AT: Wiens Ordensspitäler: Konsequentes Hochfahren der Leistungen nach dem „Shutdown“ zum Vollbetrieb

7. Juni 2020 | Covid19, News Österreich | 0 Kommentare

Die sieben gemeinnützigen Wiener Ordensspitäler, in denen jedes fünfte Wiener Spitalsbett steht, fahren derzeit ihre Leistungen wieder hoch. Im Laufe des Juni soll annähernd die Ausgangsposition vor dem Shutdown der Bundesregierung Mitte März wieder erreicht werden. Das konsequente Einhalten von Sicherheitsvorkehrungen, um Patienten und Mitarbeitende bestmöglich vor einer Infektion mit SARS Cov-2 zu schützen, steht dabei im Vordergrund. Wiens Ordensspitäler sind auch ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbildner von Ärzten und Pflegekräften. Die Finanzierungsvereinbarung zwischen den Ordensspitälern mit der Stadt Wien läuft aus, die Verhandlungen zu ihrer Fortsetzung sollen noch vor dem Sommer zu einem Ergebnis führen. Damit die Häuser auch in Zukunft ihre Beiträge zur Gesundheitsversorgung in gewohnter Quantität und Qualität erbringen können, bedarf es weiterhin einer Finanzierung durch die Stadt, die ihrem Leistungsvolumen entspricht. Eine möglichst langfristige Finanzierungsvereinbarung muss es deshalb unbedingt auch für die Jahre nach 2020 geben, wenn die Ordensspitäler voll leistungsfähig bleiben sollen.

Wien, Donnerstag 4. Juni 2020 – Die sieben gemeinnützigen Wiener Ordensspitäler1), in denen jedes fünfte Wiener Spitalsbett steht, fahren derzeit konsequent und behutsam ihre Leistungen wieder hoch. „Der schrittweise Übergang zu einem Regelbetrieb nach dem ‚Shutdown‘ der Bundesregierung Mitte März erfolgt selbstverständlich bei einem konsequenten Einhalten von Sicherheitsvorkehrungen, um Patienten und Mitarbeitende bestmöglich vor einer Infektion mit SARS Cov-2 zu schützen“, sagt Prim. Dr. Manfred Greher, Sprecher der Plattform der Wiener Ordensspitäler (Ärztlicher Direktor des Herz-Jesu Krankenhauses) bei einem Online-Pressegespräch. „Wir gehen davon aus, im Laufe des Juni annähernd die Ausgangsposition vor dem ‚Shutdown‘ wieder erreichen zu können. Gleichzeitig werden wir bei diesem Prozess so vorgehen, dass wir weiterhin im Notfall für ein erhöhtes Aufkommen von Menschen mit Covid-19 gerüstet sind.“

Als gemeinnützige Krankenhäuser war es für Wiens Ordensspitäler selbstverständlich, sofort alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Daher haben sie entsprechend den Vorgaben der Bundesregierung zum „Shutdown“ am 15. März 2020 alle verschiebbaren Operationen vorläufig ausgesetzt. Die Zahl planbarer Eingriffe musste massiv reduziert werden, um für den Höhepunkt der Pandemie gerüstet zu sein. Insgesamt haben sie ihre Kapazitäten in Abstimmung mit der Stadt Wien und dem Bund darauf vorbereitet, eine entscheide Rolle in der Versorgung von Menschen mit Covid-19 zu übernehmen. Akute Fälle, etwa mit onkologischem Hintergrund, oder stark beeinträchtigenden Beschwerden, wurden selbstverständlich weiter betreut. Hatten die Ordensspitäler im Jänner und Februar noch eine durchschnittliche Auslastung von rund 90 Prozent, waren es im März nur noch 50 Prozent. Prim. Greher: „Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Trägervielfalt absolut notwendig für ein funktionierendes und sicheres Netz der öffentlichen Gesundheitsversorgung ist.“

„Anlässlich der aktuell niedrigen Zahl von Neuinfektionen und Corona-Intensivpatienten möchten wir möglichst schnell auch möglichst viele Menschen wieder versorgen, die nicht lebensbedrohlich erkrankt sind“, sagt Prim. Greher. In Wien findet die Abstimmung über ein koordiniertes Vorgehen zwischen der Stadt und den Trägern in regelmäßigen Abständen statt, zunächst wöchentlich, jetzt zweiwöchentlich.

Keine uneingeschränkte Rückkehr zum Spitalsalltag vor SARS Cov-2 möglich

„Es gibt allerdings im Krankenhausbetrieb vorerst keine uneingeschränkte Rückkehr zum Spitalsalltag vor SARS Cov-2. Heute bestehen neue medizinische Notwendigkeiten unter Corona-Vorzeichen, die wir verantwortungsvoll mitgestalten müssen“, so Prim. Greher. „Das Hochfahren des Betriebs ist weit schwieriger als die Vollbremsung im März, weil unter einschränkenden Bedingungen ein sicherer Betrieb mit klar definierten Abläufen für alle Beteiligten organisiert werden muss. Wir wollen die Versorgung steigern, ohne das Infektionsrisiko zu erhöhen.“

  • Es mussten zum Beispiel geeignete Zugangskonzepte für Mitarbeitende, Patienten und Lieferanten entwickelt, umgesetzt und angepasst werden.
  • Patienten müssen in geregelten Prozessen auf SARS Cov-2 getestet werden – das muss entsprechend organisiert werden, und kann zum Beispiel vor der Aufnahme extern oder intern erfolgen. Es wurden auch operative Vorbereitungsambulanzen errichtet, um die Testungen ambulant abwickeln zu können. Diese Testbereiche sollten über spezielle Zugänge verfügen und räumlich von anderen Bereichen getrennt sein – diese Bedingungen müssen oft erst hergestellt werden.
  • Mitarbeitende mit Covid-19-Symptomen müssen ebenfalls getestet werden, entweder im Spital oder in einem speziell dafür entwickelten Drive in.
  • Es muss das Einhalten der Abstandsregelungen zwischen den Patienten in den Wartebereichen und Zimmern und sichergestellt werden – zum Beispiel werden nicht alle Betten belegt werden können. Für Mitarbeitende müssen spezielle Vorkehrungen im Speisensaal und bei Besprechungen getroffen werden, damit die Abstandsregelungen eingehalten werden können.
  • Nicht zuletzt wurden digitale Angebote und Online-Beratung ausgebaut.

Prim. Greher: „Solange wir mit dem Covid-19 Virus leben und arbeiten müssen, werden alle Abläufe im Spital mit mehr Aufwand verbunden sein. Das bedeutet auch, dass wir für Patienten mehr Raum und Zeit brauchen.“

Kennzahlen zum Leistungsumfang der Wiener Ordensspitäler 2019

Jeder 5. stationäre Patient wurde 2019 in Wien in einem Ordensspital (1.804 Betten) behandelt. Es wurden 495.300 Patienten betreut, davon 116.500 stationär, 348.341 ambulant und 30.409 tagesklinisch. 68.013 Operationen wurden durchgeführt, davon 48.871 stationär und 19.142 tagesklinisch.

Beispiele für Bereiche, in denen Ordensspitäler 2019 in Wien überproportional viele Menschen versorgten:

  • Krankenhaus Barmherzige Brüder: 22 % aller Katarakt-Operationen (Grauer Star) in Wien, 60% der laparoskopischen radikalen Prostataentfernungen, 22% der akuten Schlaganfallversorgungen, 41% der intercraniellen Thrombektomien (mechanische Blutgerinnsel-Entfernung)
  • Franziskus Spital: 2% aller Hernien-Operationen („Bruch“), 9% aller Katarakt-Operationen (Grauer Star). Versorgung von 13% aller Patientinnen in der Brustgesundheit.
  • Herz-Jesu-Krankenhaus: 30% aller Implantationen künstlicher Schulter-, Ellbogen- und Handgelenke, 20% der Implantationen von Knie- und Hüftgelenken, 18% der Arthroskopien
  • St. Josef Krankenhaus: Ausbau zur größten Geburtsklinik Wiens, im Vorjahr 3.417 Geburten. Versorgt in der Brustgesundheit 30% aller Patientinnen in Wien.
  • Orthopädisches Spital Speising: 31% der Knie- und 26% der Hüftgelenksersatz-Operationen
  • Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien: 14% aller großen Darmoperationen, 12 % aller Harnblasenentfernungen. Betreut 15 % der Patienten mit Krebs im Magen-Darm-Trakt. Verschiedene Therapien für Menschen mit Essstörungen, die Besonderheit ist die umfassende Behandlung auf einer internistisch-psychosomatischen Station.
  • Göttlicher Heiland Krankenhaus Wien: 15% der gefäßmedizinischen Eingriffe, 14% der Leistenhernien-OP („Leistenbruch“). In der Akutgeriatrie und Palliativmedizin 22%.

Die Wiener Ordensspitäler als wichtiger Arbeitgeber und Ausbildner

Wiens Ordensspitäler sind mit rund 5.140 Mitarbeitenden (2019) ein wichtiger Arbeitgeber. 3.020 davon arbeiteten Vollzeit, 2.120 Teilzeit.

Die Häuser spielten darüber hinaus 2019 auch als Ausbildner eine wichtige Rolle: Sie beschäftigten 75 Turnusärzte in Basisausbildung. Zusätzlich wurden 49 Allgemeinmediziner und 149 Fachärzte ausgebildet. 262 Studierende leisteten das Klinisch-Praktische Jahr (KPJ) ab. Eine Pflegeausbildung haben im vergangenen Jahr 110 Personen abgeschlossen.

Alle Wiener Ordensspitäler engagierten sich bei karitativen Projekten unterschiedlicher Art.

Gut eingespielte Zusammenarbeit der Wiener Ordensspitäler mit der Stadt

„Die Zusammenarbeit der Wiener Ordensspitäler mit der Stadt ist gut eingespielt, und die Stadt bekommt unsere Leistungen zu einem für sie sehr attraktiven Preis“, sagt Prim. Greher. „Damit tragen wir dazu bei, Kosten im Gesundheitswesen zu sparen. Von gewinnorientierten Privat- und Belegspitälern oder Klinikbetreibern unterscheiden wir uns darin, dass wir Non-Profit-Spitäler sind, bei denen jeder Euro in den Unternehmen verbleibt und der Versorgung unserer Patienten zu Gute kommt. Damit leisten wir in einer Zeit, in der die finanziellen Ressourcen knapper werden, wichtige Beiträge zu einer leistbaren Gesundheitsversorgung.“

Im Interesse der Bevölkerung intensivere Kooperationen zwischen den Spitalsträgern

Kooperationen mit Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes und von Versicherungen bestehen in größerer Zahl und werden zunehmend ausgeweitet. So bestehen Ausbildungskooperationen von Ordensspitälern mit dem AKH Wien, den KAV-Spitälern und den Häusern der AUVA. Weitere Kooperationen gibt es z. B. im Bereich der Inneren Medizin und der Geburtshilfe oder bei der Übernahme von Patienten mit speziellen Problemen.

Die Ordensspitäler haben in den vergangenen Jahren einige neue Leistungsaufträge für die Wiener Bevölkerung übernommen und wurden dabei von der Stadt gut unterstützt. Prim. Greher: „Das stellt eine durchaus sehr positive Grundlage für eine weitere gute Zusammenarbeit im Dienst der Wienerinnen und Wiener dar.“

Finanzierung durch die Stadt muss Leistungsumfang entsprechen und die Zukunft absichern

„Damit die Wiener Ordensspitäler auch in Zukunft ihre Beiträge zur Gesundheitsversorgung in der gewohnten Quantität und Qualität erbringen können, bedarf es weiterhin einer Finanzierung durch die Stadt, die unserem Leistungsvolumen entspricht“, so Prim. Greher. „Unsere Finanzierungsvereinbarung mit der Stadt Wien läuft aus, die Verhandlungen zu ihrer Fortsetzung haben begonnen und sollen noch vor dem Sommer zu einem Ergebnis führen.“

Eine mittelfristige Planbarkeit herzustellen ist erstmals 2012 gelungen, als eine Finanzierungsvereinbarung mit der Gemeinde Wien von 2013 bis einschließlich 2016 abgeschlossen wurde. Dieses System hat sich seither sehr gut bewährt und wurde von 2017 bis 2020 in einer weiterentwickelten Form fortgesetzt. Prim. Greher: „Diese vertragliche und finanzielle Vereinbarung mit der Gemeinde Wien ermöglicht es sowohl der Stadt als auch den Ordensspitälern, im Interesse der Bevölkerung seriös zu planen und zu kalkulieren. Eine möglichst langfristige Finanzierungsvereinbarung muss es deshalb unbedingt auch für die Jahre nach 2020 geben, wenn Wiens Ordensspitäler voll leistungsfähig bleiben sollen.“

Dabei sei es wesentlich, dass die erheblichen Mehrkosten, die sich aus den erhöhten Sicherheitsvorkehrungen sowie aus Vorhalteleistungen im Zuge der Coronakrise für die Spitäler ergeben, in der Finanzierung berücksichtigt werden., sagt Prim. Greher: „Nicht zuletzt muss in diesem Finanzierungssystem auch gewährleistet sein, dass die Gehälter der Mitarbeitenden der Wiener Ordensspitäler weiterhin auf dem Niveau der städtischen Spitäler gehalten werden können, um hier keine Zweiklassengesellschaft unter den Beschäftigten in den Gesundheitsberufen zu erzeugen.“

Zum Hintergrund der Wiener Ordensspitäler

Die sieben Non-Profit-Spitäler haben einen öffentlichen Versorgungsauftrag und werden von der öffentlichen Hand unterstützt. Sie erbringen ihre Versorgungsleistungen im Auftrag der Stadt Wien und in sehr enger Kooperation mit ihr. Bezeichnend ist für sie die Kombination von privater Trägerschaft durch Ordensgemeinschaften oder Stiftungen mit einem gemeinnützigen Versorgungsauftrag. Wiens Ordensspitäler sind für alle Menschen offen, unabhängig von ihrem Versicherungsstatus oder ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund.

1) Barmherzige Brüder Krankenhaus (2. Bezirk), Franziskus Spital Landstraße (3. Bezirk) und Franziskus Spital Margareten (5. Bezirk), Herz-Jesu Krankenhaus (3. Bezirk), Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien (6. Bezirk), Orthopädisches Spital Speising (13. Bezirk), St. Josef Krankenhaus (13. Bezirk), Göttlicher Heiland Krankenhaus (17. Bezirk)

Die Pressekonferenz kann unter diesem Link live mitverfolgt bzw. im Nachhinein abgerufen werden: https://events.streaming.at/wos-20200604

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)