AT: Beiträge zum Seelenfrieden: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Testament

2. März 2019 | Demenz, News Österreich | 0 Kommentare

Am 15. und 16. März findet erstmals die Publikumsmesse SEELENFRIEDEN in Wien statt, initiiert und organisiert von Sabine List, Eventmanagerin und Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleiterin. Die Notarin Christiane Seyr-Recht wird rechtliche Maßnahmen zur Vorbereitung auf das Lebensende vorstellen. Hilde Kössler, diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester und Vizepräsidentin der Österreichischen Palliativgesellschaft, berichtet über die Möglichkeiten, mit gezielter Palliative Care die Lebensqualität von Patienten, die mit einer lebensbedrohenden Erkrankung konfrontiert sind, und von deren Angehörigen nachhaltig zu verbessern.

 

Nur jeder 5. Österreicher hat eine Patientenverfügung – und nur jeder 20. erstellt ein Testament

Die Zahlen zeigen, dass der Tod und das Lebensende von der überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung verdrängt werden. Es gilt als Tabu, sich schon zu Lebzeiten damit zu beschäftigen, Vorsorge zu treffen und den Nachlass zu ordnen. Christiane Seyr-Recht hat bei ihren Klienten mit dieser Einstellung Erfahrung: „Wir Notare sehen auch in den Verlassenschaftsverfahren, dass viele nicht ausreichend vorsorgen, manchmal offenbar aus geradezu abergläubischer Scheu, sich mit dem Thema zu befassen“. Sehr positiv bewertet die Notarin das neue Erwachsenenschutzrecht, die sogenannte „Vorsorgevollmacht“.

Dem Lebensende offen entgegenblicken und Vorsorge treffen

Mit einer Vorsorgevollmacht kann eine Person das Recht auf Selbstbestimmung wahrnehmen und im Vorhinein festlegen, wer als Bevollmächtigte/Bevollmächtigter für sie entscheiden und sie vertreten soll. Dies betrifft den Fall eines zukünftigen Verlusts der Geschäftsfähigkeit, der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder der Äußerungsfähigkeit. Derartige Situationen können z.B. bei einer Demenzerkrankung oder bei längerer Bewusstlosigkeit entstehen. Eine Vorsorgevollmacht muss bestimmte formale und rechtliche Voraussetzungen erfüllen. Christine Seyr-Recht sieht in der Vorsorgevollmacht eine gute Möglichkeit zur Selbstbestimmung. Generell plädiert sie dafür, eine Vorsorgevollmacht und ein Testament als Vorbereitungen für das Lebensende zu definieren. Beim Testament sei es wichtig, die rechtlichen Bestimmungen genau zu beachten, so die Notarin. „Ich bespreche mit meinen Klienten immer vorab, wie die gesetzliche Erbfolge ausschaut. Wenn die nicht gewünscht wird, ist eine Entscheidung zu treffen, wer Erbe sein soll und wie mit allfälligen Pflichtteilansprüchen umgegangen wird.“

Informieren und Ängste lindern: Palliative Care

Hilde Kössler, diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester und Vizepräsidentin der Österreichischen Palliativgesellschaft, engagiert sich seit geraumer Zeit für entsprechende Information zu Palliative Care. Denn „es besteht selbst bei professionellen Medizinern und Pflegepersonen sehr viel Unklarheit und Unsicherheit“. Kösslers Ziel ist es, ein neues Bewusstsein für den palliativen Weg zu erreichen. Sie engagiert sich dafür, dass „der palliative Weg nicht mehr, wie derzeit, viel zu spät, oft erst Wochen oder Tage vor dem Eintreten des Todes eingeschlagen“ wird. Palliative Care ist ein Ansatz, der darauf zielt, die Lebensqualität von Patienten und deren Familien zu verbessern. Bei Patienten, die mit einer lebensbedrohenden Krankheit konfrontiert sind, kann durch den ganzheitlichen Ansatz der Palliative Care Leiden gelindert werden. Hilde Kössler zählt einige der Vorteile dieses Ansatzes auf: „Palliative Care verschafft Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen, strebt danach, den Tod weder zu beschleunigen noch mit allen Mitteln zu verzögern, bezieht sowohl psychosoziale als auch spirituelle Aspekte in die Patientenbetreuung ein, bietet vor allem auch ein Unterstützungssystem für Familien an“. Gerade dieser systemische Blick, dass auch die Situation der Angehörigen und des Umfelds angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung sehr belastet und beeinträchtigt sein kann und diese daher auch Unterstützung und Begleitung benötigen, zeichnet Palliative Care aus.

Richtiger Zeitpunkt

Kössler beobachtet, dass die Palliativbetreuung meist sehr spät eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass die Interventionsmöglichkeiten auf ein Minimum reduziert werden, wodurch den Eindruck, „palliativ“ sei gleichbedeutend mit „allerletzte Lebensphase“, gestärkt wird. „Medizin und Pflege haben nämlich Angst, das Thema „Palliativbetreuung“ anzusprechen, und tun es immer später. Patienten profitieren dadurch viel weniger von der palliativen Betreuung, die oft nur noch eine Begleitung in der Sterbephase wird, dadurch verstärkt sich in der Bevölkerung der Eindruck, jemand, der „palliativ“ ist, werde umgehend sterben. Kössler rät daher Betroffenen, sich in einer Palliativ- oder Hospizeinrichtung beraten zu lassen, welche Möglichkeiten sowohl für den Patienten als auch für die Angehörigen angedacht werden könnten. Palliativbetreuung bedeutet eben nicht, dass nichts mehr getan werden kann, sondern dass noch viel zu tun ist. Wie Cicely Saunders sagt: „Wir werden nicht nur alles dafür tun, dass Du friedlich sterben kannst, sondern auch, dass Du leben kannst bis zuletzt“, so Kössler abschließend.

Hilde Kössler hält ihren Vortrag „Hilfe, ich bin palliativ – muss ich jetzt sterben?“ am Freitag, den 15. März um 11.30, Christiane Seyr-Recht spricht ebenfalls am 15. März um 15.45 sowie am 16. März um 15.30 zum Thema „Vorsorge zu Lebzeiten“.

Das Trauernetzwerk ASPETOS https://aspetos.com/ ist offizieller Partner der Messe SEELENFRIEDEN. ASPETOS ist das Netzwerk, das Todesfälle verzeichnet, Erinnerungen sichert, Menschen auf dem Weg durch die Trauer verbindet und das Thema ‚Leben & Tod‘ in der Gesellschaft integriert. Die Messe findet im MGC Wien, Leopold-Böhm-Straße 8, 1030 Wien, täglich von 10-18 Uhr statt.

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)