Hilfswerk-Präsident Karas mahnt rasches Handeln der künftigen Bundesregierung ein
Wien (OTS) – „Österreich steuert auf einen veritablen Personalnotstand im Pflegebereich zu“, mahnt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich, eines der führenden Anbieter mobiler Pflege- und Betreuungsdienste im Land. Er fordert von der künftigen Bundesregierung rasches und beherztes Handeln, „um diesen fatalen Trend zu stoppen.“ Man müsse dringend in bessere Arbeitsbedingungen investieren, Österreich liege hier im internationalen Vergleich lediglich im schwachen Mittelfeld. Außerdem brauche es eine gezielte, breit angelegte Ausbildungsoffensive auf Basis einer seriösen und konsolidierten Personalbedarfsstudie. Und schließlich müsse die Bezahlung des Personals im Pflegebereich fairer gestaltet werden – die Herausforderungen der Langzeitpflege und ihre Leistung müssten stärker anerkannt werden. Zur Frage der Kompetenzen meint Karas: „Es ist mir bewusst, das Pflege in Österreich Landessache ist, aber die Bundesregierung muss – wenn sie nicht auf einen Pflegenotstand in Österreich zusteuern möchte – ihre Verantwortung im Zusammenhang wahrnehmen und entsprechende Maßnahmen anstoßen.“
Arbeitssituation verbessern
Hohe Betreuungsschlüssel und ein enges Zeitkorsett – beides dem Kostendruck geschuldet – führen zu Betreuungssituationen, die viele Menschen in der Pflege als frustrierend empfinden. Betreuung und Pflege laufen Gefahr, zum reinen Abarbeiten von Arbeitsschritten zu werden, Empathie und Qualität kommen unter Druck, ein ganzheitliches und befriedigendes Arbeiten wird schwieriger. Die Attraktivität des Berufes leidet, Flucht aus dem Beruf und Burnout sind weitere Konsequenzen. „Österreich wird nicht umhinkommen, in attraktivere Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege zu investieren. Wir liegen international – anders als gerne behauptet – leider nur im Mittelfeld. So widmen wir dem Bereich der Langzeitpflege rund 1,3 Prozent des BIP, die Niederlande beispielsweise liegen bei 3,6 Prozent. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Arbeitsbedingungen im Sektor“, so Karas, und fährt fort: „Wer die Arbeitsbedingungen verbessert, beeinflusst nicht nur die Situation für das Personal positiv, sondern gewinnt auch Qualität für die Pflegebedürftigen.“
Ausbildungsoffensive starten
„Wer glaubt, wir könnten nach der Reform des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 2016 im Bereich der Ausbildung die Hände in den Schoß legen, irrt“, sagt Karas. Einerseits werde es einige Anstrengungen benötigen, die erfolgte Ausbildungsreform in der Praxis umzusetzen und die durch Differenzierung und Spezialisierung gewonnene Qualität auch tatsächlich in den Diensten umzusetzen und zu finanzieren. Andererseits werde es jenseits dessen gezielte Maßnahmen darüber hinaus brauchen, um überhaupt genügend Menschen für die Pflegeberufe zu gewinnen. „Wir brauchen endlich eine seriöse, konsolidierte Studie zum Personalbedarf der nächsten Jahre und eine konsequent darauf abgestimmte Ausbildungsoffensive!“, fordert Karas. Je breiter die Landschaft der „Zubringer“ im Bereich der Ausbildung, je vielfältiger und offener die Ausbildungswege, umso besser wären die Chancen. „Es ist mir ein Rätsel, wieso wir beispielsweise der Überlegung, Gesundheits- und Sozialberufe auch stärker in das Regelschulwesen zu integrieren, nicht weiter nachgehen.“, so Karas.
Faire Bezahlung umsetzen
Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung und die zunehmenden Herausforderungen, die mit der Langzeitpflege verbunden sind – insbesondere im Bereich der mobilen Dienste – müsse auch die Bezahlung im Sektor fairer gestaltet werden. „Es kann nicht sein, dass die Langzeitpflege im Vergleich zum akut-stationären Bereich, also zu den Spitälern, schlechter abschneidet. Und es kann auch nicht sein, dass in manchen Bundesländern die Kollektivverträge der Branche im Zuge der Verhandlungen der Länder bezüglich der Normkostensätze mit privaten Trägern nicht anerkannt werden, in den Pflegeinrichtungen der Länder aber eine bessere Bezahlung möglich ist.“, meint Karas abschließend.