Kleben statt schlucken: Gerade in der chronischen Schmerztherapie sind Schmerzpflaster, die Opioide über die Haut abgeben, eine wichtige und wirksame Option. Doch kommt es dabei immer wieder zu Fragen und Missverständnissen. Worauf müssen Patientinnen und Patienten beim Gebrauch aufpassen? ÖSG-Vize-PräsidentinDr. Waltraud Stromer gibt Tipps für den richtigen und sicheren Umgang mit Opioid-Schmerzpflastern.
Wien, 24. Jänner 2020 – Schmerzpflaster schicken Opioide über die Haut („transdermal“) in den Organismus. Die starken Schmerzmittel werden von den Blutgefäßen im Gewebe unter der Haut aufgenommen. Mit dem Blut gelangt der Wirkstoff zu den Opioid-Rezeptoren ins zentrale und periphere Nervensystem, und der Schmerz lässt nach. „Bei chronischen Schmerzen sind Schmerzpflaster oft die bessere Lösung als Opioide zum Schlucken, auch wenn die Schmerzen durch eine Tumorerkrankung entstehen“, sagt Dr. Waltraud Stromer, Vize-Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), anlässlich der 19. Österreichischen Schmerzwochen der ÖSG.
Durch transdermales Fentanyl bzw. Buprenorphin werden aufgrund eines konstanten Plasmaspiegels chronische kontinuierliche Beschwerden beispielsweise besser gelindert als durch ein orales retardiertes Opioid. Zudem treten unerwünschte Nebenwirkungen wie Verstopfung und Müdigkeit mit Buprenorphin deutlich seltener auf. Pflaster mit dem Wirkstoff Buprenorphin sind besonders gut für die Schmerztherapie geriatrischer Patienten geeignet: Bei diesem Mittel tritt seltener zentralnervöse Nebenwirkungen wie Schwindel auf als bei anderen Opioiden, das verringert auch die Sturzgefahr. „Generell sind Schmerzpflaster von Vorteil für Patienten, die nicht in der Lage sind, Medikamente zu schlucken. Auch das Abhängigkeits-Risiko ist bei Schmerzpflastern geringer als bei oraler Einnahme“, so Dr. Stromer.
Richtig kleben: Vorheriges Eincremen und Rasieren ungünstig
Was die Anwendung der Schmerzpflaster betrifft, besteht allerdings Aufklärungsbedarf. Soll das alte Pflaster entfernt werden, wenn ein neues aufgeklebt wird? Soll man die Haut rasieren, bevor das Pflaster geklebt wird? Wie werden die alten Pflaster entsorgt? „Betroffene sind manchmal unsicher, wie sie Schmerzpflaster mit Opioiden richtig anwenden sollen“, beobachtet Dr. Stromer. So kommt es vereinzelt vor, dass Patienten mehrere Pflaster auf der Haut tragen. Dr. Stromer: „Beim Pflasterwechsel muss das alte Pflaster selbstverständlich entfernt werden.“
Die Pflaster werden auf den Oberkörper oder den Oberarm geklebt, dort allerdings nicht auf eine Gelenkpartie. „Das ist beim Bewegen hinderlich und das Pflaster kann sich ablösen“, so die Expertin. Die ausgewählte Hautstelle darf keine Verletzungen aufweisen und muss trocken und sauber sein. Auch vorheriges Eincremen ist tabu. Außerdem sollte zwar das Pflaster auf unbehaarte Haut geklebt werden, diese darf aber nicht unmittelbar vorher rasiert werden. „Beim Rasieren entstehen kleine Risse in der Haut, durch die größere Mengen an Wirkstoff ins Blut gelangen als vorgesehen“, warnt Dr. Stromer.
Pflaster werden in der Regel je nach Substanz bzw. Präparat alle drei bis vier oder sieben Tage gewechselt und müssen zur Vermeidung einer Irritation immer auf eine andere Hautpartie geklebt werden. Löst sich das Pflaster zu früh, sollten Patienten so rasch wie möglich eine neues aufbringen. „Wichtig ist dabei, dass damit ein neuer Wechselzyklus beginnt“, so Dr. Stromer.
Patienten, die Opioid-Pflaster nutzen, sollten Hitze, heiße Whirlpools und Saunen meiden. „Duschen, Baden und Schwimmen sind erlaubt, aber Wärmequellen wie etwa Heizdecken, Wärmeflaschen oder beheizte Wasserbetten verstärken die Wirksamkeit des Opioids, was zu Nebenwirkungen führen kann“, sagt die Expertin.
Schmerzpflaster richtig entsorgen
Für die Entsorgung der Pflaster werden die Klebeflächen gegeneinandergepresst und zurück in die Packung gesteckt. Patienten können die gebrauchten Pflaster eventuell ihrem verschreibenden Arzt zurückgeben oder zur Entsorgung in die Apotheke bringen. Es sollte darauf geachtet werden, dass eine auch teilweise Wiedergewinnung der noch enthaltenen Opioide unmöglich ist. Opioide zählen zu den wirkungsvollsten Schmerzmitteln und unterliegen in Österreich dem Suchtmittelgesetz. Patientinnen und Patienten sollten deshalb darauf achten, dass die benutzten Pflaster nicht in falsche Hände geraten.
Dr. Stromer empfiehlt, sich die Anwendung des Schmerzpflasters von Arzt oder Apotheker vorzeigen zu lassen: „Viele Schmerzmittel-Firmen bieten zu Demonstrationszwecken wirkstofffreie Muster. Die Anwendung vorab zu üben ist auch deshalb sinnvoll, weil die Pflaster eine Kindersicherung haben. Für ältere Menschen oder Menschen mit Arthritis ist es oft nicht leicht, diese zu entfernen.“
An sich sollte die Packungsbeilage die Anwendung der Schmerzpflaster ausführlich und deutlich erklären. „Die Gebrauchsinformation ist aber für Anwender häufig zu lang und zu klein gedruckt“, bedauert Dr. Stromer. Den meisten Patienten sei bewusst, dass Schmerzpflaster mit Opioiden wie Fentanyl und Buprenorphin eine besondere Art von Arzneimittel sind, mit denen sorgfältig umgegangen werden muss. „Dennoch sollten Arzt und Apotheker immer wieder darauf hinweisen, dass es sich bei diesen Präparaten um Opioide, also um starke Schmerzmittel handelt, mit denen sorgfältig umgegangen werden muss.“
Quellen:
Leppert W, Malec-Milewska M, Zajaczkowska R, Wordliczek J: Transdermal and Topical Drug Administration in the Treatment of Pain. Molecules:2018 Mar 17;23(3). pii: E681. doi: 10.3390/molecules23030681
Opioide im Pflaster; Heilberufe (2019) 71: 18. https://doi.org/10.1007/s00058-019-0074-4