Der Krankenpfleger Ulrich Preuß (59) war während der Corona-Pandemie drei Monate freiwillig in einer Rehaklinik im Einsatz. Koordiniert wurde dieser Prozess über die Pflegeberufekammer. Im Interview berichtet Preuß, wie er seine Rückkehr in die Pflege und das Corona-Krisenmanagement erlebt hat.
Herr Preuß, was war Ihre Motivation, freiwillig zu helfen?
Ich bin Krankenpfleger und war viele Jahre im Sanitätsdienst der Bundeswehr bei der Luftwaffe tätig. Von daher habe ich reichlich Erfahrung mit Katastrophen- und Kriseneinsätzen, unter anderem in Osttimor, Indonesien, oder beim Tsunami in Thailand. Mir war einfach wichtig, in der Krise da zu sein – mit dieser Einstellung bin ich groß geworden. Da ich seit fünf Jahren pensioniert bin, hatte ich auch Zeit.
Wie lief die Vermittlung ab?
Ich habe den Aufruf der Landesregierung im Radio gehört und mich direkt bei der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein gemeldet. Hier wurde ich nach meinen Qualifikationen befragt und konnte meine Wünsche und Vorstellungen angeben. Schon eine Woche später bekam ich ein Angebot für einen dreimonatigen Einsatz in einer Rehaklinik, und sechs Tage danach ging es bereits los. Gut fand ich, dass ich bei der Pflegeberufekammer eine feste Ansprechpartnerin hatte, an die ich mich bei Fragen immer wenden konnte.
Wie wurden Sie in der Klinik eingesetzt?
Ich habe als Pfleger auf einer neurologischen Reha-Station gearbeitet. Wir hatten keine COVID-19-Patienten auf der Station, aber das war im Vorfeld nicht absehbar. Zudem hatte die Klinik mit einem höheren Patientenaufkommen gerechnet, da die Akutkliniken ihre Betten für mögliche COVID-19-Patienten freimachen mussten. Die Kollegen in der Rehaklinik waren sehr froh über meinen Einsatz, da die Station – wie fast überall – personell unterbesetzt war.
Wie haben Sie Ihre Rückkehr in die Pflege erlebt?
Meine Hilfe wurde dankbar angenommen und die Patienten fühlten sich gut aufgehoben. Ich habe wieder gemerkt: Man bekommt in der Pflege viel zurück – das ist auch der Grund, warum ich diesen Beruf gelernt habe. Trotzdem waren diese drei Monate Vollzeit natürlich körperlich und geistig sehr fordernd. Aber ich würde es wieder machen. Ich arbeite jetzt als Tagesaushilfe weiter mit einem 450 Euro-Vertrag – die Klinikleitung hatte mich nach meinem Einsatz gleich gebeten zu bleiben.
Sie sind sehr erfahren mit Kriseneinsätzen. Wie bewerten Sie das Management der Corona-Pandemie in Schleswig-Holstein?
Insgesamt habe ich das hiesige öffentliche Gesundheitswesen als in keiner Weise auf eine solche Krise vorbereitet erlebt. Pandemiepläne waren veraltet oder nicht vorhanden, es fehlte an Schutzausrüstung, Klinikmitarbeiter wurden nicht getestet, die organisatorischen Strukturen waren unzureichend. Politisches Kompetenzgerangel erschwerte regionale pragmatische Lösungswege.
Was sind Ihre Empfehlungen für ähnliche Vorfälle?
Ich halte es für sinnvoll, dass sich die Verantwortlichen des Landes mit der Pflegeberufekammer zusammensetzen, um künftig besser auf solche und auch andere Krisen vorbereitet zu sein. Die Koordinierungsstelle für freiwillige Pflegepersonen sollte weitergeführt werden, um im Bedarfsfall schnell auf personelle Ressourcen zurückgreifen zu können. Wichtig halte ich auch, dass die Freiwilligen bei ihrem Einsatz gut sozial abgesichert sind – auch zum Beispiel im Todesfall – und keine steuerlichen Nachteile haben. Das ist im Moment nicht der Fall. Was viele nicht begreifen: Noch ist die Pandemie nicht vorbei – es kann jederzeit wieder losgehen!