AT: Die stärksten Kopfschmerzen: Was gegen Clusterkopfschmerzen hilft

7. Februar 2020 | Diabetes, News Österreich | 0 Kommentare

Kleine Fallzahl, stärkste Beschwerden: Um wirksame Behandlungsmöglichkeiten gegen quälenden Clusterkopfschmerz erfolgreich einzusetzen, muss zeitnahe die richtige Diagnose gestellt werden.

Wien/Vöcklabruck, 4. Februar 2020 – Unter Clusterkopfschmerzen leiden nur wenige: Die vermutlich heftigste Kopfschmerzart, die es überhaupt gibt, betrifft 0,1 Prozent der Bevölkerung, das sind etwa 8.500 Menschen in Österreich. „Die Clusterkopfschmerzsymptome dürfen nicht mit denen einer Migräne verwechselt werden, da sich die Therapie der beiden Erkrankungen wesentlich unterscheidet“, erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), anlässlich der 19. ÖSG-Schmerzwochen. Die jährliche Informationskampagne der ÖSG steht heuer im Zeichen der Schmerzvorbeugung und -vermeidung.

„Cluster“ bezieht sich auf die Form des Auftretens, denn die Kopfschmerzattacken erfolgen niemals allein, sondern immer in Gruppierungen („Cluster“). Die Schmerzattacken, in bohrender, stechender Qualität treten einseitig auf, dauern bis zu drei Stunden und gehen mit ipsilateralen Begleitsymptomen, wie tränendem, gerötetem Auge, hängendem Lid, verstopfter oder laufender Nase und verengter Pupille einher. Ein Charakteristikum dieser Erkrankung ist eine massive Ruhelosigkeit – Migränepatienten brauchen im Gegenteil häufig Ruhe, Schlaf und dunkle Umgebung. Betroffene leiden über einen Zeitraum von mehreren Wochen mehrfach unter Schmerzen, meist täglich oder jeden zweiten Tag, und haben an den Schmerztagen zwischen einer und acht Attacken. Anschließend sind die meisten Patienten über Monate bis Jahre beschwerdefrei.

Menschen mit Verdacht auf Clusterkopfschmerz sollten auf jeden Fall bei einem Facharzt bzw. einer Fachärztin für Neurologie vorstellig werden, um zum Beispiel eine Migräne oder andere Schmerzursachen ausschließen.

Was gegen Clusterkopfschmerzen hilft – Akuttherapie

„In der Akutphase können verschiedene Mittel die Intensität und Dauer der Attacken reduzieren: Das Inhalieren von 100-prozentigem Sauerstoff über eine Maske kürzt die Attacken deutlich ab. Fast 80 Prozent der Patientinnen und Patienten erfahren unter 12 l/min Sauerstoff nach 15 Minuten eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik oder sind sogar schmerzfrei im Vergleich zu 20 Prozent der Patienten unter Placebo“, berichtet Prim. Mitrovic. Von einer exzessiven Sauerstoffverwendung wird allerdings abgeraten, da einige Patienten darunter eine deutliche Frequenzzunahme der Kopfschmerzattacken erleben können. Die großen Vorteile dieser Therapie sind einerseits die hohe Effektivität und anderseits das Fehlen von Nebenwirkungen. Eine vergleichbare Wirkung entfalten Sumatriptan Spritzampullen zu 6 mg, die sich die Patienten selbst mit einem Pen injizieren können. Die Ansprechrate liegt hier nach 20 Minuten bei ca. 75 Prozent der Anwender. Auch Nasensprays wie Zolmitriptan 5-10 mg und Sumatriptan 20 mg (sogenannte Triptane) waren in den Studien deutlich besser wirksam als Placebo. Prim. Mitrovic: „Nasenspray wird bei einer Unverträglichkeit der subkutanen Sumatriptan-Gabe empfohlen, manche Patienten geben jedoch ohnedies Nasensprays den Vorzug“. Nebenwirkungen wie Brustschmerz, Schwindel und Missempfindungen sind unter Triptanen nicht häufig, Kontraindikationen wie vorangegangene Myokardinfarkte und Schlaganfälle müssen jedoch beachtet werden.

Prophylaxe

Verapamil ist die Substanz der Wahl in der Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes. Nach zwei Wochen liegt die Ansprechrate, definiert als eine Reduktion der Kopfschmerzattacken, um 50 Prozent bei 80 Prozent der Patienten, verglichen mit null Prozent unter Placebo. Auch Kortikoide (zum Beispiel Prednisolon 100 mg/Tag) können zusätzlich über mehrere Tage als Kurzzeitprophylaxe verwendet werden, bis zu 80 Prozent der Patienten sprechen auf Kortikoide gut an. Die Dosis soll über einen Zeitraum von zwei Wochen langsam ausgeschlichen werden. Einige Patienten sprechen ausschließlich auf Kortikoide an, weshalb diese über einen längeren Zeitraum gegeben werden müssen. Hier ist Vorsicht mit Langzeitnebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Diabetes oder Infektionen geboten. Es gibt jedoch auch eine Reihe von anderen Medikamenten, die in der Prophylaxe von Clusterkopfschmerzen wirksam eingesetzt werden können.

Zur Kurzzeitprophylaxe sind Infiltrationen oder die Stimulation von unterschiedlichen Nervenstrukturen eine Option. So kann beispielsweise das Ganglion Sphenopalatinum elektrisch stimuliert werden. Eine Infiltration des N. occipitalis major mittels Lokalanästhetika und/oder Kortikoiden kann bei Patienten auch eine deutliche Erleichterung bringen. Für den CGRP-Antikörper (CGRP = „calcitonin gene related peptide“) Galcanezumab konnte gezeigt werden, dass eine einmal monatliche subkutane Injektion von 300 mg bei Patienten mit episodischem Cluster-Kopfschmerz die Häufigkeit der Attacken im Vergleich zu Placebo senkt.

Jeder zehnte Patient mit Clusterkopfschmerz leidet an einer chronischen, zum Teil schwer behandelbaren Form. In solchen Fällen können ähnliche Mittel wie bei der episodischen Form wirksam sein, die besten Daten liegen für Verapamil vor.

Prim. Mitrovic: „Clusterkopfschmerzen sind extrem belastend, bei den meisten Patienten können jedoch die Kopfschmerzattacken erfolgreich behandelt werden. Ein kleiner Anteil der Patienten spricht leider nicht ausreichend auf die Therapie an, sodass hier sowohl eine intensivere Basisforschung, als auch die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten wünschenswert wäre.“

Quellen:

Ishii M et al, Therapeutic Effects of Intranasal Sumatriptan for Cluster Headache, Yakugaku Zasshi. 2019;139(1):107-111. doi: 10.1248/yakushi.18-00130.

Goadsby PJ et al., Trial of Galcanezumab in Prevention of Episodic Cluster Headache. N Engl J Med. 2019 Jul 11;381(2):132-141.

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)