Seit Januar müssen Krankenhäuser Strafen zahlen, auch wenn sie Patienten aus sozialen Gründen nicht schnell genug entlassen – Strafzahlungen gefährden Versorgungskontinuität und damit die Sicherheit der Patienten
„Die im MDK-Gesetz festgelegte Strafe von 300 Euro für Falschabrechnungen ist eine Zumutung und muss schleunigst abgeschafft oder deutlich modifiziert werden. Selbstverständlich wünschen auch wir uns eine situationsgerechte Anschlussversorgung nach einem stationären Aufenthalt. Die Folge des im Dezember 2019 beschlossenen Gesetzesentwurfes des Bundestages führt jedoch längerfristig dazu, dass Menschen mit Pflegebedarf auf der Straße sitzen werden. Damit gefährdet die Politik die Versorgungskontinuität und damit das gesamte solidarische Gesundheitswesen. Als Gegenmaßnahme muss die sektorenübergreifende Zusammenarbeit ab sofort in den Vordergrund gerückt werden. Hierfür ist es auch notwendig, dass die regionalen Pflegekonferenzen verstärkt in diese Prozesse involviert werden. Doch nicht nur sie, auch die jeweiligen Krankenhäuser stehen zusammen mit allen nachgelagerten Anbietern in der Pflicht. Daher schlagen wir den politisch Verantwortlichen auf Landesebene einen Versorgungsgipfel vor, auf dem unter anderem diese Problemlage in den Fokus genommen wird“, so Dr. Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz.
Patienten mit komplexen Verletzungen oder Erkrankungen sind oft auf Kurzzeitpflege, Reha oder ambulanten Dienst angewiesen. Das im Dezember vom Bundestag beschlossene Gesetz sieht vor, dass Krankenhäuser, die eine solche Betreuung nicht finden und stattdessen einen Patienten länger in der Klinik lassen, eine Strafe in Höhe von 300 Euro zahlen müssen. Ein Affront laut Mai, da man Krankenhäuser für die Übernahme sozialer Verantwortung bestraft. So zum Beispiel im Fall von Demenzkranken, deren Angehörige zum Zeitpunkt der Entlassung nicht zugegen sind und daher weiter stationär beaufsichtigt werden.
„Die Kommunen stehen bei diesem Sachverhalt in einer zentralen Verantwortung der Versorgungssteuerung vor Ort und kommen dieser leider noch nicht ausreichend nach. Umso wichtiger ist es, dass sich die Landespolitik dieser Fragestellung annimmt. Es kann nicht angehen, dass man Krankenhäuser für die politische Fehlsteuerung der letzten 20 Jahre bestraft. Vor allem nicht dann, wenn sie soziale Verantwortung übernehmen. Die Kammer hat sich ja schon mehrfach zu den Versorgungsbrüchen zwischen den Sektoren positioniert und ist der Meinung, dass die kontinuierlich wirkende Ideologie der „Besitzstandswahrung“ eine wesentliche Ursache der derzeitigen brüchigen Versorgungsstrukturen ist“, sagt Mai.
Hintergrund: Mit der einstimmigen Verabschiedung des Heilberufsgesetzes durch den rheinland-pfälzischen Landtag im Dezember 2014 ist die Landespflegekammer errichtet worden. Seit dem 01. Januar 2016 haben die Pflegenden im Land damit eine kraftvolle Interessenvertretung erhalten. Die Landespflegekammer mit ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern nimmt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitglieder wahr.
Die Vertreterversammlung hat in der Sitzung vom 2. März 2016 erstmals den Vorstand der Landespflegekammer gewählt. Präsident der Kammer ist Dr. Markus Mai. Zur Vizepräsidentin wurde Sandra Postel gewählt. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind aktuell Prof. Dr. Anderl-Doliwa, Andrea Bergsträßer, Hans-Josef Börsch, Esther Ehrenstein, Renate Herzer, Oliver Weidig und Nina Benz.