AT: Die Pflege managt den Schmerz

21. November 2019 | News Österreich | 0 Kommentare

Wien / Brunn am Gebirge, 21. November 2019 – Die Pflege spielt eine wichtige Rolle in der interdisziplinären und multimodalen Behandlung von Schmerzen. Ihr Stellenwert und ihre vielfältigen Aufgaben wurden im Rahmen des pflegekongress19 im Wiener Austria Center am Beispiel neuropathischer und postoperativer Schmerzen beleuchtet. Dabei standen die innovativen Therapiekonzepte des Schmerzpflasters Qutenza® und des postoperativen Analgesie-Systems Zalviso® im Fokus.

Pflegefachkräfte sind zentraler Bestandteil eines multiprofessionellen Schmerzteams mit zahlreichen Aufgaben: „Sie erfassen, messen und evaluieren den Schmerz und führen verordnete therapeutische Maßnahmen aus“, beschreibt DGKP Ivana Budka, MSc, tätig in der Schmerzambulanz am Wilhelminenspital Wien. „Für diese verantwortungsvolle Aufgabe braucht die Pflege das Wissen, welche Arten von Schmerzen es gibt, wie man sie unterscheidet und wie moderne Therapien in der Praxis eingesetzt werden.“

Diesem wichtigen Thema wurde daher im Rahmen des pflegekongress19 ein Symposium gewidmet, bei dem Pflegende die Gelegenheit zur Weiterbildung sowie zum Erfahrungsaustausch hatten. Dabei stellten Pflegeexpertin Budka sowie Schmerzmediziner Prim. Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff, Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin am Wilhelminenspital Wien, innovative Zugänge im Management des Schmerzes vor. Der Schwerpunkt lag auf dem oft schwierig zu behandelnden neuropathischen Schmerz und dem Einsatz sowie der praktischen Handhabung des Capsaicin-Pflasters Qutenza®. Weiters wurde die zunehmende Bedeutung von patientengesteuerter Schmerzkontrolle nach Operationen diskutiert.

Qutenza®: Capsaicin-Pflaster gegen Nervenschmerzen

Das Schmerzpflaster Qutenza® enthält den Wirkstoff der Chilischote (Capsaicin) in synthetischer Form und hoher Dosierung (179 mg). Es ist für die lokale Behandlung aller Arten peripherer neuropathischer Schmerzen bei Erwachsenen zugelassen.1„Das Wilhelminenspital war europaweit eines der ersten Krankenhäuser, das Qutenza® einsetzte. Wir haben also viel Erfahrung mit dieser kutanen Therapie“, berichtete Gustorff und erklärte Grundsätzliches, das es immer zu beachten gelte: „Nervenschmerzen treten immer im Bereich von Nerven, in einem anatomisch abgegrenzten Bereich auf. Ein Gelenksschmerz oder ein diffuser und nicht körperlich begrenzter Schmerz ist somit kein Nervenschmerz. Das klingt zwar banal, ist aber wichtig. Denn das Capsaicin-Pflaster wirkt nur bei neuropathischen Schmerzen.“

„Die Pflege managt den Schmerz. Das trifft ganz besonders auf die Qutenza®-Therapie zu. Die Aufklärung der Patientinnen und Patienten, die Schmerzevaluation vor und nach der Behandlung, die Vorbereitung und Durchführung der Therapie sowie die Dokumentation liegt im Wesentlichen in den Händen von gut geschulten Pflegefachkräften“, so Budka. Vor der Applikation kann ein topisches Anästhetikum oder ein orales Analgetikum eventuelle applikationsbedingte Beschwer­den reduzieren. Eine Alternative kann die Kühlung der Haut während der Pflasterapplikation darstellen. Vorab wird das zu behandelnde Areal zum Beispiel mit einem Pin-Prick-Test identifiziert und markiert. Das Capsaicin-Pflaster kann dann entsprechend zugeschnitten und auf die intakte Haut appli­ziert sowie fixiert werden. Wichtig ist die Überwachung des Blutdrucks und der Sauerstoffsättigung vor und während der Behandlung, da der Anwendungsschmerz eine Stressreaktion hervorrufen kann. Nach 60 Minuten am Körper bzw. 30 Minuten an Händen und Füßen wird das Pflaster entfernt und ein Reinigungsgel aufgetragen. Gustorff: „Im Schnitt wird alle drei bis fünf Monate ein neues Pflaster geklebt.“

Vorteile von Qutenza®

·      Lokale Behandlung

·      Gute Verträglichkeit (keine ZNS-Wirkung)

·      Kaum systemische Nebenwirkungen

·      Keine Arzneimittelinteraktionen

·      Nicht organtoxisch

·      Keine Toleranzentwicklung

Quellen: Qutenza®-Fachinformation, März 2019;

Schmerznachrichten 3b, 10/2018, Schmerznachrichten 2c, 7/2019

 

 

Postoperative Schmerzen patientenkontrolliert behandeln

Der Schmerzmittelbedarf in der akuten, postoperativen Schmerztherapie ist höchst individuell. „Eine Standarddosierung gibt es nicht“, sagt Schmerzmediziner Gustorff. „Das ist auch der Grund, warum zunehmend eine patientenkontrollierte Analgesie – eine sogenannte PCA – angeboten wird, die an die spezifische Patientensituation angepasst ist. Dabei kann der Patient selbst über den Zeitpunkt der Analgesie entscheiden.“ Es stehen zwei PCA-Dosiersysteme zur Verfügung: die klassischen i.v.-Schmerzpumpen und das sublinguale Zalviso®-System.

Zalviso®: Schmerztherapie auf Knopfdruck

Zalviso® ist eine Kombination aus einem innovativen Medizinprodukt und Sufentanil-Sublingualtabletten. Das PCA-System ist nicht-invasiv, einfach anzuwenden und für die Behandlung von mäßig starken bis starken postoperativen Schmerzen bei erwachsenen Patientinnen und Patienten im Krankenhaus zugelassen.2 „Zalviso® ist eine Schmerztherapie für die ersten 72 Stunden nach einer Operation. Das ist eine Zeitspanne, die es zu nutzen gilt, damit die Schmerzen gering bleiben. Mit Zalviso®gelingt uns das“, so der Schmerzmediziner.

Das System wird durch individuellen Fingerprint vorprogrammiert und kann nur vom Patienten selbst bedient werden. Der Patient kann sich dann einfach mittels Tastendrucks auf den Dispenser selbst im Abstand von mindestens 20 Minuten eine Tablette unter die Zunge legen. Damit ist eine individuelle sowie bedarfsorientierte Dosierung möglich und eine Überdosierung durch die Sperrzeit ausgeschlossen.

Die Aufgaben der Pflege sind auch hier sehr umfassend und reichen von der prä- und postoperativen Beratung der Patientinnen und Patienten über die Programmierung der Steuereinheit, der Installation des Systems am Krankenbett, bis hin zur regelmäßigen Kontrolle, Evaluation und Dokumentation. Am Wiener Wilhelminenspital wurden bis dato 160 Patienten mit dem innovativen PCA-System Zalviso® behandelt. 60 Patientinnen und Patienten wurden nach Beenden eines Pilotprojektes evaluiert. „80 Prozent unserer Patienten waren sehr zufrieden mit der Schmerzlinderung und kamen auch mit dem Handling gut zurecht“, zitiert Pflegeexpertin Budka die Anwendungsbeobachtung des Wilhelminenspitals. Auch das Pflegepersonal kommt gut mit dem System zurecht: Laut einer Umfrage wurde der geringe Arbeits- und Zeitaufwand besonders positiv eingestuft.3

Vorteile von Zalviso®

·      Nicht-invasiv (ohne i.v.-Zugang möglich)

·      Einfache Handhabung

·      Sichere Dosierung durch Sperrzeiten

·      Sichere Pumpeneinstellung

·      Frühe Mobilisation

·      Mehr Autonomie, bessere Lebensqualität und Patientenzufriedenheit

Quelle: Frampton 2016, S. 720

 

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)