Ärztekammerumfrage: Patienten orten Stillstand im Gesundheitswesen

9. Juni 2016 | News Österreich | 0 Kommentare

Nur Durchschnittsnoten für Wiener Gesundheitsversorgung – Leitner: „Wienerinnen und Wiener haben Verständnis für die Anliegen der Ärzteschaft.

Wien (OTS) – Die Wiener Ärztekammer hat eine wienweite Patientenbefragung zur Wahrnehmung des Wiener Gesundheitswesens und der aktuellen Debatte durchgeführt. Die Ergebnisse sind neuerlich ernüchternd: 52 Prozent der Patienten orten einen Stillstand in der medizinischen Versorgung in Wien, 33 Prozent sehen sogar eine Verschlechterung. ****

Bereits im Februar 2016 hatte die Wiener Ärztekammer eine großflächige Umfrage mit dem Resümee der Ärztinnen und Ärzte zum neuen Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) präsentiert. Damals hatten 87 Prozent aller befragten Ärztinnen und Ärzte angegeben, dass sie eine Verschlechterung der Patientensituation beobachten. 74 Prozent nahmen sogar eine Verschärfung des Problems der Zwei-Klassen-Medizin wahr.

„Die damals sehr schlechte Beurteilung der Patientenversorgung und das Absinken der Patientenzufriedenheit aus Sicht der Ärzteschaft haben wir zum Anlass genommen, um nun auch eine großflächige Patientenumfrage zum Wiener Gesundheitssystem durchzuführen“, erklärt Hermann Leitner, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien.

Im Fokus der Patientenumfrage standen unter anderem die derzeitigen Sparmaßnahmen und die damit einhergehende Personalknappheit, die steigenden Wartezeiten in den Spitälern sowie die Elektronische Gesundheitsakte ELGA. „Durch die Kombination aus Spitalsärzte- und Patientenumfrage haben wir nun eine ganzheitliche Sicht auf die aktuelle Problematik in den Wiener Spitälern“, so Leitner.

Spitäler schneiden schlecht ab
Die zuletzt immer wiederkehrenden Berichte zum „Niedergang“ der Wiener Spitäler und Ambulanzen werden von den Patienten bestätigt: 31 Prozent, also knapp ein Drittel, der Befragten gaben an, dass sie mit den ambulanten Spitalsaufenthalten nicht zufrieden waren, im stationären Bereich sind es 23 Prozent.

Zwar sind die Patienten laut Umfrage mit der Gesundheitsversorgung in Wien insgesamt nach wie vor noch zufrieden (77 Prozent), doch: „Die Tendenz ist hier eindeutig weiter sinkend“, meint Leitner und betont: „Der Stillstand wird offensichtlich noch toleriert, doch eine Verschlechterung wäre für die Patienten dramatisch.“

„Besonders freut uns daher das Verständnis der Wiener Bevölkerung für die Ablehnung und Kritik der Ärzteschaft an der derzeitigen Gesundheitspolitik“, ergänzt Leitner. 81 Prozent der Patienten können laut Umfrage nämlich „nachvollziehen, dass dies an den geplanten Sparmaßnahmen für die Wiener Gemeindespitäler liegt“. 76 Prozent befürworten sogar eine allfällige öffentlichkeitswirksame Gegenwehr der Ärztinnen und Ärzte.

82 Prozent der Befragten befanden, dass „Ärztinnen und Ärzte in den Wiener Spitälern in zu kurzer Zeit zu viele Patienten“ behandeln müssten, 71 Prozent meinten, dass es „durch die Reduzierung der Arbeitszeiten zu Leistungsreduktionen und dadurch zu längeren Wartezeiten“ kommen würde. 63 Prozent stellten fest, dass, wenn die Wiener Politik nicht eingreife, die Gesundheitsversorgung in Wien nicht mehr gesichert sei.

Ergebnisse „höchst aussagekräftig“
Von der Ärztekammer mit der Durchführung beauftragt wurde das unabhängige Umfrageinstitut Pitters Trendexpert. Insgesamt wurden 1008 Patienten ab 16 Jahren in ganz Wien telefonisch und elektronisch befragt, der Erhebungszeitraum war Mai 2016. Die Ergebnisse der Umfrage beurteilte Harald Pitters, Geschäftsführer von Pitters Trendexpert, sowohl aus geschlechtsspezifischer als auch altersdynamischer Sicht, als „höchst aussagekräftig“. (ast)

Autor

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)