Am 2. und 3. Oktober fand das Carecamp Demenz in Salzburg statt. Die Organisatorinnen Sonja Schiff und Dorothee Glöckle eröffneten den ersten Tag mit einer Begrüßung und dem Vorstellen der Abläufe.
Im ersten Impulsreferat wurden von Simon Krutter und Roland Eßl-Maurer die ersten Teil-Ergebnisse der PAiS-Studie (Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz in Salzburg) vorgestellt. Sie präsentierten die Perspektiven und Grenzen in der Pflege eines Angehörigen mit Demenz, die im Rahmen dieser Studie herausgearbeitet wurden. Wobei diese aus Sicht der Angehörigen und aus Sicht der Professionisten erforscht wurden. Ein spannendes Studienergebnis waren die hoch übereinstimmende Selbst- und Fremdeinschätzung hinsichtlich Belastungskriterien von pflegenden Angehörigen.
Im zweiten Impulsreferat befasste sich Raphael Schönborn mit dem Begriff „demenzsensibel“ und versuchte diesen näher zu definieren. Er stellte kurz einige Ergebnisse aus seiner Masterthesis vor und beschrieb sehr gut den Forschungsbedarf im Bereich der Perspektive der Menschen mit Demenz und deren eigener Krankheitssicht. Auch die Problematik der Linguistik, welche auch ursächlich mit an Stigmatisierung und Ausgrenzung von Betroffenen schuld ist, regte zum Nachdenken an.
Sabine Veits-Falk beschrieb sehr eindrucksvoll, auch mit Bildern, die Kindheit in den 30er und 40er Jahren in Salzburg und welche geschichtlichen Erlebnisse dieser Zeit gerade die Kindheit damals formten. Kimbie Humer-Vogl brachte plastische Fallbeispiele von Menschen mit Demenz in betreuten Einrichtungen und wie diese kindlichen Traumata sich auf die Verhaltensweisen nun heute auswirken bzw. diese prägen. Menschen mit Demenz haben Kindheitstraumata, diese Erinnerungen kommen wieder zurück und es kann zu Depressionen, Angst und Regression dadurch kommen. Ebenso besteht das große Risiko einer Retraumatisierung durch den Einzug in ein Seniorenwohnheim. Mögliche Ansätze bei dieser betroffenen Bewohnergruppe sind: validierende Beziehungen, Halt und Sicherheit, Wärme und Geborgenheit zu vermitteln seitens des Personals, Gespräche und Gefühle zuzulassen und einen positiven Lebensrückblick zu ermöglichen. Im Rahmen einer Fragerunde hatten auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit ihre Fallbeispiele darzustellen und Fragen zu möglichen Handlungsweisen zu stellen. Wobei der wichtigste Aspekt, der Vermittlung von Geborgenheit und Sicherheit immer wieder zur Sprache kam.
Beim ersten Workshop am Abend stellten Michaela Poschacher, Angela Baumann und Birgitt Klappacher das neue Berufsbild der Alltagsbegleiterin vor. Parallele Workshops dazu waren von David Röthler die Möglichkeit von online-Meetings zur Information und Vernetzung von pflegenden Angehörigen und als dritter Workshop stellte Ernst Karosser vier sogenannte „Demo-Koffer“ als Testkoffer für Betroffene und ihre Familien vor. Diese Koffer beinhalten Hilfsmittel für die Adaptierung der Haushalte und Unterstützungshilfen im Alltag, welche so im Zuge eines Beratungsgespräches gleich direkt auch von den Personen getestet werden können. Ein breites Spektrum an Hilfsmittel kann somit gerade im ambulanten Sektor das Betreuen und Pflegen von Menschen mit Demenz sicherer und einfacher gestalten. Das Spektrum umfasste von einfachen ergotherapeutischen Hilfsmitteln wie ergonomischem Essbesteck bis zu Produkten aus dem Ambient Assisted Living-Sektor wie Herdabschaltung, Notrufuhr, diverse Beleuchtungs-Sensorik oder andere technische Unterstützung zu Erhöhung des Sicherheitsaspektes zuhause.
Am zweiten Tag des Carecamp Demenz fanden diverse parallele Workshops statt, wo zum Beispiel durch die stellvertretende Bürgermeisterin, Anja Hagenauer, die Demenzstrategie der Stadt Salzburg vorgestellt wurde und mögliche neue Themenfelder im Rahmen des Workshops diskutiert und festgehalten wurden. Ebenso referierte Herr Manfred Fischer, ein pflegender Angehöriger zu seinen Erlebnissen und Erkenntnissen im Bereich der Pflege seiner dementen Gattin. Auch die Weiterbildungsmodule für Pflege bei Demenz, welche vom Land Salzburg gemeinsam mit dem BfI Salzburg entwickelt wurden, wurden von Damare Duquene und Leslie Gauran vorgestellt. In einem Workshop stellte Werner Bernreiter, Sene Cura, das Grafenwärther Modell vor. Parallel dazu gab es einen spannenden Workshop zu dem Thema Herausforderndes Verhalten. Elisabeth Hahn, Pflegeberaterin aus Wien sprach über die Pflegegeldeinstufung bei Menschen mit Demenz und im Anschluss fanden drei parallele Workshops statt, wo einerseits Rosemarie Bleil die Klangschalen in der Pflege vorstellte, Frau Monika Puck stellte das Projekt TrotzDEM vor, ein Generationen-verbindendes Projekt.
Im abschließenden Impulsreferat beleuchtete Frau Ulla Kriebernegg, Literaturwissenschafterin, die Perspektive Demenz aus der Sicht von Film und Literatur. Sie stellte damit Demenz als kulturelles Phänomen unserer Zeit und als existentielles, beziehungsveränderndes Symptom unserer Kulturperiode vor, zog Parallelen zwischen angloamerikanischem Raum und unserem Kulturkreis und beschrieb auch die unterschiedlichen kulturellen Sichtweisen sowie auch von hier propagierten Copingmöglichkeiten in den Romanen und Filmen aus Perspektive der Literaturwissenschaft. Die Darstellungsformen von Demenz in Schrift und Bild zeigen, wie einerseits Demenz dargestellt wird aber auch andererseits wie durch diese Darstellung das Bild, welches in der Gesellschaft besteht auch gelenkt oder teilweise neu generiert wird. Je nach Kulturkreis und Zeitepoche ändert sich dieses, lenkt und spiegelt die Gesellschaft auch damit.
Eine herzliche Verabschiedung der beiden Organisatorinnen stellte den Abschluss eines sehr gelungenen und interessanten Carecamp Demenz 2017 dar.
- (C) Fazel Shafa
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