AT: Covid19 Impfung für Pflegefachkräfte: Wir haben beim Berufsverband und bei der Gewerkschaft nachgefragt

27. November 2020 | Covid19, News Österreich | 0 Kommentare

Laut einiger Medienberichte wird es demnächst die Covid19 Impfung geben. Laut der beworbenen Impfstrategie sind Pflegekräfte  in den ersten Runden der Impfung dazu angehalten sich impfen zu lassen. Ob dies freiwillig oder per Anordnung ist geht aus den Schriftstücken oder Medienberichten nicht hervor. Dies stößt auf Unsicherheit und wird in den sozialen Medien heiß diskutiert. Wird dies auf freiwilliger Basis stattfinden? Wird es eine dienstliche oder rechtliche Anordnung geben? Was passiert, wenn man sich weigert? Ein Grund für Pflege Professionell beim Berufsverband und bei der Gewerkschaft nachzufragen, wie denn die Haltung zu diesem Thema ist.

Der ÖGKV antworte auf unsere Anfrage mit:

Der ÖGKV ist erfreut, dass es zeitnah eine Impfung geben wird. Eine mögliche Impfpflicht, welche derzeit ohnehin nicht im Raum steht, würden wir sehr kritisch sehen. Uns ist es wichtig, dass mit den Menschen auf geeignete Weise kommuniziert wird. Es gibt im Zusammenhang mit dem Impfstoff viel Desinformation und Unverständnis. Daraus resultieren Skepsis und letztendlich auch Ablehnung. Dem muss auf geeignete Weise begegnet werde: Nicht durch Bevormundung sondern durch adäquate Information.
Der Diskurs soll rechtzeitig begonnen werden und alle Betroffenen müssen miteingebunden werden. In diesem Diskurs müssen heikle Themen Platz finden, wie der Umgang mit Non-Respondern, mit jenen welche nicht geimpft werden können (Allergie, etc) und wie diese Frage in der Erwachsenenvertretung behandelt wird.
Die Gewerkschaften (GÖD & YOUNION) haben unsere Anfrage mit einem gemeinsamen Statement beantwortet: 

POSITION der Gewerkschaften für Kliniken und Pflegezentren in Trägerschaft der Länder und Gemeinden Österreichs

younion – die Daseinsgewerkschaft Team Gesundheit Hauptgruppe II sowie

GÖD-Gesundheitsgewerkschaft zu aktuellen Themen:

Covid 19-Impfung und mögliche Verpflichtung zur Impfung im Bereich des Personals von Gesundheits- und Pflegezentren in öffentlicher Trägerschaft

Wie bereits medial verkündet gab es in den letzten Tagen und Wochen scheinbar große Durchbrüche bei der Entwicklung eines Impfstoffes und damit einhergehend Testungen zur Zulassung. Mit diesen Meldungen häufte sich auch die Frage nach einer verpflichtenden Impfung oder härter formuliert einer Zwangsimpfung z.B. für das Gesundheitspersonal.

Unsere gemeinsame gewerkschaftliche Position dazu:

Hier deckt sich unsere Position mit jener, bis heute gültigen, des Bundesministeriums für Gesundheit, veröffentlicht in „Impfungen für MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens“ aus dem Jahr 2012, Unterpunkt Rechtliche Aspekte, ArbeitnehmerInnenschutz, Seite 12.

Wir zitieren: „Eine Pflichtimpfung ist nach ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht möglich, weil eine gesetzliche Grundlage fehlt… und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Tragen  kommt, der das Privat- und Familienleben umfassend schützt. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich im Verfassungsrang… Daher sind im Übrigen Impfungen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, nur mit Zustimmung der ArbeitnehmerInnen – also freiwillig – möglich. Sehr wichtig n diesem Zusammenhang ist daher eine entsprechende Bewusstseinsbildung beim betroffenen Personal.“

Sollte die Bundesregierung also keine Gesetzesänderung vornehmen, die eine verpflichtende Impfung vorsieht (und die derzeit kommunizierte Position der Regierung lautet auf keine Verpflichtung), gilt auch hier: Kommunikation ist alles und ohne Kommunikation ist alles nichts. Eine Bewusstseinsbildung kann nur durch einen regen, fachlichen und sachlichen Diskussionsprozess erfolgen. Fragen der Ethik sind zu stellen und zu beantworten, die zugeschriebene Vorbildwirkung zu beleuchten und etwaige Verantwortung daraus abzuleiten, Sicherheitsbedenken gerade im Zusammenhang mit der Applikation eines unter hohem Druck geschaffenen Impfstoffes müssen angesprochen und ausgeräumt werden. Diesem Diskussionsprozess kann und wird sich auch niemand in der Belegschaft verwehren.

Die Betriebe zur Gesundheits- und Pflegeversorgung in öffentlicher Hand mit gesamt rund 130.000 MitarbeiterInnen stellen einen Querschnitt der Bevölkerung dar. Nach Gaußscher Verteilungskurve ist daher von den BefürworterInnen bzw. PionierInnen, die sich ohne zu zögern impfen lassen, bis hin zu Impfskeptikern alles vertreten. Eben wie in der Bevölkerung auch. Zudem beschäftigen die Kliniken und Pflegezentren nicht nur Gesundheitspersonal sondern auch zehntausende MitarbeiterInnen in Verwaltung, Technik, Service und Versorgung, denen schon alleine aufgrund ihres Berufsbildes eine differenzierte Sicht bzw. andere ethische Kriterien zuzugestehen sind. Eine Spaltung der ArbeitnehmerInnen in zwei Lager wäre absurd und würde die Einheit der interdisziplinären Teamstruktur gefährden.

Verpflichtung oder Zwang zur Impfung kann daher in einer modernen, demokratischen Gesellschaft aus Sicht der ArbeitnehmerInnenvertretung nie der geeignete Weg sein, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Daher ist für uns auch klar, dass MitarbeiterInnen, die eine mögliche Covid 19-Impfung verweigern, keinen beruflichen Nachteil erfahren dürfen.

Gesondert hat auch noch die vida ein Statement abgegeben:

VIDA: „Wir sprechen uns klar gegen eine Impflicht aus!“ Das Prinzip der Freiwilligkeit muss aus unserer Sicht gewahrt werden. Beschäftigte hier zu Impfungen zu verpflichten oder mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu drohen halten wir nicht für zielführend. Wir gehen aber davon aus, dass bei entsprechender Aufklärung, gratis Zugang und fairer Verteilung von Impfstoffen, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung und v.a. in den Gesundheitsberufen hoch sein wird. Mit gratis Impfaktionen in Betrieben haben wir in der Vergangenheit auch bei anderen Impfstoffen gute Erfahrungen gemacht. Diese sind aber immer freiwillig!“

 

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)