verbesserung für die Kolleginnen und Kollegen in Einrichtungen, die zu nicht-tarifgebundenen Unternehmen gehören, eintreten.“
Ab sofort müssten die Pflegekassen und Sozialhilfeträger in den Vergütungsverhandlungen mit den Betreibern von Pflegeeinrichtungen auch die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe von Tariflöhnen als wirtschaftlich anerkennen. Damit könnten auch nicht-tarifgebundene Pflegeeinrichtungen höhere Pflegevergütungen mit den Kostenträgern verhandeln, um die Löhne ihrer Mitarbeiter bis auf Tarifniveau zu entwickeln. Auch an der Stelle hätten die Kostenträger nunmehr das Recht, sich von den Einrichtungen nachweisen zu lassen, welche Löhne Einrichtungsbetreiber tatsächlich ausbezahlt haben. „Diese neue Transparenz begrüßen wir ausdrücklich. Der Gesetzgeber hat mit dem PSG III außerdem klar geregelt, dass den Betreibern weiterhin eine angemessene Vergütung von Wagnis und Gewinn zusteht. Auch diese ist mit den Kostenträgern entsprechend zu vereinbaren“ fügt Mai ergänzend an.
Die Grundlage für eine angemessene, faire und transparente Vergütung der Beschäftigten in der Langzeitversorgung sei damit gegeben. Einkommensunterschiede, die allein aus der Beschäftigung in unterschiedlichen Einrichtungen resultieren, sind damit nicht länger hinnehmbar. „Wir setzen darauf, dass die Träger der rheinland-pfälzischen Pflegeeinrichtungen die sich neu ergebenen Möglichkeiten nutzen, um angemessene Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu generieren. Nicht zuletzt bedeuten diese Arbeitsbedingungen natürlich auch Wettbewerbsvorteile für die Einrichtungen.“
Die Landespflegekammer werde ihre Mitglieder über die unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen in Rheinland-Pfalz informieren.
- Internationaler Tag der Pflegenden am 12. Mai
Der internationale Aktionstag „Tag der Pflegenden“ findet jährlich am 12. Mai statt. Er wird in Deutschland seit 1967, dem Geburtstag von Florence Nightingale, begangen. Florence Nightingale (geboren am 12. Mai 1820 in Florenz; gestorben 13. August 1910 in London) war eine britische Krankenschwester. Die Tochter einer wohlhabenden britischen Familie gilt als die Pionierin der modernen Krankenpflege.
Am 12. Mai 2017 findet von 12.00 h bis 14.00 h in Berlin die Abschlussveranstaltung der Aktionskampagne „bundesweite Gefährdungsanzeige“ am Brandenburger Tor statt.
Neben Redebeiträgen von Politikerinnen und Politikern wird es wird es auch Statements von Initiatoren der Kampagne und Aktivisten der Pflegeszene geben. Dabei wird auch Kammerpräsident Markus Mainsprechen. Daneben wird erstmals Strategiepapier „Zukunft(s)Pflege“ öffentlich vorgestellt werden, an dem auch Vertreterinnen und Vertreter der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz mitgewirkt haben. Am Abend wird es um 20.00 Uhr einen CareSlam in der Alten Feuerwache geben.
Hintergrund: Mit der einstimmigen Verabschiedung des Heilberufsgesetzes durch den rheinland-pfälzischen Landtag im Dezember 2014 ist die Landespflegekammer errichtet worden. Seit dem 01. Januar 2016 haben die Pflegenden im Land damit eine kraftvolle Interessenvertretung erhalten. Die Landespflegekammer mit ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern nimmt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitglieder wahr.
Die Vertreterversammlung hat in der Sitzung vom 02. März 2016 den Vorstand der Landespflegekammer gewählt. Präsident der Kammer ist Dr. Markus Mai. Zur Vizepräsidentin wurde Frau Sandra Postel gewählt. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind Andrea Bergsträßer, Hans-Josef Börsch, Angelika Broda, Karim Elkhawaga, Esther Ehrenstein, Renate Herzer und Christa Wollstädter.