DE: Bundespolitik muss Pflegeoffensive zügig angehen

17. November 2017 | News Deutschland | 0 Kommentare

Forderungen der Landespflegekammer finden sich in bekanntgewordenen Ergebnissen der Sondierungsgespräche wieder | Umsetzung muss konsequent erfolgen

Als einen „ersten, guten aber sehr kleinen Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet der Präsident der rheinland-pfälzischen Landespflegekammer, Dr. Markus Mai, die ersten pflegepolitischen Absichtserklärungen der potentiellen Koalition aus  CDU, FDP, Bündnis90/Die Grünen und der CSU . Seit Langem gestellte Forderungen der Landespflegekammer zur Verbesserung der Situation der Pflegenden wie der Pflegeempfängerinnen und Pflegeempfänger würden sich in dem  Vorab-Papier ansatzweise wiederfinden.

Die möglichen Koalitionäre in Spe haben im Rahmen der Sondierungsgespräche vereinbart, „die Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege umgehend und deutlich spürbar zu verbessern.“  Es  sollen „Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Altenpflege und im Krankenhausbereich ergriffen“ werden. Dafür ist die „zielgerichtete Förderung zusätzlicher Stellen“ avisiert. Dieses Programm soll unter anderem eine  „Ausbildungsoffensive, Anreize für eine bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm, eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung von Pflegehelfern zu Pflegefachkräften“ umfassen.

„Die Absichtserklärungen, die zum Themenkomplex „Pflege“ erarbeitet wurden, lesen sich gut. Natürlich sind das noch reine Luftschlösser, die in möglichen Koalitionsverhandlungen detailliert und konkret mit Inhalten unterfüttert werden müssen. Auch der immer drohende Finanzierungsvorbehalt lässt uns zunächst nur verhalten optimistisch nach vorne schauen“ ordnet Mai die Sondierungen ein. Die allergrößte Hürde bestehe freilich im möglichen Scheitern der Sondierungsgespräche.

„Absolut positiv“ bewertet er hingegen  die Idee der vollständigen Übernahme der Tarifauswirkungen in die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser. „Für den Bereich der Langzeitpflege wäre eine entsprechende Regelung ebenfalls dringend erforderlich“, so Mai. Der Kammerpräsident begrüßt darüber hinaus die Planung, das Schulgeld für alle Ausbildungen in den Heil- und Gesundheitsfachberufen abzuschaffen.

„Mit Blick auf die zunehmende Belastungssituation in der Akut- und Langzeitpflege haben die Sondierungspartner ein umfassendes Maßnahmenbündel angedacht und finanzielle Mittel in bis dato  nie dagewesener Höhe, sofern man rein auf die bisherigen Sonderprogramme blickt, in Aussicht gestellt. Auch wenn wir uns auch an dieser Stelle deutlich weitere Mittel vorstellen könnten, können damit die pflegerischen Personalbestände gestärkt werden. Eine Verquickung dieser Mittel mit der Forderung nach einer Reduzierung der Fachkräftequote, wie vom CDU-Politiker Rüddel gefordert, lehnen wir dabei strikt ab“, stellt Mai klar.

Die Absicht der vier Parteien, bundesweit einheitliche Personalbemessungsinstrumente zu entwickeln, hatte die Pflegekammer seit Langem  gefordert und nach dem Wahlkampf, den Bundesvorsitzenden der Parteien erneut zugetragen. „Wir brauchen gesetzlich fixierte Personalbemessungsinstrumente, um mittel- und langfristig eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung sicherzustellen. Diese werden darüber hinaus  eine Substitution der zusätzlichen und der schon in der Pflege vorhandenen Mittel verhindern“, gibt sich Mai optimistisch.

Nicht direkt bei den Überlegungen zur Gesundheits- und Pflegepolitik  der Sondierungspartner, jedoch aufgelistet in einem weiteren Papier aus dem die finanzwirksamen Maßnahmen nach der Sondierungsrunde hervorgehen, ist der Aspekt der Finanzierung von Behandlungspflegeleistungen in der stationären Langzeitpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung. Hier werden aber nicht zusätzliche Mittel vorgesehen, sondern es soll im ersten Schritt ein Transfer in Höhe von 3 Mrd. € aus der Pflegeversicherung in die Krankenversicherung erfolgen. Die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Behandlungspflege werden sich dann nicht mehr auf die Pflege- sondern auf die Krankenversicherung auswirken. Damit wird ebenfalls eine der Forderungen der Landespflegekammer aufgegriffen.

„Grundsätzlich scheinen  die Verhandlungen in Puncto Pflege in die richtige Richtung zu gehen, weil offenbar auch in Berlin endlich verstanden wurde, welche Bedeutung unsere Berufsgruppe für die gesamte Gesellschaft hat. Sofern eine Jamaika-Koalition zustande kommt, müssen die angedachten Maßnahmen sehr zügig und vor allem ohne Abstriche umgesetzt werden. Ein erneutes Verschaukeln der Kolleginnen und Kollegen, wie in der Vergangenheit oft genug beobachtet, werden wir nicht akzeptieren“, so Mai.

Darüber hinaus unterstützt die Landespflegekammer nachhaltig die Forderung nach Durchführung eines Masterplanes „Pflege“ wie er von Vertretern des Deutschen Institutes für angewandte Pflegeforschung angeregt wurde und bietet auch hier die intensive Mitarbeit im Interesse der Mitglieder an. Die in Aussicht gestellten Sofortmaßnahmen können nur den Beginn einer nachhaltigen Verbesserung für die berufliche Pflege darstellen.

 

Hintergrund: Mit der einstimmigen Verabschiedung des Heilberufsgesetzes durch den rheinland-pfälzischen Landtag im Dezember 2014 ist die Landespflegekammer errichtet worden. Seit dem 01. Januar 2016 haben die Pflegenden im Land damit eine kraftvolle Interessenvertretung erhalten. Die Landespflegekammer mit ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern nimmt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitglieder wahr.

Die Vertreterversammlung hat in der Sitzung vom 02. März 2016 den Vorstand der Landespflegekammer gewählt. Präsident der Kammer ist Dr. Markus Mai. Zur Vizepräsidentin wurde Frau Sandra Postel gewählt. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind Andrea Bergsträßer, Hans-Josef Börsch, Angelika Broda, Karim Elkhawaga, Esther Ehrenstein, Renate Herzer und Christa Wollstädter.

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)