AT: Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt BAG: „Masterplan Pflege“ braucht auch konkrete Maßnahmen!

1. Mai 2019 | News Österreich, Pflegende Angehörige | 0 Kommentare

Fünf BAG-Forderungen für eine gute Pflege: Mehr Gerechtigkeit, Stärkung der mobilen Dienste, mehr Unterstützung für Angehörige, faires Pflegegeld, Personaloffensive.

Wien (OTS) – Die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt zeigt sich erfreut, dass sich die Bundesregierung des Zukunftsthemas Pflege annimmt. Allerdings fordern die fünf Hilfsorganisationen Caritas, Diakonie, Hilfswerk, das Österreichische Rote Kreuz und Volkshilfe, vier Monate nach der Präsentation des 15-seitigen „Masterplan Pflege“, konkrete Schritte zu dessen Umsetzung.

Gleiche Leistungen – vom Burgenland bis nach Vorarlberg

Um die Pflege zukunftsfit zu machen und ein Leben in Würde bis zuletzt für alle Menschen in Österreich sicher zu stellen, brauche es etwa – wie im „Masterplan Pflege“ angedacht – Transparenz bei den Leistungen in ganz Österreich. „Alle Menschen in Österreich sollten klar darüber Bescheid wissen, welche Betreuungsmöglichkeiten es gibt und wieviel diese kosten“, erklärt Bernd Wachter, BAG-Vorsitzender und Caritas Generalsekretär. „Wenn ich meine pflegebedürftige Mutter zu mir nach Hause hole und damit eine Landesgrenze überschreite, dürfen dadurch keine Nachteile entstehen – weder in der Versorgungsmöglichkeit noch bei den Kosten! Momentan gibt es bis zu 60 Prozent große Unterschiede bei den Kosten von Pflegeangeboten in den Bundesländern. Diese Ungleichheit gehört dringend geändert“, fordert Wachter.

Mobile Betreuung ausbauen

85 Prozent der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen leben zu Hause. „Damit das auch in Zukunft so bleiben kann, muss die Pflege zu Hause gestärkt und die Lücke zwischen der 24h-Betreuung und der stundenweise mobilen Betreuung geschlossen werden“, erläutert Werner Kerschbaum, Rot Kreuz-Generalsekretär. „Genauso wichtig ist es, darauf hinzuarbeiten, dass die Menschen länger fit und selbständig bleiben“, betont Kerschbaum die Wichtigkeit der Prävention von Pflegebedürftigkeit.

Pflegende Angehörige entlasten

Die Last der Pflege und Betreuung liegt oft auf den Schultern der Angehörigen. Es beginnt mit etwas Aushelfen im Alltag. Der Übergang zu einer Betreuung rund um die Uhr ist nicht selten fließend und führt zu Überlastungen. „Der „Masterplan Pflege“ der Bundesregierung setzt trotz dieser Belastungen verstärkt auf Angehörige, und sieht keine Finanzierung für den Ausbau professioneller Unterstützung vor. Das ist kein Zukunftsmodell zur Lösung der Pflegefrage, zumal die Hälfte der pflegenden Angehörigen schon über 60 Jahre alt, und ihre Kraft nicht grenzenlos ist“, so Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser.

Pflegegeldsystem konsequent an Lebensrealitäten anpassen statt weiter „herumdoktern“

„Wenn uns die Pflege zu Hause und die pflegenden Angehörigen ein ernsthaftes Anliegen sind, dann ist es mit einer, wie bisher angekündigten, Erhöhung des Pflegegeldes ab Stufe 4 nicht getan“, meint Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Vielmehr sei eine signifikante Erhöhung in allen Stufen notwendig. Alleine schon, um den massiven Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre auszugleichen. Dieser beträgt rund 35% und betrifft jene besonders, die zu Hause pflegen und, anders als im Heim, mit ihren Ressourcen selbst wirtschaften müssen. Und dies gerade in den Pflegegeldstufen unter vier, in welchen besonders häufig zu Hause betreut wird. „Noch besser wäre es allerdings“, meint Anselm, „wenn es zu einer echten Modernisierung des Systems punkto Einstufung und Leistungsprofil käme, dann könnten die Lebensrealitäten von Betroffenen besser erfasst werden. Neben körperlichen Einschränkungen, gilt es auch neurologische, psychiatrische und psychosoziale sowie lebenssituative Aspekte zu berücksichtigen.“

Fachkräfte ausbilden

Bis zum Jahr 2050 ist mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen von derzeit 450.000 auf 750.000 Personen zu rechnen. Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, hält fest: „Schon jetzt gibt es in vielen Bereichen einen Mangel, vor allem an diplomiertem Personal. Um diese große Herausforderung menschenwürdig zu bewältigen, bedarf es nach einer aktuellen WIFO Studie rund 60.000 Pflegestellen mehr als heute. Das bedeutet, dass wir neue Wege in der Ausbildung gehen müssen. Es muss leichter werden, den Weg in die Pflege zu finden, Umstiege müssen besser gefördert werden. Der Beruf soll für NeueinsteigerInnen attraktiver werden, und die Verweildauer im Beruf kann nur durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen erhöht werden. Die Zeit drängt, rasches Handeln ist nötig.“

Bei einer ganzheitlichen Reform des Pflegebereichs müssen Betroffene, Angehörige und Pflegekräfte in den Blick genommen werden, nur dann könne das System Pflege insgesamt positiv und zukunftstauglich gestaltet werden, so die BAG-VertreterInnen unisono.

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)