Wien (OTS) – Das Modell der 24-Stundenbetreuung droht auf Grund der Corona-Pandemie in zwei bis drei Wochen völlig zu versagen. Davor warnt heute Karin Hamminger – Vorsitzende der Österreichische Bundesinteressensgemeinschaft für Agenturen der Personenbetreuung (ÖBAP) und selbst Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin.
Viele Betreuungskräfte sind mittlerweile schon 6 Wochen bei den KlientInnen im Einsatz. Durch die Grenzschließungen müssen benötigte neue BetreuerInnen zu Hause bleiben und können nicht mehr nach Österreich einreisen, um ihre Kolleginnen abzulösen.
Hamminger: „Viele Agenturen werden ihre Vermittlungsaktivitäten einstellen, Betreuerinnen und Betreuer verlieren ihre einzige Einnahmequelle, Angehörige verlieren die Personen, denen sie ihre Liebsten anvertraut haben und viele betreute Klientinnen und Klienten verlieren ihre liebgewonnen Betreuungskräfte und gegebenenfalls auch ihre gewohnte Umgebung, wenn sie in neu organisierte Heime verlegt werden müssen.“
Nach Ostern droht Stopp der Betreuung in den eigenen vier Wänden und Verlegung in rasch geschaffene Ersatzeinrichtungen
Die Geschäftsführerin von cura domo 24 Stunden Betreuung, Mag. Angelika Pozdena, stellt das anschaulich dar: „An die 30.000 Betreuungen in der 24-Stunden-Betreuung werden derzeit von mehr als 800 Agenturen organisiert und begleitet. Die Agenturen sind als professionelle Drehscheiben der Betreuung nicht mehr wegzudenken, und decken mit ihren Betreuerinnen und Betreuern sechs Prozent aller Betreuungsverhältnisse ab“. Pozdena rechnet damit, dass nach Ostern viele Menschen nicht mehr Zuhause betreut und versorgt werden können und somit ihre gewohnte Umgebung verlassen und in eine Ersatz-Versorgungseinrichtung verlegt werden müssen.
An Alternativlösungen wird bereits von Agenturen wie Curatio GmbH, Verein Pflegegruppe, CHIMBORASSO, a´nette Case & Caremanagment, Care Ring GmbH, cura domo 24 Stunden Betreuung GmbH, ISL, J&O Sozialservice GmbH und viele mehr gearbeitet. Ohne die osteuropäischen Betreuungskräfte wird dieses System kollabieren, darin sind sich die Agenturbetreiber einig.
Einsatz von Zivildienern kann Ausfall osteuropäischer Betreuerinnen nicht kompensieren – weder zahlenmäßig noch fachlich
Der Einsatz von Zivildienern oder Angehörigenressourcen kann die Rund-um-die Uhr“-Betreuung im Hinblick auf Fachlichkeit und die zu erwartende Anzahl auf keinem Fall kompensieren. Darin sich die Fachleute aus dem ÖBAP-Vorstand – von denen viele dem gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege angehören – einig.
Verlegung in Reha- und Kurhäuser gefährdet einen Corona-Hochrisikogruppe
Die Möglichkeit zu betreuende Personen in geschlossene Reha- und Kurhäuser zu verlegen ist im Notfall grundsätzlich möglich. Das betonen DGKP Martin Hechenbichler (Geschäftsführer von Curatio GmbH) und DGKP Johann Wolf (Geschäftsführer von ISL). Doch die Tatsache, dass es sich bei den zu Betreuenden um eine Hochrisikogruppe – älterer Menschen mit zumeist Vorerkrankungen – handelt, ist eine solche Verlegung tunlichst zu vermeiden. Ein Verbleib in den eigenen vier Wänden sollte daher unter größtmöglicher Anstrengung ermöglicht und gesichert werden.
Große Trägerorganisationen werden Ausfälle der Agenturen nach Ende der Krise nicht auffangen können
Besonders kritisch sieht Karin Hamminger, dass viele Agenturen längere Geschäftsausfälle nicht überstehen werden. „Man darf da nicht falschen Hoffnungen hingeben! Die Agenturen als Drehscheibe der Betreuung werden nach Beendigung der Krise zur Rückführung aller Klientinnen und Klienten nach Hause in ihre gewohnte Umgebung benötigt werden. Trägerorganisationen wie Hilfswerk, Caritas, Volkshilfe oder Rotes Kreuz werden diese hohe Anzahl an Betreuungssettings allein nicht schaffen“, ist sich der ÖBAP-Vorstand einig.
Die ÖBAP fordert daher
- die Miteinbeziehung aller Agenturen zur Personenbetreuung stellvertretend durch die Bundesinteressensgemeinschaft bei branchenrelevanten Diskussionen und Entscheidungen,
- eine finanzielle Unterstützung für Agenturen zur Überbrückung,
- einen gesicherten Grenzübertritt für Betreuerinnen und Betreuer aus den osteuropäischen Ländern und unter vorheriger Covid19-Schnelltestung in den Herkunftsländern und
- Corona-Schutzausrüstungen für Personenbetreuer/innen.