Berlin, 04.07.2018: Seit gestern gibt es in Deutschland also eine „Konzertierte Aktion Pflege“ – gestartet von Bundesfamilienministerin Giffey, Bundesarbeitsminister Heil und Bundesgesundheitsminister Spahn. Die gemeinsame Initiative von gleich drei Bundesministerien zeigt immerhin, dass die Lage sehr ernst sein muss und hohe Dringlichkeit braucht. „Das war schon lange bekannt, die Probleme hätten bereits vor Jahren wirksam angepackt werden müssen“, sagt Prof. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). „Der Pflegenotstand hat in Deutschland mittlerweile Dimensionen angenommen, die man kaum für möglich gehalten hätte. Ein wirtschaftlich blühendes, reiches Land leistet sich ein teures Gesundheitssystem, in dem die Hilfesuchenden unzureichend versorgt sind und die Pflegefachpersonen verschlissen werden. Immer wieder gab es Runde Tische zu Pflege, ein Jahr der Pflege wurde 2011 ausgerufen, zahllose Expertengespräche geführt – an den im Alltag erlebten Bedingungen in der Pflege hat sich dadurch nichts verbessert. Da wundert es nicht, dass professionell Pflegenden das Vertrauen in den Gestaltungswillen und die Reformkompetenz der Politik abhanden gekommen ist. Dieses Mal muss es endlich anders laufen: Wir brauchen konkrete Lösungen, Ergebnisse, mutige und wohlbegründete Vorschläge für positive Veränderungen sowie Selbstverpflichtungen für eine Realisierung. Die Konzertierte Aktion Pflege ist vermutlich die allerletzte Chance, das Steuer noch einmal herumzureißen. Jetzt heißt es Sensibilität beweisen, hinhören, nachfragen, innovative Ideen und Ansätze prüfen – und genügend Courage und Stehvermögen an den Tag legen, damit gute Lösungen auch eine Chance bekommen“, so die DBfK-Präsidentin.
Wer den Pflegefachkräftemangel beheben will, muss ein großes Portfolio an Maßnahmen einsetzen, dazu gehören sicherlich auch Ausbildungsinitiativen, Digitalisierung und Anwerbung aus dem Ausland. Aber der Erfolg steht und fällt mit der richtigen Reihenfolge: Denn es sind die Stammbelegschaften, die das Mehr an Ausbildung leisten müssen. Von ihnen hängt es ab, ob – neben der Hauptaufgabe einer guten und sicheren pflegerischen Versorgung – die Integration von Beschäftigten aus dem Ausland gelingt und die kulturellen Unterschiede und zum Teil gravierenden Sprachprobleme kompensiert werden können. Zuallererst sind daher alle Möglichkeiten zu nutzen, um das Potenzial der bestehenden Belegschaften besser auszuschöpfen und für spürbare Entlastung zu sorgen – z.B. durch wirksame Anreize zur Aufstockung von Teilzeit. Erst wenn die Teams ihre Strukturen gefunden haben und zu einem angemessenen Arbeitstempo zurückkehren konnten, sind sie auch wieder in der Lage und bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Pflegefachpersonen gewinnt und bindet man für diesen Beruf nur, wenn sie verlässliche und gute, motivierende Arbeitsbedingungen vorfinden. Das gilt für Ausbildungsinteressierte genauso wie für langjährig Beschäftigte oder Fachkräfte aus dem Ausland. Lange hatte dies keinerlei Priorität – jetzt zeigen sich die Folgen mit aller Deutlichkeit.
Die Konzertierte Aktion soll an 5 Schwerpunktthemen arbeiten:
- Ausbildung und Qualifizierung
- Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
- Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung
- Pflegekräfte aus dem Ausland
- Entlohnungsbedingungen in der Pflege.