Interview mit ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Polaschek

10. März 2023 | Politik

Eines der Hauptthemen in der Gesundheits- und Krankenpflegebildungslandschaft ist das sogenannte „Upgrade“ des gehobenen Dienstes für Gesundheit- und Krankenpflege. Die Modalitäten dazu haben sich mit dem neuen Hochschulgesetz verändert und die Pflegeszene in Österreich hat hier den Überblick verloren. Dies war für Pflege Professionell ein Grund beim Bildungsminister direkt nachzufragen. Trotz des vollen Terminkalenders, konnten wir innerhalb weniger Tage den Bundesminister für ein kurzes Interview gewinnen.

„Durch das neue Hochschulgesetz ist es wesentlich schwerer geworden „Diplomierte Gesundheit- und Krankenpfleger:innen“ mit einem Upgrade zum BSc zu versorgen. Die Personen haben 3 Jahre Berufsausbildung, die in vielen Bereichen dem Studium „Pflege“ gleicht und müssen dadurch 3 Semester Vollzeitstudium absolvieren. Da zwischen dem DGKP und dem BSc Abschluss kein Gehaltsunterschied ist, finden dies die meisten Personen unattraktiv. Könnten Sie ein wenig erläutern, warum es genau zu so einer Hochschulgesetzänderung gekommen ist?

Es war uns wichtig, dass alle Hochschulen die Möglichkeit haben, auch berufliche oder außerberufliche Qualifikationen für ein Studium anzuerkennen. Im Sinne der Durchlässigkeit weisen wir in allen Hochschulgesetzen darauf hin. Es handelt sich hier also um keine spezielle Regelung für den FH-Sektor oder die Gesundheits- und Krankenpflege, sondern um eine einheitlich geltende gesetzliche Regelung für Studieninteressierte aller Studienrichtungen an unseren Hochschulen. Neben formal erworbenen Kompetenzen werden eben auch andere Qualifikationen nach Durchführung einer speziellen Prüfung der Lernergebnisse – der Validierung – bis zu einem festgelegten Höchstausmaß für ein Studium anerkannt. Diese Änderung bringt somit eine enorme Aufwertung der beruflichen und außerberuflichen Qualifikationen. Und das gilt für alle Studien.
Im Detail heißt diese Vereinheitlichung der Anerkennungsbestimmungen, dass nun z.B. Prüfungen aus BHS oder AHS – die also außerhalb der Hochschule abgelegt wurden – mit bis zu 60 ECTS anerkannt werden. Das gleiche gilt auch für berufliche oder außerberufliche Qualifikationen, die auch bis zu einem Höchstausmaß von 60 ECTS-Anrechnungspunkten anerkannt werden. Für alle Hochschultypen gilt für diese Anerkennungen aus dem nicht-hochschulischen Bereich ein Höchstausmaß von insgesamt 90 ECTS-Punkten.

Viele Menschen legen den neuen Bildungsplan so aus, dass Forschung nicht mehr an Fachhochschulen stattfinden soll. Dies wirft die Gesundheit- und Krankenpflege in vielen Bereichen Jahre nach hinten. Dies lässt Österreich in der Vergleichbarkeit mit anderen Ländern im Bereich „Nursing“ wesentlich schlechter darstellen. Könnten Sie auch hier bitte unserer Leserschaft die Beweggründe darlegen.

Der – wie ich denke – von Ihnen angesprochene Österreichische Hochschulplan (HOP) legt generell den Schwerpunkt verstärkt auf die (forschungsgeleitete) Lehre. Das bedeutet in Bezug auf die Fachhochschulen aber keineswegs, dass die ihrer Ausrichtung entsprechende anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen nicht mehr stattfinden soll. Die Verpflichtung zur Durchführung anwendungsbezogener Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen ist ja auch gesetzlich grundgelegt.

Die Forschungsfinanzierung der Fachhochschulen durch den Bund wird dabei über Förderprogramme sichergestellt, die von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, dem Wissenschaftsfonds FWF, der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) und der aws, der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft, im Auftrag verschiedener Bundesministerien abgewickelt werden. Die Fachhochschulen profitieren beispielsweise gezielt vom FFG-Programm COIN Aufbau „FH – Forschung für die Wirtschaft“ und den Josef-Ressel-Zentren der CDG.

Wenn es an FHs keine Masterabschlüsse mehr geben soll, dann wird es auch kein „Advanced Nursing Practice“ mehr geben. Diese Pflegerichtung ist in allen anderen Ländern anerkannt, nur in Österreich gibt es hierzu keinen Titelschutz. Eine Minimierung dieser Fachgruppe, wird sich auch für das Gesundheitswesen negativ auswirken. Wie könnte hier eine Lösung aussehen?

Es wird weiterhin Masterabschlüsse an Fachhochschulen geben. Das Fachhochschulgesetz macht hier sehr klare Vorgaben, sodass es für eine Fachhochschule gar nicht möglich wäre, ausschließlich Bachelorstudiengänge anzubieten. Mit ihrer hochwertigen theoretischen und praxisorientierten Ausbildung der dringend benötigten Fachkräfte sowohl auf Bachelor- als auch auf Masterebene leisten die Fachhochschulen einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser Umstand wurde meinerseits auch in den vergangenen Ausschreibungsrunden für bundesfinanzierte Studienplätze reflektiert, indem in diesen kriteriengeleiteten Auswahlverfahren immer sowohl Studienplätze für Bachelor- als auch Masterstudiengänge für die bundesseitige Finanzierung berücksichtigt wurden.

Um auf die Gesundheits- und Krankenpflege sprechen zu kommen, so erfolgt die Finanzierung der einschlägigen FH-Studiengänge ja ausschließlich landesseitig. Diese Form der Finanzierung bzw. Kostentragung durch die Länder ergibt sich aus der entsprechenden Kompetenzverteilung. Gerade der FH-Masterstudiengang „Advanced Nursing Practice“ an der FH IMC Krems ist jedoch ein Beispiel dafür, dass auch die Länder ein Interesse und einen Bedarf an einschlägigen Masterstudien bekunden. Und ich wüsste keinen Grund, warum dies nicht auch weiterhin der Fall sein kann und soll.

Was kann die Pflege tun um bei solchen Entscheidungen mehr Gehör in der Politik zu bekommen?
Sie können sich sicher sein: Wir wissen, dass Menschen im Bereich Pflege Tag für Tag Unglaubliches leisten. Das verdient höchsten Respekt und Anerkennung. Im Vorjahr konnte die Bundesregierung die größte Pflegereform seit Jahrzehnten präsentieren. Der steigende Bedarf an Pflegepersonal bleibt aber eine große Herausforderung. Deshalb arbeiten wir tagtäglich an konkreten Lösungen im Pflegebereich. Seit dem Vorjahr etwa erhalten FH-Studierende der Gesundheits- und Krankenpflege einen monatlichen Ausbildungsbeitrag von € 600,-. Eine Aufwertung und Attraktivierung dieses wichtigen Studienzweigs und eine Wertschätzung und Anerkennung für die Studierenden.

Autor:in

  • Markus Golla

    Studiengangsleiter "GuK" IMC FH Krems, Institutsleiter Institut "Pflegewissenschaft", Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Pflegewissenschaft BScN (Umit/Wien), Pflegewissenschaft MScN (Umit/Hall)