Eine rezente Stellungnahme [1] der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) veranlasst auch uns zu einer entsprechenden Information und Empfehlung: Neuere Befunde rücken die Bedeutung von Gurgeln und Nasen-Antiseptik wieder in den Fokus. Sie sind zur Abwehr von Erkältungskrankheiten schon lange bekannt, kamen aber aus der Mode. In [1] werden die Wirksamkeiten und Nebenwirkungen verschiedener Stoffe und Stoffgruppen gegenübergestellt und folgendes herausgearbeitet:
Die für die meisten saisonalen Erkältungskrankheiten verantwortlichen Erreger inkl. Influenza- und Coronaviren gehören zur Gruppe der behüllten Viren. Diese sind aufgrund lipidhaltiger Oberflächenstrukturen, die für die Virus-Anhaftung und den Befall von Wirtszellen unerlässlich sind, sehr empfindlich gegenüber Stoffen, die mit Fetten reagieren. Dazu gehören Tenside und Seifen, die wegen ihrer Fettlösekraft als Reiniger eingesetzt werden, aber auch zum Einsatz gegen Krankheitserreger entwickelte Tensid-verwandte Stoffe wie Octenidin, Phenoxyethanol, PVP-Jod oder Carragelose.
In [1] werden zu einzelnen dieser Stoffe auch experimentelle und klinische Studien zitiert und deren klinische Wertigkeit diskutiert. Es werden Anwendungen im Medizinbetrieb und auch im Alltagsleben angesprochen und entsprechende Empfehlungen formuliert. Ergänzend sei auf eine ganz rezente Publikation hingewiesen, die die Wirksamkeit eines Mund-Rachensprays auf Glycerin und Trypsin-Basis beschreibt [2]. All diese Ansätze können und sollen vorbeugend und vorsorgend eingesetzt werden, um die Viruslast im oberen Respirationstrakt zu reduzieren, und viele können das unter Erhaltung des Mikrobioms im Nasen-Rachenraum.
Zusammengefasst stellen wir folgendes fest:
Maßnahmen, die beim „Empfänger“ die Viruslast verringern, machen Sinn. Weniger Viren an der Eintrittspforte bedeutet nicht nur eine geringere Wahrscheinlichkeit, sich selbst oder andere anzustecken, sondern auch im Fall einer Ansteckung selbst weniger schwer zu erkranken [3].
Eine geringere Viruslast kann auch bei COVID-19 von großer Bedeutung sein, da für diese Erkrankung ein „Kipp-Mechanismus“ diskutiert wird: Geringe Infektionsdosen (= Ansteckung mit einer kleinen Viruszahl) scheinen das Immunsystem rasch und stark zu aktivieren, sodass die Infektion ohne (schwere) Symptome abläuft und eine wirksame Immunität hinterlässt. Wird das Immunsystem hingegen von Beginn an sehr gefordert, wie das bei hohen Infektionsdosen (oder bei schon bestehender Abwehrschwäche) der Fall ist, dann kommt die Virusausbreitung im Körper dem Immunsystem zuvor und führt zu einem Abwehrdefizit, das schwere und schwerste Krankheitsverläufe begünstigt und überdies von einer starken, lang anhaltenden Virusausscheidung begleitet sein kann [3].
Da bei COVID-19 häufig das Virus schon vor Beginn von Krankheitszeichen und somit unerkannt ausgeschieden wird, sind Maßnahmen, die den Virusgehalt der Atemwegssekrete reduzieren können, als unspezifische Präventionsmaßnahmen erwünscht. Dazu gehören die hinlänglich „Bekannten“: Meiden der Nähe zu möglichen Virusausscheidern (= Abstand halten), Mund-Nasenbedeckung und Augenschutz, Husten- und Niesetikette sowie gutes Lüften von geschlossenen Räumen. Aber auch geeignete Gurgellösungen und Nasensprays wirken in diese Richtung und tragen damit zum Schutz bei, sowohl vor Infizierten als auch von Infizierten selbst.
Nicht alle am Markt befindlichen Gurgellösungen und Nasensprays können dies. Für die Auswahl möge man sich an [1] orientieren. Dort werden Anwendungen einerseits für den „Hausgebrauch“ genannt und diskutiert, anderseits aber auch Empfehlungen für den Schnittstellenbereich zwischen Haushalt und Medizinbetrieb gegeben wie z. B. Zahnarztbesuch, Arztbesuch mit Untersuchung am Kopf (z. B. HNO oder Augen), Magenspiegelung oder tracheale Intubation.
Literatur
[1] Kramer A, Eggers M et al.: Viruzides Gurgeln und viruzider Nasenspray. Empfehlungen der DGKH 7. Dezember 2020. https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/2020_12_02_Empfehlung-viruzidesgurgeln-nasenspray.pdf
[2] Gudmundsdottir Á, Scheving R, Lindberg F, Stefansson B. Inactivation of SARS-CoV-2 and HCoV-229E in vitro by ColdZyme® a medical device mouth spray against the common cold. J Med Virol. 2021;93:1792-1795. https://doi.org/10.1002/jmv.26554
[3] Raoult D, Zumla A, Locatelli F, et al. Coronavirus infections: Epidemiological, clinical and immunological features and hypotheses. Cell Stress 2020; 4: 66-75. https://www.cell.com/cell/pdf/S0092-8674(20)31623-8.pdf
Verfasser*innen: M. Suchomel, M. Hell und W. Koller, unter Mitarbeit von A. Blacky, A. Wechsler-Fördös, Th. Freundlinger, A. Grisold, B. Willinger
Review durch: M. Ehling-Schulz, R. Sommer
Stand: 2.2.202