Wien (OTS) – Das Regierungsprogramm sieht eine Erhöhung des Taschengelds für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten vor anstatt ihnen Gehalt zu zahlen. Dies entspricht weder dem Nationalen Aktionsplan Behinderung noch der UN-Behindertenrechtskonvention. Zum Tag der Inklusion 2018 veranstaltete die Lebenshilfe ein Inklusionsforum, um Lösungsansätze und wichtige nächste Schritte aufzuzeigen.
Mindestens 23.000 Österreicherinnen und Österreicher arbeiten in Werkstätten und Tagesstrukturen außerhalb des offenen Arbeitsmarktes und erhalten nur sehr geringe Bezahlung. Diese Tätigkeiten werden nicht als Erwerbsarbeit gewertet, obwohl derart Beschäftigte regelmäßig zur Arbeit gehen, an Geräten arbeiten und Produkte oder Dienstleistungen herstellen, zum Teil auch in ausgelagerten Gruppen bei Firmen. Hier handelt es sich um Maßnahmen der Länder nach den jeweiligen Sozialhilfe- bzw. Behindertengesetzen, die unterschiedliche Regelungen enthalten.
„Wir fordern die Bezahlung von Gehältern und von individuell notwendiger Unterstützung anstelle von Transferleistungen für den täglichen Unterhalt und das Wohnen. Es ist eine Frage der Würde, ob erwachsene Menschen Gehalt bekommen oder ständig um Geld ansuchen müssen. Österreich braucht ein Modell, das Selbstbestimmung zulässt. Es braucht gemeinsame Schritte von Bund und Ländern, um die Rechtslage in Österreich zu verändern. Wichtig ist die Hereinnahme ins ASVG und damit auch ins Pensionssystem und eine eigene Kollektivvertragsschiene in Werkstätten, ohne dass man in die Beihilfenfalle fällt“
, so Albert Brandstätter, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich.
Inklusionsforum zeigte: Vorschläge liegen am Tisch, Bund und Länder sind gefordert
Verantwortliche aus Politik und Verwaltung, Partnerorganisationen und Interessierte kamen am Vormittag des 3.Mai zum Inklusionsforum der Lebenshilfe ins Albert-Schweitzer-Haus in Wien. Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, dem Tag der Inklusion, fand eine Diskussion statt, die Lösungsvorschläge aufzeigte um Bund und Länder zur Umsetzung zu bewegen. Am Podium waren unter anderem Alexander Miklautz aus dem Sozialministerium und Renate Hackl vom Land Oberösterreich. „Das Inklusionsforum fordert alle Verantwortlichen dazu auf, konkrete Schritte zur Änderung der Rechtslage einzuleiten! Wenn das Sozialministerium und die Länder daran arbeiten, haben wir viel erreicht. Falls nicht, werden wir weitere Schritte zur Umsetzung der Menschenrechte in Österreich einleiten. Menschen mit Behinderungen haben das gleiche Recht auf Arbeit wie alle anderen auch. Wir wollen Gleichstellung“
, so Hanna Kamrat, Vizepräsidentin und Vorsitzende des Selbstvertretungs-Beirats der Lebenshilfe.
Herbert Pichler, Präsident des Österreichischen Behindertenrats und Leiter Büro Chancen Nutzen: „Schon die Bezeichnung `Taschengeld‘ weist auf das Grundproblem hin. Menschen mit Lernschwierigkeiten werden oftmals nicht ernst genommen und ihr Leben lang auf die gleiche Ebene wie Kinder gestellt. Sie haben das Recht auf Respekt und auf ein eigenes Einkommen, das ihnen ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht!“
Hintergrundinfos, Zitate und Faktencheck zur Rechtslage in Österreich:
www.lebenshilfe.at/inklusionsforum-gehalt-statt-Taschengeld