Auf in die Zukunft – Ambient Assisted Living (AAL) als Nutzen für den Alltag

6. November 2017 | Demenz, Fachwissen | 0 Kommentare

Mit Betrachtung des demographischen Wandels, kann mit Sicherheit prognostiziert werden, dass die Bevölkerung immer älter wird. Dies trifft auch für Österreich zu und wird durch die Daten der Statistik Austria bestätigt. Grundsätzlich steigt der Anteil der Menschen über 65 Jahre bis 2030 von dzt. 17,7% (2011) je nach statistischer Prognosevariante auf rund ein Viertel an (Hauptprognosevariante: 24,0%). Längerfristig werden rund 30% der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein (Statistik Austria, 2012). Nachweislich wird dies auch die Versorgungsstrukturen hinsichtlich Gesundheitsaspekte beeinflussen. Ein Anstieg an Erkrankungen mit ausgeprägtem Altersbezug wird in diesem Zusammenhang ebenso prognostiziert (Peters et al., 2010). Unterstützungsmöglichkeiten für jene Zielgruppen (hohes Alter, Multimorbidität, Single-Haushalt, wenig/keine Angehörige) sind also gesundheitspolitisch relevant und prospektiv gefragt. Moderne Technologien wie Internet, Computersysteme und -anwendungen oder Hardware sollten also auch gerade in diesem Bereich unterstützend Einzug finden.

Ein Überdenken der Gestaltung der Lebensräume und des Lebensumfeldes ist daher Prämisse. Hier können AAL (Ambient Assisted Living) Programme ansetzen und mittels assistiver Technologien den Lebensalltag und die Lebensaktivitäten sowie die Lebensqualität fördern und unterstützen.

Wesentlich dabei ist aber, dass immer der Mensch im Vordergrund stehen muss und nicht die Technologien per se. Es geht hier immer zentral um die Frage danach, wie AAL-Technologien den einzelnen Menschen in seiner Autonomie und im sozialen Zusammenleben mit anderen Menschen unterstützen können (Rode-Schubert et al., 2012).

Wie wird unsere Zukunft aussehen?

Frau A ist nun schon über  90 Jahre alt, sie lebt mit ihrem Mann in Deutschland. Früher sind sie viel gereist. Seit einigen Jahren ist dies nicht mehr möglich. Sie ist vor drei Jahren gestürzt und braucht nun Krücken zum Gehen. Ihre beiden Söhne leben im Ausland. Einer auf einer Insel in der Karibik und der andere Sohn lebt mit seiner Gattin in Asien. Trotzdem ist sie nicht einsam! Sie kommuniziert mit allen Mitgliedern der Familie regelmäßig nicht nur über Skype sondern ist auch über Facebook mit allen verbunden – und so treffe ich sie gerade beschäftigt am iPad an, als wir sie in ihrem Haus besuchen kommen.

Sie bastelt seit Jahren Schmuck, als Therapie aufgrund ihrer Arthritis und ihre Schwiegertochter aus Thailand schickt ihr die dafür ausgewählten Perlen. Die Perlen werden akribisch von Frau A online vor dem Kauf betrachtet und selbst ausgewählt. Die andere Schwiegertochter hat in ihrem Hotel in der Karibik einen Verkaufsstand für jene Ketten und Ohrringe, die Frau A herstellt. Regelmäßig werden Fotos ausgetauscht und auch Informationen, was nun alles schon verkauft wurde und was wieder benötig wird.

Ich bin begeistert! Einfache technische Devices können Menschen im hohen Alter toll unterstützen! Sie aktivieren und halten fit. Dies war für mich der Auslöser, mich näher mit dem Thema AAL (Ambient Assisted Living) zu beschäftigen.

Was bedeutet nun Ambient Assisted Living (AAL)?

AAL wird definiert als „altersgerechte Assistenzsysteme für ein umgebungsunterstütztes, gesundes und unabhängiges Leben“. Oftmals auch übersetzt als Active Assisted Living beschreiben diese Begriffe einen Paradigmenwechsel in der Interaktion zwischen Mensch und Lebensumgebung, denn AAL-Technologien sind Assistenzsysteme, die direkt in das Lebensumfeld des Menschen integriert sind. Sie werden an die speziellen Anforderungen der Nutzerin / des Nutzers angepasst und sollen die Lebensqualität im jeweiligen Nutzungskontext in jedem Lebensalter erhöhen (Rode-Schubert et al., 2012). .

AAL ist somit ein Bereich, der sich mit dem Einsatz von Kommunikations- und Informationstechnologien befasst, die den Alltag von Menschen unterstützen sollen. Zum Beispiel sollen damit Unterstützungsmöglichkeiten für den Alltag von Seniorinnen und Senioren oder Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen geschaffen werden. Die modernen Technologien können dazu beitragen, den Alltag sicherer und angenehmer zu gestalten, und so dabei helfen, möglichst lange ein selbstständiges, selbstbestimmtes sowie sozial integriertes Leben zu führen. (https://www.gesundheit.gv.at/leben/altern/wohnen-im-alter/ambient-assisted-living)

Grundsätzlich sollten die technischen Systeme/Tools den Benutzer unterstützen, sie sollten den Alltag, die Tagesplanung und Struktur, sowie auch das soziale Netz positiv beeinflussen. Ein aufwendiges Erlernen im Umgang mit den Systemen sollte nicht notwendig sein. Sodass auch jene älteren Menschen, die nicht technik-affin sind, damit gut zurechtkommen und nur minimale Einschulungen und auch wenig laufende Begleitung brauchen.

Das Anwendungsspektrum von AAL-Systemen ist sehr heterogen. So können sowohl gesunde, aktive ältere Menschen von diesen profitieren, wie auch multimorbide hochbetagte Menschen. Bei letzter Gruppe dient AAL dazu, die Selbstfürsorgedefizite wenn möglich zu verringern oder auszugleichen. Wohingegen gesunde, aktive Seniorinnen und Senioren dadurch profitieren, dass ihnen unterstützende Lifestyle-Funktionen mittels AAL zur Verfügung stehen. Die Unterstützungsmöglichkeiten beziehen das soziale Netz (Angehörige, Pflege- und Betreuung, Nachbarschaft, uvm.) aktiv mit ein, zum Beispiel durch die Gestaltung eines optimierten Kommunikations-Netzes. Anwendungsmöglichkeiten zur Sturzprävention sollen der Steigerung der persönlichen Sicherheit, bzw. des Sicherheitsgefühls dienen. Sie finden Anwendung in privaten Haushalten sowie in Pflege- und Betreuungseinrichtungen. Ebenso existiert im Gesundheitsmarkt eine Fülle an telemedizinischen Lösungen die zur Erhebung von Vitalparameter und zur kontinuierlichen Überwachung auch in Verbindung mit telemedizinischen Zentren stehen. Ein somit möglicher (sicherer) und barrierefreier Datenaustausch kann die Erhaltung und die Förderung der Gesundheit unterstützen (Rode-Schubert et al., 2012).

2012 wurde in Österreich AAL Austria gegründet. AAL Austria stellt eine Plattform, mit dem Ziel die heterogene Stakeholderlandschaft im Bereich von AAL zu vernetzen, um so den Auf- und Ausbau einer österreichischen AAL-Community und die Sichtbarkeit des Themas AAL auf allen Ebenen der öffentlichen Wahrnehmung zu fördern, dar (www.aal.at).

Forschungsprogramme bzw. -projekte versuchen bereits dem derzeitigen demografischen Wandel entgegen zu wirken. AAL Programme dienen dazu, die Lebensbedingungen für ältere Generationen zu verbessern und die wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten durch die Verwendung von Informations- und Kommunikations-technologien (IKT) auszubauen. Durch diese gezielte Primär-, Sekundär-.und Tertiärprävention mit Hilfe von AAL-Technologien kann die Gesundheit erhalten werden, Menschen mit chronischen Erkrankungen unterstützt werden und im optimalen Fall auch Krankenhausaufnahmen oder Aufnahmen in ein Pflegeheim vermieden werden. Ein möglichst langer Verbleib in den „eigenen vier Wänden“ (nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“) durch Stärkung der Ressourcen und Erhalt der Selbstständigkeit wird dadurch ermöglicht (Rode-Schubert et al., 2012). Daraus resultiert eine Vielzahl von grenzübergreifenden Forschungsprojekten im Bereich AAL.

Vier AAL-Projekte, die in Österreich aktuell umgesetzt werden bzw. vor kurzem Beendet wurden werde anschließend näher beleuchtet. Alle vier Projekte werden von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert. Es ist mitunter schwierig Finanzierungen für Forschungsprojekte im Bereich AAL zu lukrieren, obwohl auch Seitens der Wirtschaft immer wieder das Interesse für AAL bekundet wird.

WAALTeR – Forschungsprojekt im Raum Wien

Die Wiener AAL TestRegion „WAALTeR“ setzt bei demografischen und gesundheitspolitischen Herausforderungen an und verbindet die allgegenwärtige Digitalisierung des Alltags mit den Anforderungen aktueller Wiener Konzepte.

Um älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld mit hoher Lebensqualität zu ermöglichen, entwickelt WAALTeR Servicepakete, die auf die Bedürfnisse der NutzerInnen zugeschnittenen sind. Diese umfassen die Bereiche Soziale Integration, Sicherheit und Gesundheit sowie das Querschnittthema Mobilität. Ab Anfang 2018 werden 83 Wiener Testhaushalte mit dem integrierten WAALTeR System ausgestattet und evaluiert.

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit vier zentralen Fragen:

1) Welchen Einfluss hat die Intervention auf Mobilität, soziale Integration, Sicherheit und Gesundheit im Alter?

2) Wie sieht die notwendige Ausgestaltung der Servicepakete und der technischen Lösungen für die Zielgruppe aus?

3) Wie werden die Ergebnisse in Pflege- und Betreuungskonzepten und -prozessen verankert?

4) Welcher Nachnutzungs- und Geschäftsmodelle bedarf es für einen weiteren Einsatz?

WAALTeR besteht aus einem Team von 12 Konsortialpartner. Die vier Säulen (Mobilität, sozialen Integration, persönlichen Sicherheit und Gesundheit) sollen mittels moderner Technologie Seniorinnen und Senioren im Sinne von Empowerment unterstützen beziehungsweise fördern. Die Erhaltung der Selbstständigkeit des Einzelnen steht im Vordergrund. Im Bereich Mobilität soll AAL bei der Bewältigung von Routinewegen und bei der Förderung der Mobilität greifen, dazu zählen zum Beispiel die Erinnerung an Termine, Anfrage zur Unterstützung (z.B. Begleitung bei diversen Wegen) oder Vorschläge und Erinnerung an Mobilitätsaktivitäten wie gemeinsame Spaziergänge und vieles mehr. Durch Videotelefonie-Lösungen und das Bereitstellen von online Nachbarschaftsnetzwerken soll die soziale Integration erhalten, unterstützt und gefördert werden. Durch die Möglichkeit der Installation von automatischen Nachtlichtern, Sturzdetektoren, Einbruchsmeldern oder Herdüberwachungstechnologien soll der Sicherheitsaspekt gestützt und hervorgehoben werden. Der Bereich Gesundheitsprävention soll durch einen einfachen Zugang zu Gesundheitsinformationen mittels Apps und Sensorik abgedeckt werden. Diese sind speziell auf die Zielgruppe (Seniorinnen und Senioren) abgestimmt. Dadurch soll die Möglichkeit der Erreichung eines gesünderen Lebensstils und einer Risikoreduktion realisiert werden.

Die Beforschung erfolgt mittels Interventions- und Kontrollgruppe und wird durch eine  ethische Begleitung unterstützt. Das Projekt startet voraussichtlich im ersten Quartal 2018 mit der Umsetzungsphase. Derzeit beginnt die Rekrutierung, bei Interesse an einer Teilnahme kann das Projektteam unter https://www.waalter.wien/Kontakt kontaktiert werden.

ZentrAAL – Forschungsprojekt im Raum Salzburg

ZentrAAL ist ein abgeschlossenes Projekt der Salzburger Testregion für AAL Technologien. Das Forschungskonsortium besteht aus Partnern aus der Forschung, der Wirtschaft und dem Hilfswerk Salzburg als Steakholder aus den mobilen sozialen Diensten. Das Testsetting umfasste 60 Haushalte von (weitgehend) autonomen Seniorinnen und Senioren sowie eine adäquate Kontrollgruppe. Verwendete Test-Komponenten waren ein mobiles Tablet (dies konnte überall hin mitgenommen werden), ein sogenanntes stationäres Tablet (welches fix in der Wohnung verblieb) und eine Fitness-/Notfalluhr (eine dafür konfigurierte Smartwatch). Ebenso waren die Testwohnungen ausgestattet mit einem Türspion (Camera, mit der man sehen kann, wer vor der Türe steht), einer Herdabschaltung, einem mobilen Lichtschalter, einem elektronischen Schalter der bei offenen bzw. bei der Öffnung von Fenstern oder Türen das Licht einschaltet, der sogenannten ZentrAAL Box und einer Waage (mit WLAN Anbindung). Als Notfallfunktionen der Smartwatch wurde eine Rufhilfe mobil (Verständigung von Hilfe jederzeit und überall) sowie ein stiller Alarm (Automatische Alarmierung bei Inaktivität) konfiguriert. Der Wohnungsstatus ergab sich aus dem elektronischen Türspion, welcher zu sehen ermöglichte, wer vor der Türe stand und der Möglichkeit zur Kontrolle, ob Geräte in der Wohnung eingeschaltet oder Fenster geöffnet sind. Durch die Kalenderfunktionen konnte man Termine und Erinnerungen verwalten (einmalig oder wiederkehrend) sowie eine Erinnerung zum definierten Zeitpunkt akustisch und visuell setzen/erhalten. Als Fitnessfunktionen wurden Übungsprogramme mit Videoanleitung für unterschiedliche Übungen bereitgestellt. Die Möglichkeit zur Aufzeichnung der Aktivitäten (Zeit, zurückgelegte Strecke, Puls und Kalorienverbrauch) sowie zur Speicherung der Daten für ein nachträgliches Ansehen sowie die Vitaldatenübersicht (durch eine semi-automatische Aufzeichnung und Kontrolle von Gewicht und Puls) wurde gewährleistet. Im Bereich der Gemeinschaftsfunktionen gab es einerseits die Möglichkeit einer Veranstaltungsinformation, wo die Betreuungsperson Informationen über Veranstaltungen hinterlegen konnte und auch die Möglichkeit zur Nachbarschaftshilfe. Hier konnten die Seniorinnen und Senioren einerseits ihre Hilfe in der Nachbarschaft anbieten, oder andererseits auch um Unterstützung ansuchen. Im Bereich der Unterhaltungsfunktionen konnten Spiele, regionale Nachrichten, Zugang zum Internet, Wetter, Fotos, E-Mail in Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden auch die Mobilitätsdaten/Fitnessdaten dreimal erhoben, um feststellen zu können, ob durch das Angebot der AAL-Technologien im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung auch messbare Ergebnisse erzielt wurden. Das Forschungsinstitut für Altersökonomie der WU Wien beschäftigt sich derzeit mit der Erforschung der Ergebnisse des Projektes (https://www.wu.ac.at/altersoekonomie/projekte/laufendeprojekte/zentraal-outcomes/). Eine Veröffentlichung eines Projektberichtes ist für Dezember 2017 geplant.

Ein Kurzfilm ermöglicht hier auch einen Einblick in das Projekt:

https://www.youtube.com/watch?v=d_L12mXdHvM

WestAAL – Forschungsprojekt im Raum Tirol/Vorarlberg

Im Rahmen des Projektes WestAAL gibt es zum einen öffentlich zugängliche Musterwohnungen, in denen AAL Lösungen hautnah und selbst erlebt sowie getestet werden können und zum anderen gibt es das AAL-Praxisforum Smarter Lives, eine Veranstaltung, die Anbietern von AAL Lösungen und Dienstleistungen eine Plattform bietet und somit einen Berührungspunkt zwischen Fachwelt und Öffentlichkeit schafft. In der Testregion West-AAL wurden innovative Technologien, die ein unabhängiges und sicheres Leben im gewohnten Wohnumfeld für ältere Menschen unterstützen in der Praxis getestet. Diese Technologien wurden in 74 Testhaushalten in Tirol und Vorarlberg sowohl im städtischen, als auch im ländlichen Umfeld, über einen Zeitraum von 1,5 Jahren hinweg eingesetzt, um die Funktion und Auswirkung auf das Befinden sowie die Sicherheit und den Komfort der testenden Seniorinnen und Senioren zu evaluieren. Das Projekt lief von 01.01.2014 bis 31.05.2017.

Die Bedürfnisse an das Wohnen verändern sich im Laufe des Alterns, wie auch die Anforderungen an Komfort und Sicherheit. Die Unterstützung und Akzeptanz im Bedarfsfall funktioniert allerdings dann am besten, wenn schon vorher Vertrautheit im Umgang mit assistierenden Technologien gewonnen wurde. West-AAL versteht sich in diesem Kontext als innovatives und breit angelegtes Testregionen-Projekt. Die Testhaushalte sind an sieben unterschiedlichen Standorten angesiedelt und können drei Wohn- bzw. Betreuungsformen zugeordnet werden. Die in den Testhaushalten lebenden Personen werden im Rahmen des Projektes von professionellen/diplomierten Fachkräften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungseinrichtungen laufend begleitet und unterstützt. Rechtliche und ethische Maßnahmen wurden im Projekt interdisziplinär ausgearbeitet. In der Testregion West-AAL sind insgesamt 19 Lösungen in sieben Anwendungsbereichen mit 41 verschiedenen Anwendungsfällen im Einsatz.

RegionAAL – Forschungsprojekt im Raum Steiermark

Das Projekt RegionAAL beschäftigt sich mit der Frage, wie das subjektive Sicherheitsgefühl oder die faktische Sicherheit der Seniorinnen und Senioren erhöht werden kann. Das Ziel ist, jene Informations-Kommunikations-Technologie (IKT), die tatsächlich angenommen und verwendet wird, einzusetzen und deren Wirksamkeit im Einsatz empirisch zu belegen bzw. zu beurteilen. Die verfügbaren Technologien sollen die Lebensqualität der Seniorinnen und Senioren erhöhen und dazu dienen, so lange wie möglich im Eigenheim verbleiben zu können. Risikosituationen wie Stürze durch schlechte Beleuchtung, Brandgefahr oder Wasserschäden sollen vermieden werden. Durch die Installation eines modernen Tür-Öffnungssystems soll es Familienmitgliedern, Pflegediensten oder Rettungsdiensten einfacher ermöglicht werden, bei Bedarf in die Wohnung oder das Haus zu gelangen. Ein Meldesystem zeigt auf, ob die Fenster alle geschlossen sind. Auch sollen die körperliche Mobilität, bzw. die Fitness und das Balancegefühl durch Übungsangebote mittels Videos per APP verbessert werden. Eine soziale Inklusion sowie die Unterstützung und Förderung der Kommunikation mittels assistiven Technologien soll die Möglichkeit zur einfachen Kontaktpflege bieten und der Vereinsamung vorbeugen. Das Monitoring der Vitalzeichen sowie die Unterstützung der Gesundheitsanbieter soll durch assistive Technologien unterstützt werden und somit auch die Notwendigkeit oder eine Anpassung der Betreuungsleistung schneller und einfacher gewährleistet werden.

Dazu werden Wohnungen im urbanen Bereich mittels Analyse der Bedarfs- und Evidenzlage identifiziert und mit assistiven Technologien (zum Beispiel Kommunikation, Monitoring, Möglichkeiten zur Unterstützung der Tagesstrukturierung) ausgestattet.

In einer einjährigen Nutzungsphase werden einerseits die Akzeptanz der AAL-Technologien und andererseits die Wirksamkeit getestet und beurteilt. Ebenso soll in diesem Zusammenhang auch eine Befragung der informell und formell Pflegenden durchgeführt werden, um mit erfassen zu können, ob diese unterstützenden Technologien auch zur Entlastung der Pflegenden beitragen und parallel dazu einen längeren Verbleib im eigenen Wohnumfeld unterstützen. Das Studiendesign ist so konzipiert, dass es 100 Testhaushalte und 100 Kontrollhaushalte umfasst. Diese werden randomisiert, die TeilnehmerInnen wissen also nicht, in welche Gruppe sie kommen werden. Quantitative Befragungen werden in Form eines Fragebogens zu Beginn, nach sechs Monaten und dann am Ende durchgeführt. Auch die Pflegenden werden parallel dazu befragt. Die Zielgruppe sind Seniorinnen und Senioren im Alter ab 60 Jahren und mit Pflegegeldstufe 0 bis 4. Eine vorliegende Demenz-Diagnose ist ein Ausschluss-Kriterium. Der Prä-Test ist positiv abgeschlossen und die Testphase hat im Juni gestartet.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es eine Vielzahl an AAL Technologien gibt, die eingesetzt werden können um den Alltag und die Lebensumstände von Seniorinnen und Senioren zu unterstützen und sicherer zu gestalten, ohne diese selbst zu belasten.

Einige AAL Produkte, die im Rahmen dieser vier Forschungsprojekte vorgestellt wurden, werden hier erwähnt. Dies ist allerdings nur ein kleiner Auszug an AAL Technologiemöglichkeiten und soll nicht zu Werbezwecken, sondern zu Informationszwecken erwähnt werden, damit man sich eine Vorstellung machen kann über die vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung von Ambient Assisted Living Technologien.

2PCS

Diese Smart-Watch-ähnliche Uhr ist ein Notrufsystem mit GPS-Ortungssystem in Kombination. Die Anwendung kann über Hausnotruf auch mit PC-Anwendungsschnittstelle im Haus bei einem betreuten Wohnen zum Beispiel erfolgen. Eine Ortung mittels GPS ermöglicht ein schnelles Auffinden, die Möglichkeit  einen Notruf abzusetzen ist gegeben und Kommunikation mit einer Schnittstelle im Sinne einer Leitstelle oder der betreuenden Pflegeperson am Stützpunkt in einer Pflegeeinrichtung ist gewährleistet. Eine Sturzmeldung erfolgt auch als Notrufmeldung durch Alarm ohne, dass der Betroffene den Notrufknopf betätigen muss.

HomeMatic

Kontrolle der Haushaltsbereiche wie Energieverbrauch, Brandalarm, Beschattung, Heizung, Zutritt zur Wohnung, Einbruchsicherung, Wetterdaten

SmartHome Austria

Energiesparpaket, Beleuchtungseinstellungen, Brandschutzpaket, Bewegungssensoren als Sicherheitsmelder, Beschattung, Heizungssteuerung, Sensor der offene Türen/Fenster meldet

LISSI – Lebe Immer Selbstständig und Sicher

Als Assistenzsystem für Zuhause, welches einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden ermöglicht. Die Nutzung erfolgt über das TV-Gerät, Benachrichtigung der Angehörigen erfolgt via SMS ans Handy. Ein Anschluss an eine Servicezentrale einer Pflegeeinrichtung oder einen Pflegedienst ist möglich.

DomoOne Air Control

Technologie zur Optimierung des Raumklimas

Bucinator

Dieses System dient der Sturzprophylaxe. Ein Sensor meldet wenn die Person aus dem Bett aufsteht, bzw. sich hinein legt.

Es gäbe noch sehr viele weitere AAL Technologien die erwähnt werden könnten und es gäbe auch sehr viele erwähnenswerte Produkte und Projekte. Einen guten Überblick  über die Grundsätze von AAL und aktuelle AAL Aktivitäten gibt die Internetseite von AAL Austria (https://www.aal.at/).

Wie wird die Zukunft aussehen?

Im Konzeptpapier der WHO „Draft global action plan on the public health response to dementia“ (veröffentlicht im Dezember 2016) wird auch der Bereich AAL behandelt und dezidiert in einem der sieben Handlungsbereichen die Forschung und Innovation für den Bereich AAL angesprochen und gefordert.

Einerseits wird Unterstützung und Förderung des Zugangs und Gebrauchs von Informations- und Kommunikationstechnologie wie Internet und Smartphone für Pflegende (im Sinne vor allem der pflegenden Angehörigen) gefordert – dies soll den Bereich Edukation, Kompetenztraining und soziale Unterstützung abdecken. Als ein Beispiel wird der WHO iSupport genannt. Andererseits wird auch gefordert, dass ein Ausbau der Entwicklung der technologischen Innovationen erfolgen soll, nicht nur hinsichtlich physischem, psychischem und sozialem Bedarf der Menschen mit Demenz im Bereich Diagnose, Krankheits-Monitoring und Assessment, sondern auch hinsichtlich assistiver Technologien wie AAL diese darstellen um präventiv und assistiv beim Pflegen und im Leben zu unterstützen.

Die vier vorgestellten Forschungsprojekte haben den Fokus nicht auf Menschen mit Demenz gelegt, sondern jene Programmteilnehmer waren vor allem kognitiv fit und auch noch in gewissen Maße mobil. AAL bietet jedoch auch für Menschen mit kognitiven Einschränken einen großen Handlungsspielraum. So könnten beispielsweise auch aus den beschrieben Projekten Instrumente definiert und genutzt werden, welche Menschen mit jeglichen Beeinträchtigungen im Bereich Mobilität sowie im Bereich der Kognition gute Unterstützung geben können und deren Sicherheit im Alltag erhöhen.

Derzeit gibt es noch viele stand-alone Lösungen, die für den jeweiligen Anwendungsfall selbst sehr gute Ergebnisse liefern. Eine grundlegende Leitlinien für eine einheitliche Vernetzung von Anwendungen würde die Möglichkeit schaffen die AAL Landschaft zu vereinfachen und neue Chancen für Anwender aber auch für Technologieentwickler bieten.

Auch die Pflege ist gefordert!

Im Bereich AAL im Setting Privatwohnung braucht es bei medizinischen Dienstleistungen und bei Angeboten der ambulanten Pflege und Betreuung neben dem Ansprechpartner für häusliche Dienstleistungen auch einen medizinischen Ansprechpartner oder den eines Pflegedienstes. Hier muss eine Bündelung und Koordinierung der Angebote durch die fachkompetenten Experten erfolgen (Rode-Schubert et al., 2012). Es Bedarf auch einer organisatorischen Vernetzung zwischen Technik und Dienstleistungen wie den Pflege- und Betreuungsanbietern. Findet zum Beispiel eine Technische Lösung zur Sturzerkennung Einsatz, so muss auch ein ausgereiftes Eskalationsmanagement daran angeknüpft sein, da funktionierende AAL-Technologie hier zwar notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung darstellt.

Rode-Schubert et al. gehen davon aus, dass die Marktentwicklung von einer konzentrierten Zusammenarbeit aller Akteure profitieren kann, ein Schulterschluss zwischen Politik, Forschung und Industrie wird die Implementierung von technischen Assistenzsystemen in den Haushalten schneller ermöglichen, was angesichts der in der Einleitung erwähnten demographischen und sozialen Entwicklung angeraten scheint.

Autor

  • Karin Eder

    Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Advanced Practice Nurse, akademische Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, Demenzberaterin, Direktorin im Haus Hetzendorf, Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser