Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Patientenorganisationen, Berufsverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), die Untergrenzen für Pflegepersonal in Krankenhäusern in der sich abzeichnenden Form nicht zu vereinbaren. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) waren 2017 vom Bundesgesundheitsministerium damit beauftragt worden, Pflegepersonaluntergrenzen festzulegen. Eine Einigung soll im Juni vorliegen. Doch bereits jetzt zeichnet sich ein Verhandlungsergebnis ab, das dem Ziel der Bundesregierung, Patientensicherheit in den Krankenhäusern zu gewährleisten oder zumindest deutlich zu verbessern, nicht gerecht wird. Ein Kritikpunkt ist, dass ausschließlich die schlechtesten bestehenden Personalausstattungen in den Blick genommen werden „Lediglich die allerschlimmsten Ausbrüche nach unten werden durch die Einführung solcher Untergrenzen behoben – und das noch nicht einmal sicher, da für die Einhaltung ein monatlicher Durchschnittswert genügen soll“, kritisierte Sylvia Bühler aus dem ver.di-Bundesvorstand. „Patienten dürfen erwarten, gut behandelt, versorgt und gepflegt zu werden. Vorgaben, die nur verhindern sollen, dass es im Krankenhaus zu keinen Gefährdungen kommt – zum Beispiel zu einem Dekubitus durch langes Liegen – sind eine politische Bankrotterklärung.“
In der gemeinsamen Erklärung mahnen die Organisationen an, der gesetzliche Anspruch der Versicherten auf eine bedarfsgerechte Versorgung müsse mit Personalvorgaben erfüllt werden. Deutschland liegt bei der Personalausstattung im Krankenhaus weit unter dem Niveau vergleichbarer Industriestaaten. „Untergrenzen, die sich an den Fachabteilungen mit der schlechtesten Personalausstattung orientieren, zementieren das miserable Niveau der Pflegepersonalausstattung in den Krankenhäusern“, so Bühler. Ob das Sofortprogramm Pflege dem entgegenwirken könne, sei noch völlig offen. Unter den bestehenden ökonomischen Rahmenbedingungen gebe es das hohe Risiko, dass Krankenhäuser ihr Personal weiter reduzieren, so die Organisationen in ihrer Erklärung. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 19/2017) lässt daran zweifeln, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Nachweispflicht und Zweckbindung der Pflegepersonalkosten mit der notwendigen Konsequenz umgesetzt wird.
Die Organisationen kritisieren des Weiteren die Festlegung auf sechs Bereiche, für die Vorgaben gemacht werden sollen. „Dadurch entstehen Verschiebebahnhöfe, wenn Personal aus anderen Bereichen abgezogen wird, um die Vorgaben in diesen sechs Bereichen zu erfüllen“, mahnt Bühler. Außerdem seien zu viele Schlupflöcher vorgesehen, die den Kliniken eine schlechte Personalausstattung nach wie vor ermögliche. „Untergrenzen, wie sie jetzt geplant sind, entlasten die stark beanspruchten Pflegekräfte nicht und sorgen nicht für eine gute Versorgung.“
Nun müssten nach Auffassung der Organisationen die richtigen Schritte unternommen werden, damit für Pflegekräfte und Patienten spätestens 2020 Verbesserungen messbar seien. Die Dringlichkeit einer Entlastung sozialer Berufe belegt auch der heute vorgelegte Report der Hans-Böckler-Stiftung; die jetzt geplanten Untergrenzen leisten dazu keinen Beitrag.
Die Erklärung ist beigefügt. Unterstützt wird sie neben ver.di auch vom Akti-onsbündnis Patientensicherheit (APS), Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), Deutscher Pflegerat (DPR), Organisationen der Patientenvertretung (BAGP, DAG SHG, BAG Selbsthilfe, SoVD, vdk, ISL).