AT: Brustkrebs: Herzultraschall ermöglicht Prognose kardialer Schädigungen durch Medikamente

7. September 2019 | News Österreich, Onkologie | 0 Kommentare

Strahlentherapie und bestimmte Medikamente wie Trastuzumab können den Herzmuskel schädigen mit der Folge einer Einschränkung der Pumpleistung. Das Ergebnis einer Studie der Medizinischen Universität Graz: Je geringer bei einer Patientin die Ausgangspumpfunktion und je größer ihr Abfall bis zur ersten Kontrolle nach drei Monaten war, desto höher ist das Einjahres-Risiko für eine Herzschädigung. Derzeit werden Brustkrebspatientinnen mit Trastuzumab-Therapie alle drei Monate mittels Herzultraschall überwacht, berichten die Studienautoren auf dem Europäischen Kardiologiekongress in Paris. Anhand der Ergebnisse sei zu überlegen, ob Kontrollintervalle je nach dem echokardiographischen Risikoprofil adaptiert werden sollten, um bleibende Schäden mit der Folge einer Einschränkung der Pumpleistung möglichst früh zu erkennen, zu verhindern bzw. zu begrenzen.

Paris/Graz, Mittwoch, 4. September 2019 – „Unser Ziel ist es, in allen Fällen eine potentielle Beeinträchtigung des Herzmuskels durch die gut wirksame krebsspezifische Therapie mit Trastuzumab möglichst rasch zu erkennen und darauf reagieren zu können, um bleibende Schäden mit der Folge einer Einschränkung der Pumpleistung zu verhindern bzw. zu begrenzen“, sagt Dr. Theresa Glantschnig von der Abteilung für Kardiologie der Medizinischen Universität Graz. „Denn Strahlentherapie und bestimmte Medikamente wie Trastuzumab bergen das Risiko der Schädigung des Herzmuskels mit der Folge einer Einschränkung der Pumpleistung.“ Eine Grazer Studie wertete deshalb 1.136 Herzultraschälle von 185 Frauen aus, die an einem lokal begrenzten HER2neu+ Brustkrebs erkrankt waren. Das Ergebnis: Je geringer die Ausgangspumpfunktion und je größer ihr Abfall bis zur ersten Kontrolle nach drei Monaten war, desto höher ist das Einjahres-Risiko für eine Herzschädigung. „Derzeit werden Brustkrebspatientinnen mit Trastuzumab-Therapie alle drei Monate mittels Herzultraschall überwacht“, berichtet Dr. Glantschnig auf dem Europäischen Kardiologiekongress in Paris. „Anhand unserer Ergebnisse ist zu überlegen, ob Kontrollintervalle je nach dem echokardiographischen Risikoprofil adaptiert werden sollten.“

In Paris kommen von 31. August bis 4. September 32.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen – der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ist einer der weltweit größten Medizinkongresse.

Der Hintergrund der Grazer Studie: Für Patientinnen, deren Tumor das Merkmal HER2neu+ trägt, gibt es eine spezifische Antikörpertherapie (Trastuzumab), die speziell an den HER2neu Rezeptor am Tumor bindet und sein Wachstum einschränkt. Zu einem gewissen Teil befindet sich dieses Merkmal auch an den Herzmuskelzellen, wodurch der Antikörper auch hier wirken und die Herzfunktion einschränken kann. Daher wird bei Patientinnen, die diese Form der Therapie erhalten, die Pumpfunktion des Herzens mittels Herzultraschall kontrolliert. Als normale Herzleistung wird ein Wert zwischen 55 und 75 Prozent gewertet. Als herzschädigend durch die krebsspezifische Therapie ist ein Rückgang auf einen Wert von 10 Prozent unter 50 Prozent definiert. Das Ziel unserer Studie war es, herauszufinden, ob sich schon vor dem Erreichen eines solchen Wertes im Ultraschall Hinweise für eine drohende Einschränkung der Pumpfunktion zeigen.

Dafür wurden retrospektiv 1.136 Herzultraschälle von 185 Frauen ausgewertet, die an einem lokal begrenzten HER2neu+ Brustkrebs erkrankt waren. Die Ultraschälle fanden alle 3 Monate während der 12-monatigen Therapie, sowie 6 bis 12 Monate danach statt. Der ECOG performance status, eine Skala, die den Einfluss der Erkrankungen auf die Lebensqualität ausdrückt, war durchwegs null  die Frauen waren also durch ihre Erkrankung nicht in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. 59 bzw. 67 Prozent der Tumoren wiesen zusätzlich zum Merkmal HER2neu Progesteron- bzw. Östrogenrezeptoren auf. 148 Frauen (80%) erhielten zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine Strahlentherapie. Die mediane Ausgangspumpfunktion war 64 Prozent.

Von 185 Patientinnen erlitten 19 (10%) eine Einschränkung der Herzleistung. Die durchschnittliche Zeit bis zum Eintreten der Schädigung betrug 6,7 Monate, die Abnahme der Pumpfunktion 18 Prozent. Statistisch wurde das Einjahres-Risiko für eine Herzschädigung berechnet: Es lag bei 7,6 Prozent bei Patientinnen mit einem Herzleistungswert von größer/gleich 60 Prozent (150 Patientinnen) und 24,5 Prozent bei jenen mit einem Ausgangswert kleiner/gleich 60 Prozent (35 Patientinnen).

Während der Behandlung nahm die Pumpfunktion bei jenen Frauen, die schlussendlich eine Schädigung erlitten, deutlich rascher ab, als bei jenen, deren Herzleistung nicht unter den Grenzwert fiel (1,3% pro Monat bzw. 0,1% pro Monat). Je mehr die Pumpfunktion pro Monat abnahm, desto höher wurde das Risiko einer Schädigung (pro 0,1%/monatliche Abnahme um 2,50-fach erhöht und ums 1,7-fache pro 5% absoluter Abnahme von der Ausgangsfunktion bis zur ersten Kontrolle). 36 Patientinnen (19%) fielen um mindestens 5 Prozent des ursprünglichen Wertes bis zur ersten Kontrolle ab (frühe Funktionsabnahme). Das 1-Jahres-Risiko für eine Herzschädigung betrug 6,8 Prozent für jene ohne frühe Abnahme der Pumpfunktion und einem Ausgangswert von größer/gleich 60 Prozent (117 Patientinnen), 15,7 Prozent bei jenen mit einer frühen Abnahme und einem Ausgangswert von kleiner 60 Prozent (65) und war mit 66,7 Prozent am höchsten bei jenen, die zu Beginn eine Pumpfunktion unter 60 Prozent hatten und bis zur ersten Kontrolle um 5 Prozent oder mehr abnahmen.

ESC 2019; P6237: Clinical utility of echocardiographic left-ventricular ejection fraction monitoring for cardiotoxicity risk assessment in patients with HER2+ early breast cancer undergoing trastuzumab-based therapy

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)