AT: Stellungnahme des Verbandes der Diätologen Österreichs

17. April 2019 | Diabetes, News Österreich | 0 Kommentare

Nach der Veröffentlichung der Pressemeldung “ OGH-Beschluss stellt fest: Ernährungs-Beratung und -Therapie bei Erkrankungen ausschließlich durch Diaetologen und Ärzte“ gab es in den sozialen Medien eine große Diskussion über den Beschluss. Wir haben die Diskussionspunkte zusammengefasst und dem Verband der Diaetologen Österreichs geschickt, mit der Bitte um Stellungnahme.

Wir bedanken uns für die Mühen des Verbandes, die Fragen entsprechend zu beantworten:

  • Der Beschluss (nicht: Urteil) des Obersten Gerichtshofes vom 29. Jänner 2019 bestätigt vollinhaltlich die Entscheidungen der Vorinstanzen, in denen ausdrücklich – auf der Grundlage der gesetzlichen Definition des Befugnisumfanges von Angehörigen des Diätdienstes und ernährungsmedizinischen Beratungsdienstes im Sinne von § 2 Abs. 2 MTD-Gesetz iVm Anlage 4 der FH-MTD-Ausbildungsverordnung – Kompetenzen der Ernährungsberatung und -therapie bei Erkrankungen ausschließlich Diaetologen und Ärzten vorbehalten sind.
  • Ausdrücklich sei auch auf die gefestigte Verwaltungs- und Spruchpraxis des (nunmehr) Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz verwiesen, wonach die Grenze zwischen dem Diät- und ernährungsmedizinischen Beratungsdienst und dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflegeberufen im Sinne des Berufsbildes insbesondere in der eigenverantwortlichen Auswahl, Zusammenstellung und Berechnung besonderer Kostformen zur Ernährung von Kranken und krankheitsverdächtiger Personen liegt. Die hierfür erforderlichen Inhalte werden nicht im erforderlichen Ausmaß in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung vermittelt, weshalb die erforderlichen Kompetenzen im Rahmen der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildungen nicht erworben werden können (vgl. BMG 21. Februar 2013, 92250/0059-II/A/2012).
  • Zu Ihrer Frage, „… warum mit diesem Urteil diplomierte Pflegefachkräfte mit der Spezialisierung zur Diabetesberatung (GuKG §64) nun mehr keine Beratungstätigkeiten bei Diabetikern machen sollen. …“, darf ich zunächst darauf hinweisen, dass dieser Behauptung bedauerlicherweise eine erhebliche rechtliche Fehlbeurteilung zugrunde liegt: Spezialisierungen, im Rahmen derer eine Kompetenzerweiterung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege erworben werden kann, sind in § 17 Abs. 2 GuKG abschließend aufgezählt; der Bereich „Diabetesberatung“ ist dabei nicht enthalten.
    Im Bereich „Diabetesberatung“ kann vielmehr gemäß § 64 GuKG iVm Anlage 1 Z 5 Gesundheits- und Krankenpflege-Weiterbildungsverordnung (GuK-WV), BGBl. II 2006/453 idgF, durch Absolvierung einer Weiterbildung eine Vertiefung der in der Grundausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben werden. Hinsichtlich des Begriffs der „Weiterbildung“ hat das BMASGK ebenfalls bereits klargestellt, dass die Absolvierung einer Weiterbildung gemäß § 64 GuKG – anders als einer Sonderausbildung gemäß § 65 GuKG – nicht zu einer Erweiterung des Tätigkeitsbereichs des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege führt. Dies bedeutet, dass Absolventen einer Weiterbildung nicht zur Durchführung von Kompetenzen des gehobenen Dienstes in der Gesundheits- und Krankenpflege berechtigt werden, auch wenn die absolvierte Weiterbildung entsprechende Inhalte vermittelt haben sollte (vgl. BMG 4.7.2013, 92250/0028-II/A/2/2013).AbsolventInnen der Weiterbildung „Diabetesberatung“ verfügen somit nicht über weitergehende Kompetenzen in diesem Bereich; insbesondere können doch eine Weiterbildung auch keine Kompetenzen erworben werden, die einem anderen gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf vorbehalten sind.Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch in der gesundheitsrechtlichen Literatur seit vielen Jahren einhellig die Meinung vertreten wird, dass Angehörige des gehobenen Dienstes in der Gesundheits- und Krankenpflege über keine Kompetenzen zur Ernährungsberatung im Zusammenhang mit Krankheiten verfügen (vgl. Plank, Berufsrechtliche Abgrenzungsfragen zwischen Ärzten, Diplompflegern und medizinisch technischen Diensten (Diätologen), UVS aktuell 2007/3, 100 mwN).
  • Wenn Angehörige des gehobenen Dienstes in der Gesundheits- und Krankenpflege einerseits im Rahmen der Diabetesberatung, andererseits auch bei ihrer Tätigkeit in der Hauskrankenpflege oder in Ambulanzen am Wochenende Leistungen der Ernährungsberatung im Zusammenhang mit Erkrankungen aller Art erbringen, dies ohne konkrete ärztliche Anordnung im Sinne von § 15 GuKG, so ist dies die eigenständige Verantwortlichkeit der handelnden Personen und haben diese (bzw. Personen, die sie zur rechtswidrigen Durchführung von Maßnahmen, die außerhalb ihres Berufsbildes liegen, heranziehen) allfällige verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen etwa nach dem MTD-Gesetz selbst zu verantworten.
  • Abschließend weist meine Mandantschaft Ihren geradezu zynisch anmutenden Hinweis, ob denn DiaetologInnen in Österreich ab nun gewährleisten können, dass die den DiaetologInnen vorbehaltenen Tätigkeiten auch nur mehr durch berechtigte Berufsangehörige erbracht werden, in aller Deutlichkeit zurück: Die Verantwortung, in gesetzeskonformer Weise Angehörige der unterschiedlichen gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe gemäß deren Berufsbilder und unter Beachtung von Vorbehaltstätigkeiten einzusetzen, obliegt selbstverständlich den jeweiligen Trägern der Gesundheits- und Sozialeinrichtungen bzw. den jeweils freiberuflich im niedergelassenen Bereich agierenden Personen.

    Selbstredend sind auch Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe verpflichtet, die eigenen berufsrechtlichen Grenzen zu respektieren und auch einzuhalten.

Der Verband der Diaetologen Österreichs war mit der Veröffentlichung der Stellungnahme laut Schreiben einverstanden.

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)