Wien (OTS) – Obwohl zwei Drittel der fruchtbaren Frauen in Österreich verhüten, halten sich gerade bei jungen Frauen hartnäckige Mythen und Missverständnisse rund um die Themen Menstruation, Verhütung und Schwangerschaft. Die Gründe hierfür sind vielfältig und beinhalten falsche Informationen über das Internet, zu wenig Zeit für Aufklärung in Schulen sowie kulturelle Diversität. Bayer Austria und die Österreichische Gesellschaft vom Goldenen Kreuze nehmen diese Ausgangslage zum Anlass, um neue Kommunikationswege zu erschließen und eine maßgeschneiderte Aufklärungskampagne für junge Frauen zu starten.
„Noch nie war Information über Sexualität und Verhütung so leicht verfügbar wie heute. Aber gleichzeitig hatten es Falschinformationen, Gerüchte und Mythen in der Verbreitung noch nie so leicht wie jetzt“, umreißt Mag. Daniela Lang, Business Unit Head Women’s and Men’s Health Care bei Bayer Austria, die Situation. „Deshalb wollen wir einen Beitrag zur Verbesserung des Wissensstands leisten. Denn es ist uns ein Anliegen, dass insbesondere Frauen Entscheidungen auf Basis von wissenschaftlich fundierten und ausgewogenen Informationen treffen können.“
Die Fakten: In Österreich gibt es rund 1,6 Millionen fruchtbare Frauen. Laut Österreichischem Verhütungsreport 2015 verhüten fast drei Viertel der befragten Frauen. Bei Teenagern zwischen 16 und 20 Jahren liegt der Wert bei 69%, bei jungen Frauen zwischen 21 und 29 Jahren bei 83%.
64% der Frauen haben selbst die Verantwortung übernommen. Die häufigste Verhütungsmethode ist nach wie vor die Pille mit 38%, gefolgt von der Hormonspirale mit 8% und der Dreimonatsspritze mit 5%. Bei jungen Frauen ist diese Präferenz sogar noch deutlicher ausgeprägt. Immerhin 51% der 16-20Jährigen bzw. 54% der 21-29-Jährigen vertrauen auf die Pille. Andere Verhütungsmethoden wie „Aufpassen“, Verhütungsring oder Verhütungspflaster sind in der Statistik weit abgeschlagen.
Als wichtigstes Kriterium für die Wahl der Verhütungsmethode gilt mit großem Abstand die Wirksamkeit, gefolgt von anderen Kriterien. Erst deutlich später kommt der Schutz vor Infektionen. Den Wunsch nach „Natürlichkeit“ äußerten immerhin 21% der Befragten des Verhütungsreports. Gleichzeitig gaben jedoch über 90% der Frauen an, mit den hormonellen Methoden „sehr zufrieden“ oder „eher zufrieden“ zu sein.
Trotzdem Angst vor ungewollter Schwangerschaft
Trotz der alltäglich gewordenen Verankerung von Verhütung im Leben der ÖsterreicherInnen hatte beinahe jede zweite Frau schon einmal die Befürchtung, ungewollt schwanger zu sein. Bei 31% war das einmal der Fall, bei 17% mehrmals. Auf die Frage nach der Prävention ungewollter Schwangerschaften kam – wenig überraschend und klar – „mehr Wissen“ als Antwort. Daniela Lang dazu: „Bei den Themen Aufklärung und Verhütung bedarf es eines offenen Dialogs, eines seriösen Wissenstransfers und einer Kommunikation auf Augenhöhe zwischen LehrerInnen und SchülerInnen, zwischen PatientInnen und ÄrztInnen sowie Medien und deren RezipientInnen. Hormonelle Kontrazeptiva sind Arzneimittel, die nur nach sorgfältiger Aufklärung durch einen Arzt / eine Ärztin angewendet werden sollten.“
Verhütungsmethoden und deren Vor- und Nachteile oft zu wenig bekannt
Daran schließt auch Univ.-Prof. Christian Egarter, Abteilungsleiter Universitätsklinik für Frauenheilkunde am AKH Wien, an: „Es braucht eine strukturierte und motivierende Beratung, damit jede Frau die individuell richtige Verhütungsmethode längerfristig akzeptiert. Und es ist eine regelmäßige Beratung nötig. Denn die Wissenschaft bzw. das Angebotsspektrum an möglichen Kontrazeptiva ändert sich laufend.Theoretisch gibt es gerade heute für jede Frau eine passende Verhütungsmethode. Jedoch wissen Frauen oftmals viel zu wenig über die verfügbaren Verhütungsmethoden sowie deren Vor- und Nachteile. Da helfen nur eine intensive Aufklärung und einfühlsame Diskussion.“
Verunsicherung trotz hohem Verantwortungsbewusstsein
Auch die Gynäkologin Dr. Eva Lehner-Rothe sieht sich in ihrem Praxisalltag immer öfter mit einer zunehmenden Verunsicherung junger Frauen konfrontiert, deren Ursache sie in der mangelhaften Qualität online verfügbarer Informationen verortet: „Mir fällt in den letzten Jahren verstärkt auf, dass Fehlinformationen im Umlauf sind, die gefährliche Folgen haben können. Es wird etwa häufig angenommen, dass die Pille vor Geschlechtskrankheiten schützt, die Spirale als Verhütungsmittel erst nach der Geburt des ersten Kindes in Frage kommt oder dass „natürliche“ Verhütungsmethoden für junge Frauen als Alternative zu hormonellen Methoden geeignet sind. Ein Beispiel dafür ist das Berechnen der fruchtbaren Tage, das angesichts des stressigen Alltags und der zumeist noch unregelmäßigen Zyklen von unter 20-jährigen extrem unsicher ist. Außerdem bemerke ich immer wieder, dass tradierte Verhütungs-Meinungen der Eltern übernommen werden, ohne diese zu hinterfragen – etwa eine grundsätzliche Ablehnung hormoneller Verhütungsmittel, obwohl diese einer permanenten Weiterentwicklung unterliegen und heutzutage nicht mehr mit Präparaten der ersten Generation vergleichbar sind.“
Lehner-Rothe betont andererseits, dass das Verantwortungsgefühl für Verhütung schon in jungen Jahren stark ausgeprägt ist: „Verhütung ist von Anfang an Frauensache und das haben die jungen Frauen von heute eindeutig erkannt, auch wenn ihre Partner dem Thema Verhütung in diesem Alter noch keinen hohen Stellenwert beimessen.“ Die Angst vor ungewollten Schwangerschaften ist bei Mädchen im Teenageralter allgegenwärtig und darum ist es laut Lehner-Rothe essenziell, ihnen das notwendige Wissen zu vermitteln, um mündige Entscheidungen treffen zu können: „Wir FrauenärztInnen sind gefordert, uns gerade mit jungen Frauen viel Zeit für Gespräche auf Augenhöhe zu nehmen und sie bei der Wahl des geeigneten Verhütungsmittels für die eigene Lebenssituation individuell zu beraten.“
Ergänzend ist für Lehner-Rothe auch der seriöse Einsatz neuer Medien sinnvoll, um junge Mädchen wirklich zu erreichen, denn „das Wissen, das sich die Mädchen früher in der Schule oder von ihren Müttern geholt haben, wird immer öfter auf Google und in schlecht recherchierten Onlineforen gesucht. Dieser Entwicklung müssen wir uns stellen und echte Alternativen anbieten“.
Informationskampagne für junge Frauen – in deren Sprache, auf deren Kanälen
„Diese Erfahrungen und die Umfrageergebnisse des Verhütungsreports verstehen wir als klaren Auftrag“, fasst Mag. Erika Sander, Geschäftsführerin der Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze zusammen. „72% der ÖsterreicherInnen wünschen sich mehr Informationen über Verhütung; über leicht verfügbare Kanäle wie Websites und Broschüren, aber auch über ärztliche Beratungsgespräche, die unverändert von größter Bedeutung sind.“
„Wir vereinen beides mit unserer Kampagne, die wir gemeinsam mit Bayer Austria tragen. Als ersten Schritt haben wir uns vor Kurzem das junge Magazin ‚miss‘ ins Boot geholt. Über die Kanäle der ,missWorld‘ erreichen wir die jungen Frauen von heute auf direktem Weg und eröffnen ihnen eine seriöse Plattform, die richtige und wichtige Informationen bereitstellt und mit Mythen aufräumt“, erklärt Erika Sander die Wahl eines jungen Mediums als Kooperationspartner.
Ein konkretes Beispiel für das geplante Aufklärungspaket ist die Einbindung der „missApp“, über die Fragen, die Mädchen und junge Frauen in der Schule oder mit den Eltern nur ungern besprechen, unkompliziert, direkt und vertrauensvoll an eine qualifizierte Gynäkologin gestellt werden können. Zum Sammeln dieser Fragen und kurzer Textstatements sind Umfragen geplant, deren Ergebnisse anschließend in einem Video seriös und trotzdem zielgruppengerecht von der Frauenärztin erörtert werden. Das Ziel dieser Aktion ist es, junge Frauen dazu zu animieren, sich zu trauen, solche Fragen auch ihren eigenen Ärzten ganz offen zu stellen. Gleichzeitig werden Themen wie die richtige Einnahme der Pille, die Wahl eines geeigneten Verhütungsmittels oder Notfallverhütung mit der Pille danach in informativen Artikeln und kurzen Videos fundiert und zielgruppengerecht für die Leserinnen aufbereitet. Außerdem sind seitens der „miss“ Webinare und ein Event rund um das Thema Verhütung geplant.