Alltagsbewegung ermöglichen in jedem Alter

12. August 2018 | Fachwissen, Pflegende Angehörige | 0 Kommentare

MH®Kinaesthetics ist ein Bildungssystem zur Gesundheitsentwicklung für Menschen in allen Lebenslagen, unabhängig vom Alter oder Beruf. Dieses Bildungssystem wurde in Jahrzehnte langer Bearbeitung durch Dr.in Lenny Maietta und Dr. Frank Hatch entwickelt und in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Menschen weiterentwickelt.

Die derzeitige Definition des Kernangebotes von MH®Kinaesthetics ist, dass Menschen ihre Alltagsbewegung bewusst wahrnehmen, um mehr auf sich achten zu können. Ziel ist eine entstehende höhere Bewegungsqualität und Bewegungssensibilität, welche sich positiv und nachhaltig auf die Gesundheitsentwicklung, auf das Bewegungslernen sowie auf alle Lern- und Denkprozesse auswirkt. Dies geschieht im Sinne von Gesundheitswicklung, Lernen und Steigerung der Lebens-bzw. Arbeitsqualität.

Einerseits gilt es sich in der Schwerkraft effektiver zu bewegen – d.h., das Gewicht des eigenen Körpers zu bewegen; das Gewicht des eigenen Körpers und zusätzlich das Gewicht von anderen Menschen in der Schwerkraft effektiver zu bewegen. Andererseits gilt es das Gewicht des eigenen Körpers mit dem zusätzlichen Gewicht von Gegenständen in der Schwerkraft effektiv zu bewegen. MH®Kinaesthetics bietet dafür wirkungsvolle Werkzeuge an, damit Menschen ihren Lebens- und Arbeitsalltag gesundheits- und lernfördernd gestalten können. MH®Kinaesthetics wird als Instrument genutzt und in den Berufs- und Lebensalltag integriert, damit sich langfristig – bis ins hohe Alter, eine leichtere, effektivere und gesundheitsfördernde Bewegungsmöglichkeit ergibt.

Pflegende Angehörige sind durch Mehrfachbelastung einer besonderen Herausforderung ausgesetzt. Es gilt die eigene Bewegungsfähigkeit zu forcieren wie das vom Boden aufstehen, in Verkehrsmittel ein- und aussteigen, aus tiefen Polstermöbel aufstehen, das Tragen von Einkaufstaschen, das Aussteigen aus der Badewanne und viele weitere Alltagshandlungen mehr. Indem pflegende Angehörige ihre eigenen Bewegungsmuster wahrnehmen, überdenken und adaptieren können, umso leichter kann es gelingen, dies auf Andere zu übertragen. Mit wachsendem Bewusstsein für die eigene Bewegung, ist es möglich Bewegungsfähigkeiten differenzierter zu erleben. Dieses spezifische Bewegungswissen kann in Folge in der Begleitung und Betreuung im häuslichen Setting angewandt werden. „Jeder Mensch lernt individuell und selbst. Die Wahrnehmung von Unterschieden ist notwendig für das Lernen.“ (Maietta, Hatch, 2015)

MH®Kinaesthetics kann einen Beitrag leisten, um auf neue Weise Gleichgewicht kontrollieren zu lernen. Damit Menschen das Gewicht ihrer Körperteile im Gleichgewicht bewegen können braucht es die Möglichkeit, dies mit den eigenen vorhandenen Ressourcen tun zu können. Angestrebt wird, das Erleben und Ausführen von Alltagsaktivitäten mit größerer Leichtigkeit zu ermöglichen.

„Menschen lernen, die eigene Bewegung und deren sensorische Auswirkung zu erkennen und ihr zu vertrauen, damit das eigene Handeln in allen Aktivitäten, die das Leben ausmachen, ständig verbessert werden kann.“ (Hatch, Maietta 2015)

Diese MH®Kinaesthetics Unterstützungselemente wirken mitunter auch der Sturzangst entgegen. Die präventiven Sturzvermeidungsstrategien sind von großer individueller und auch sozioökonomischer Bedeutung. Die Angst vor dem Sturz ist der Türöffner für eine mögliche folgende Immobilität. Das Erleben von Immobilität ist vielschichtig:  „Immobilität ist eine Beeinträchtigung der Beweglichkeit in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht. Sie verändert das Selbstbild des Menschen, Immobilität ist eine emotionale Belastung und führt zu Verlust an Freiheit, Unabhängigkeit und menschlicher Würde.“ (Zeller-Forster 2005) Umso wichtiger erscheint es die Gesundheitsentwicklung als lebenslangen Prozess in den Vordergrund zu stellen und die Bewegungskompetenzen gemeinsam zu erweitern. In diesem Sinne wird es möglich die Bewegungssensibilität und Bewegungsqualität nachhaltig auf das Erleben von Wohlbefinden zu beeinflussen.

Literaturnachweis

Maietta, L. & Hatch, F. W. (2015): Maietta-Hatch® Kinaestehtics für Berufe im Gesundheitswesen Zertifizierungskurs Protokollheft. Fink-Verlag, Pfullingen.

Hatch, F. W. & Maietta, L. (2014): Interview durch KMLH – Kinaesthetics-movement learning health GmbH und KG, 40 Jahre Kinaesthetics, Berlin.

Perry, A.G. Potter, P.A. & Elkin, M.K. (2012): Nursing Interventions & Clinical Skills. Elsevier, Missouri. (5. Auflage)

Resch-Kröll, U. & Hojdelewicz, B. M. (2018): Kinaesthetics in der Pflege. Ein Lehrbuch für Gesundheitsberufe. Facultas, Wien.

Zeller-Forster, F. (2005): Immobilität. IN: Käppeli, S. (Hrsg.) (2005): Pflegekonzepte. Phänomene im Erleben von Krankheit und Umfeld. Hans Huber, Bern.

 

Autor

  • Bettina Hojdelewicz

    Mag.a Bettina Maria Hojdelewicz, DGKP, Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, Lektorin an Fachhochschulen, Fachbuchautorin, Studium der Pflegewissenschaft an der Universität Wien, Lehre und Forschung an der FH Campus Wien