Wien (OTS) – „Ein freiwilliges Gütesiegel verhindert Missstände nicht, weil es niemanden verpflichtet, vorgesehene Kriterien einzuhalten“, kommentiert Silvia Rosoli, Leiterin der Abteilung Gesundheitsberuferecht und Pflegpolitik in der AK Wien, das gestern Abend präsentierte Gütesiegel für Vermittlungsagenturen für die 24-Stunden-Betreuung. Eine aktuelle Erhebung des Vereins für Konsumenteninformation zeigt, dass viele Agenturen sehr intransparent sind und zum Nachteil der KundInnen und BetreuerInnen agieren. Zwar gibt es auch gute Agenturen in der 24-Stunden-Betreuung, aber letztlich stehen diese immer im unfairen Wettbewerb mit schlechten Geschäftpraktiken von Dumpingangenturen. „Es fehlen in vielen Fällen Fairness, Transparenz und Qualität. Dagegen hilft kein ´Pickerl´ auf freiwilliger Basis, da hilft nur ein verpflichtender gesetzlicher Rahmen, wie ihn Arbeiterkammer und Gewerkschafen fordern. Nur so kann flächendeckend gute Qualität für Menschen mit Pflegebedarf, deren Familien und für die PersonenbetreuerInnen sichergestellt werden“, sagt Rosoli.
Eine Vermittlungsagentur, die Qualitätsstandards nicht einhält, sich auch nicht um das Gütesiegel bemüht, kann trotzdem ungeniert mit Dumpingpreisen um KundInnen werben und auf dem Markt bestehen. Agenturen, die sich zertifizieren lassen, haben durch die Zertifizierung und die Einhaltung höherer Standards höhere Kosten und müssen diese direkt an Kunden weitergeben und erleiden einen weiteren Wettbewerbsnachteil. „Ein freiwilliges Gütesiegel zementiert also ein zu Recht kritisiertes unfaires und ungerechtes System weiter ein“, so Rosoli.
Zur Verbesserung der Personenbetreuung fordert die AK ein Rahmengesetz, welches dafür sorgt, dass
+ ausreichend Transparenz geschaffen wird. Das bedeutet auch zu wissen, wer welches Geld für welche Leistung bekommt. Menschen, die Betreuung brauchen, müssen im Vorhinein wissen, welche Leistungen sie von Agenturen für ihr Geld tatsächlich erhalten. Die Verträge und Leistungsbedingungen müssen offengelegt sein.
+ Fairness garantiert sein muss. Daher ein klares Verbot von Knebelungsverträgen, Pauschalzahlungen ohne Leistung, von Strafzahlungen bei Vertragsauflösungen oder des Zwangs zur Nutzung bestimmter Transportmittel.
+ Qualität gesichert sein muss. Familien und PersonenbetreuerInnen müssen eine fachlich kompetente Begleitung erhalten, die berät, bei Konflikten unterstützt und darauf achtet, dass pflegerischer und medizinischer Handlungsbedarf sicher und korrekt abgedeckt wird. Diese Qualitätssicherung kann durch systematische Einbindung der Hauskrankenpflege erfolgen.
+ die PersonenbetreuerInnen so viel handwerkliches Rüstzeug mitbringen müssen, dass sie die Herausforderungen in der Betreuung auch gut bewältigen können. Eine Mindestqualifikation auf Heimhilfeniveau und ein offenes System zur Fortbildung sind die Voraussetzung dafür.