Wien (OTS) – Die Covid-19-Pandemie hat die Welt in einen Schockzustand versetzt und Schwachstellen der Versorgungssysteme wurden dramatisch sichtbar. Dies gilt auch für das österreichische Gesundheitssystem. Die enorme Systemrelevanz des Pflegepersonals und der Mangel an gut ausgebildetem Pflegepersonal in allen Settings (Langzeit-, Akut-, Mobile Pflege) wurde einmal mehr sehr deutlich.
Nachdem man die Pflegereform politisch jahrelang vor sich hergeschoben hat, will man jetzt schnelle und einfache Lösungen finden. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kündigte an, nun die gesetzliche Grundlage für die Einführung der Pflegelehre nach dem Schweizer Modell schaffen zu wollen. Der ÖGKV (Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband) hat sich aus vielen Gründen bereits in der Vergangenheit mehrfach, im Einklang mit vielen anderen Experten, gegen diese vermeintliche Lösung ausgesprochen.Einige davon, führen wir hier an:
– Die Personalressourcen, die für die praktische Ausbildung Voraussetzung sind, nämlich Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheit- und Krankenpflege, sind aktuell in Österreich nicht vorhanden. Die anleitende Unterstützung in der praktischen Ausbildung durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege würde zusätzlich Personalressourcen abziehen. Dies würde zu Lasten der Patienten und Patientinnen gehen. Auch wie die finanziellen Ressourcen für eine Umsetzung der Pflegelehre gewonnen werden sollen, muss hinterfragt werden. Sie können jedenfalls nicht durch Einsparungen im Gesundheitssystem gewonnen werden.
– Der ÖGKV spricht sich für nachhaltige Ausbildungsstrukturen und durchgängige Bildungskarrieren aus, die Menschen längerfristig für den Beruf gewinnen. Dies ist durch das Schweizer Modell nicht gegeben. Die für das Jahr 2020 erwarteten 4500 Pflegelehre-Abschlüsse in der Schweiz, sehen auf den ersten Blick gut aus. Dem gegenüber steht allerdings eine Drop Out-Quote von 50-60 Prozent. Vielmehr müssten die bereits bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten, wie bei anderen gesellschaftsrelevanten Berufsgruppen (z.B. Polizei), finanziell und organisatorisch unterstützt werden, um die Attraktivierung des Pflegeberufs und somit eine länger anhaltende Tätigkeit im Berufsfeld zu erreichen.
– „Diese weitere Fragmentierung des Ausbildungsangebotes für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe schafft Unsicherheit in der bestehenden Ausbildungslandschaft und stellt keine nachhaltige und zukunftsorientierte Lösung dar
“, stellt ÖGKV Präsidentin Ursula Frohner fest. Viele eher sind in Zukunft Themen wie die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe, Handlungsfelder wie etwa das der Community Nurse zu forcieren, um eine kompetente, niedrigschwellige Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
– Die Menschen in Pflegeberufen sind durch momentane Ausbildungsstruktur kompetent und gut ausgebildet. Jedoch ist die Ausbildungsreform durch die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) 2016 und die damit verbundene Einführung des neuen Ausbildungslevels der Pflegefachassistenz noch nicht einmal richtig in der Pflegepraxis angekommen. Ein wichtiger Punkt ist auch die Zusammenarbeit mit weiteren Gesundheitsberufen. Die Pflegelehre würde dies nicht unterstützen sondern die Pflegeberufe in Zukunft vermehrt abhängig von anderen Gesundheitsberufen mache, was keineswegs das Image sowie die Attraktivität des Berufes unterstützt – und das ist das eigentliche Nachwuchsproblem der Pflegeberufe.
Die Pflegereform umfasst viele Themen die dringend angesprochen werden müssen. Die Pflegelehre ist keines davon.